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Dem Tod auf der Spur

Titel: Dem Tod auf der Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tsokos
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vorangegangenen Mord an dem Mann verschleiern wollten. In »Eintödliches Wunder« konnten Sie unter anderem von einem Fall lesen, bei dem der Mörder sein Opfer postmortal enthauptet und anschließend versucht hatte, den abgetrennten Kopf seines Opfers in der Toilette hinunterzuspülen, eine der diversen Formen der defensiven Leichenzerstückelung, bei denen der Täter versucht, sein Opfer unkenntlich zu machen, um Kripo und Rechtsmedizin die Identifizierung zu erschweren. Weitere Beispiele hierfür sind das Abtrennen und Beseitigen der Hände (keine Fingerabdrücke) oder das Verbrennen der Leiche.
    Anders verhält es sich dagegen bei Formen der Leichenbeseitigung, die wir in der Rechtsmedizin unter dem Begriff »Leichendumping« zusammenfassen. Der Tote, den es zu beseitigen, also zu »dumpen« gilt, muss, wie der eben beschriebene Fall zeigt, nicht zwangsläufig das Opfer eines Tötungsdelikts geworden sein. Beim Leichendumping geht es nicht unbedingt um die Vertuschung eines Mordes, sondern oft nur darum, die Polizei in die Irre zu führen, damit eine begangene Straftat, die gar nicht mit dem Tod in Verbindung steht, unentdeckt bleibt.
    Weil das Auffinden des Toten an seinem Sterbeort unangenehme Nachforschungen und Fragen seitens der Polizei mit sich bringen würde, wie es bei Tischkov der Fall gewesen wäre, laden die Betroffenen die gefundene Leiche lieber woanders ab. Anders als von ihrem Mörder beseitigte Leichen sind »gedumpte« meist nicht einmal besonders gut versteckt. Die Leichendumper haben nichts dagegen, dass die Polizei den Toten findet, es soll nur keine Spur zu ihnen führen. Also machen siesich auch nicht die Mühe, den Toten mit Gewichten an den Füßen zu beschweren und in einem Fluss oder See zu versenken oder tief im Wald zu vergraben.
    So oder so führt Leichendumping selten zum gewünschten Erfolg. Wie im hier beschriebenen Fall finden sich bei der Obduktion oft entscheidende Hinweise auf den Sterbeort, oder die Identifizierung des Opfers ruft Zeugen auf den Plan.
    Und in beiden Fällen muss sich der Betreffende dann neben der Straftat, die nicht aufgedeckt werden sollte, auch noch für die »Störung der Totenruhe« verantworten. So ist der § 168 StGB überschrieben, in dem es in Absatz 1 heißt:
»Wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten den Körper oder Teile des Körpers eines verstorbenen Menschen, eine tote Leibesfrucht, Teile einer solchen oder die Asche eines verstorbenen Menschen wegnimmt oder wer daran beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.«
    Einen Toten zu verstecken, selbst wenn man für dessen Tod nicht verantwortlich ist, ist also alles andere als ein Kavaliersdelikt.
    Nicht immer allerdings sind sorgfältig versteckte Leichen ein Indiz für Leichendumping, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden.

Untergetaucht
    An einem Tag im Herbst legt der 66 Jahre alte Bernd Lingen einen Abschiedsbrief auf den Wohnzimmertisch. Gerichtet ist der Brief an seine Frau Irene. Darin erklärt er ihr, dass er mit den Depressionen nicht länger leben mag. Als seine Frau den Brief findet, ist sie entsetzt und macht sich sofort auf die Suche nach ihrem Mann. Vielleicht ist sein Versuch, sich das Leben zu nehmen, ja gescheitert. Vielleicht kann sie ihn noch zurückholen. Doch weder im Haus noch im Garten gibt es eine Spur von ihm. Also bleibt Irene Lingen nichts anderes übrig, als ihren vermeintlich toten Gatten bei der Polizei als vermisst zu melden.
    Täglich gehen bei der Polizei in Deutschland etwa 250 neue Vermisstenanzeigen ein. Die Zahlen, die das Bundeskriminalamt vorlegt, sind erschreckend. Im Jahr 2007 waren circa 6.400 Personen in Deutschland als vermisst gemeldet. Darunter befanden sich 518 vermisste Kinder bis zu einem Alter von 13 Jahren. Bei den 6.400 vermissten Personen handelt es sich sowohl um Fälle, die sich innerhalb weniger Tage aufklären, als auch um die Menschen, die jahrzehntelang verschwunden bleiben. Bei Letzteren kann nur gemutmaßt werden, ob sie noch leben oder Opfer einer Straftat oder eines Unglücksfalls wurden, ob sie sich in einer Situation der Hilflosigkeit befanden oder befinden oder einfach»ausgestiegen« sind; in drastischen Fällen haben sie sich selbst irgendwo unentdeckt das Leben genommen.
    Jemand wird in der Regel von Angehörigen oder Bekannten bei der Polizei als vermisst gemeldet, wenn er aus unerklärlichen Gründen seinem gewohnten Aufenthaltsort fernbleibt. Die Polizei

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