Dem Sieger eine Handvoll Erde
über den Hof zweimal hin und steuerte schließlich im Zickzack auf die Rollbahn des Flugplatzes zu.
Es hatte zu regnen aufgehört, und allmählich verschwanden die Wolken. Dunnet hatte gerade die Kantine verlassen und war auf dem Weg zum Chalet, als er in weniger als fünfzig Metern Entfernung eine schwankende Gestalt sah, die anscheinend total betrunken über die Rollbahn auf ihn zukam. Einen Moment lang stand Dunnet wie angewurzelt da, dann rannte er los. Er brauchte nur ein paar Sekunden, um Harlow zu erreichen. Er legte einen Arm um seine Schultern und starrte in Harlows Gesicht, das fast nicht mehr zu erkennen war. Auf der Stirn klaffte eine häßliche Platzwunde, und rundherum war die Haut abgeschürft, und das Blut, das aus der Wunde geströmt war und immer noch hervorsickerte, bedeckte seine ganze rechte Gesichtshälfte. Die linke Seite des Gesichts war in nicht viel besserem Zustand. Die linke Wange war eine einzige riesige Schürfwunde, durch die sich auch noch ein langer Schnitt zog. Harlow blutete aus Mund und Nase, seine Lippe war gespalten, und es fehlten ihm mindestens zwei Zähne.
»Mein Gott!« sagte Dunnet.
Halb geführt und halb getragen erreichte der schwankende, halb bewußtlose Harlow mit Dunnets Hilfe die Treppe, die zum Chalet hinaufführte, und stand schließlich in der Eingangshalle. Dunnet knurrte einen unterdrückten Fluch: Ausgerechnet jetzt mußte Mary aus dem Wohnzimmer kommen! Einen Moment lang stand sie wie versteinert, ihre braunen Augen in dem leichenblassen Gesicht waren weit aufgerissen, und als sie sprach, war ihre Stimme kaum zu verstehen.
»Johnny!« flüsterte sie. »O Johnny! Was haben sie mit dir gemacht?«
Sie streckte eine Hand aus und berührte vorsichtig das blutverkrustete Gesicht. Ein unkontrollierbares Zittern schüttelte ihren Körper, und Tränen stürzten ihr aus den Augen.
»Jetzt ist keine Zeit für Tränen, meine liebe Mary.« Dunnets Stimme klang betont munter. »Wir brauchen warmes Wasser, einen Schwamm und ein Handtuch. Und danach den Erste-Hilfe-Kasten. Und kein Sterbenswörtchen zu deinem Vater, hörst du? Wir warten in der Halle auf dich.«
Fünf Minuten später stand eine Schüssel mit rotgefärbtem Wasser neben Harlows Füßen, und daneben lag ein blutgetränktes Handtuch. Sein Gesicht war gesäubert und sah jetzt fast noch schlimmer aus, denn nun konnte man die Platzwunden und Abschürfungen deutlich sehen. Dunnet behandelte die offenen Wunden rücksichtslos mit Jod und konnte an dem Zucken seines Patienten erkennen, daß er beträchtliche Schmerzen hatte. Harlow griff mit Daumen und Zeigefinger in seinen Mund, verzog schmerzlich das Gesicht und brachte schließlich einen Zahn zum Vorschein, den er ziemlich mißbilligend ansah, bevor er ihn in die Schüssel fallen ließ. Als er sprach, merkte man, daß er, obwohl er nur undeutlich sprechen konnte und körperlich reichlich mitgenommen war, in geistiger Hinsicht wieder vollkommen fit war.
»Sie und ich, Alexis. Ich glaube, wir sollten uns photographieren lassen. Für die Familienalben. Wie sehe ich aus, verglichen mit Ihnen, meine ich?«
Dunnet musterte ihn aufmerksam und sagte: »Es besteht kein großer Unterschied, würde ich sagen.«
»Richtig. Allerdings wurde ich von der Natur von vornherein besser ausgestattet als Sie.«
»Hört auf! Hört auf!« schluchzte Mary. »Er ist verletzt! Schwer verletzt! Ich werde einen Arzt holen.«
»Kommt nicht in Frage.« Das Zittern war aus Harlows Stimme verschwunden, und sein Ton duldete keinen Widerspruch. »Kein Arzt, keine Nähte, nichts dergleichen. Irgendwann. Aber nicht heute nacht.«
Mary starrte mit Tränen in den Augen unverwandt auf das Glas Brandy, das Harlow in der Hand hielt. Die Hand war so ruhig, als sei sie aus Stein gehauen. Ohne Bitterkeit und nur ahnend, was vorging, sagte sie: »Du hast uns alle hereingelegt. Der entnervte Champion mit den zitternden Händen! Du hast uns die ganze Zeit etwas vorgemacht, stimmt's Johnny?«
»Ja. Bitte geh raus, Mary.«
»Ich werde niemandem etwas verraten, ich schwöre es. Nicht einmal Daddy.«
»Geh raus.«
»Lassen Sie sie doch hier«, sagte Dunnet. »Wenn du irgend jemandem etwas verrätst, wird Johnny dich nie wieder eines Blickes würdigen, das weißt du doch, Mary. Mein Gott, ein Unglück kommt wirklich nie allein. Sie sind schon der zweite Katastrophenfall heute: Tweedledum und Tweedledee sind spurlos verschwunden.«
Dunnet wartete auf Harlows Reaktion, aber es kam keine. Er sagte nur:
Weitere Kostenlose Bücher