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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Monate und Wochen waren so schrecklich wie hundert Alpträume gewesen. Leute, die nur Phantome waren, oder Schatten von Erinnerungen kamen und gingen. Dann Schmerzen wie Dolchstiche. Er mußte sich auf die Lippen beißen, um nicht aufzuschreien. Finger und Sonden fuhren wie Feuer in seine Wunden. Selbst Drogen brachten keine Linderung.
    Er versuchte, die Zeit in seinen durcheinanderwirbelnden Gedanken zu ordnen. Er war auf die große feindliche Fregatte hinübergesetzt worden, danach mit dem Schiff zum Delaware River gebracht und mit einer Kutsche nach Philadelphia transportiert worden.
    Außer an den französischen Arzt der
Unity
erinnerte er sich an keinen anderen Besucher als an den gewaltigen Schatten von Commodore Nathan Beer.
    Doch, da war noch jemand. Kurz bevor er mit einer Talje in den Kutter längsseits gehievt worden war, hatte er neben sich den Ersten Offizier, Richard Hudson, gesehen. Er wollte sich von ihm verabschieden, ehe er zusammen mit den anderen Gefangenen an Land gebracht wurde.
    »Ich wünsche Ihnen alles Gute, Sir. Möge Gott Sie schnell gesund werden und …«, er senkte seine Stimme, »Sie bald wieder freikommen lassen.«
    Adam war, als habe er Unbekannten gelauscht, als sei er mit seiner Verwundung bereits dem Tode nahe und hänge nur noch an dieser Welt, weil er sein Ende nicht annehmen wollte.
    Er hörte sich selber mit rauher, verzerrter Stimme sprechen, weil er seine Zähne zusammenbeißen mußte, um den Schmerz zu ertragen: »Ich hatte Ihnen befohlen, bis zum Ende zu kämpfen.«
    Ebenso rauh hatte Hudson geantwortet: »Aber das Schiff war am Ende, Sir!«
    Adam fühlte, wie er Kräfte fand und ziemlich deutlich antworten konnte: »Es war mein Schiff. Die
Anemone
war niemals Ihr Schiff, aber Sie haben die Flagge gestrichen und sich ergeben.!«
    Eine Ordonnanz murmelte irgend etwas, und ein bewaffneter Seemann berührte Hudson am Arm und führte ihn ab.
    Adam fiel auf die Trage zurück. Nach dem schweren Blutverlust hatten ihn seine Worte erschöpft. Er atmete heftig, und Verzweiflung hatte ihn gepackt.
    Hudson hatte noch gerufen: »Wenn wir uns je wiedersehen, Sir …«
    So weit war er gekommen. Mit starrem Blick hatte Adam in den Himmel geschaut.
    »Gott ist mein Zeuge. Ich werde Sie umbringen, verdammt noch mal!«
    Obwohl er kaum noch Kräfte hatte, merkte er, wie sorgfältig ihn die Amerikaner behandelten. Als er zwei Wochen in einem Lazarett lag, hatte er gehört, wie Militärärzte seinen Fall besprachen.
    »Er hat ja Mut, daß muß man sagen. Mit seiner Verwundung würde kein anderer mehr leben. Er muß mächtige Freunde im Himmel haben.«
    Später hatte ihn eine Kutsche nach Boston in ein stilles Haus am Stadtrand gebracht. Es schien ein privater Wohnsitz zu sein, der aber von Soldaten bewacht wurde.
    Zweimal täglich sah sich ein Doktor Derriman seine Wunde an und wechselte die Verbände. Anfangs hatte er kein Wort gesprochen. Doch nach ein paar Wochen hatte sich so etwas wie ein gegenseitiger stummer Respekt entwickelt. Man hatte einen Diener für ihn abgestellt, der ein bißchen Leben in die Einsamkeit und Leere von Adams Tagen brachte. Der Mann stammte aus Bristol, war im letzten Krieg gefangengenommen worden und hatte sich entschieden, mit vollem Sold und allen Vergünstigungen eines Seemanns in amerikanische Dienste zu treten.
    Er hieß Arthur Chimmo und hinkte schwer. Eine umstürzende 9-Pfünder-Kanone hatte ihm den Fuß zerschmettert.
    Heute war er aufgeregter als sonst. »Ich werde Sie besonders sorgfältig rasieren, Kapitän. Sie bekommen gleich wichtigen Besuch!«
    Chimmo packte Adam an den Armen und richtete ihn behutsam auf.
    Ganz langsam erhob sich Adam dann, verlagerte sein Gewicht auf Beine und Füße und spannte alle Muskeln gegen den Schmerz an.
    Der brannte zwar noch immer heiß, doch verglichen mit dem früheren erschien ihm alles wie ein Wunder.
    Chimmo trat zur Seite und beobachtete ihn, wie er in einem großen Sessel am einzigen Fenster Platz nahm. Ställe verbargen die Straße – ja die ganze Umgebung. Er versuchte, sich Boston Bay und Cape Cod vorzustellen. Beides hätte auch auf dem Mond liegen können.
    Chimmo holte das Rasiermesser und den Seifentopf.
    Man hatte ihn ausgesucht, weil er Engländer wie Adam war, ihm aber verboten, über Vorgänge zu reden, die außerhalb des Zimmers geschahen. Nur der Arzt hatte von einem Gefecht zwischen der amerikanischen Fregatte
Constitution
und der britischen
Guerrière
berichtet. Dem englischen Schiff war das

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