Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
gleiche geschehen wie der
Anemone –
mit einem entscheidenden Unterschied. Sie war erobert worden und segelte wahrscheinlich schon unter amerikanischer Flagge. Diese Schande war der
Anemone
erspart geblieben. Ohne es genau zu wissen, vermutete er, daß sein Bootssteuerer Starr für den Untergang gesorgt hatte.
    Die zweite Nachricht betraf die Ermordung des britischen Premierministers Spencer Perceval in der Lobby des Unterhauses. Chimmo war darüber sehr erregt, so als sei sein Herz England immer noch treu verbunden.
    Adam bedeutete der Mord wenig. Aber ihm bedeutete nichts mehr etwas: Sein Schiff war verloren, und von Zenoria blieb ihm nur die Erinnerung. Inzwischen würde man in England alles über die
Anemone
erfahren haben. In den dunkelsten Augenblicken seiner Verzweiflung stellte er sich vor, wie Catherine die Diener in Falmouth beruhigte, wenn auch nur, um ihre eigene Betroffenheit zu verbergen. Er stellte sich seinen Onkel vor, ebenso John Allday und den beeindruckenden Tyacke. Und ein weiterer Gedanke plagte ihn ständig: Was machte wohl Valentine Keen? Hegte er Vermutungen, gar einen Verdacht?
    »Das war's, Sir!« Chimmo grinste und richtete sich mit seinem Holzfuß auf. »Jetzt sehen Sie wieder so anständig aus wie ein Offizier!«
    Adam betrachtete sein Spiegelbild ohne Neugier. Ein sauberes Hemd, ein Halstuch, eine blaue Jacke ohne irgendwelche Rangabzeichen, ohne jeden Schmuck. Das Gesicht eines Mannes, der durch die Hölle gegangen ist. Er wußte, daß er ohne die amerikanische Sorgfalt längst gestorben wäre.
    Vor einigen Wochen wäre das fast passiert. Die Sorglosigkeit eines Mannes hatte ihn beinahe das Leben gekostet.
    Er stand damals am Fenster und schwang seinen Arm vor und zurück, damit seine rechte Seite und die Wunde nicht unnötig steif blieben. Es war abends, die Posten wechselten gerade. Die Abgelösten lungerten bei der Küche herum in der Hoffnung auf eine Wohltat des Kochs.
    Dann hatte er in der Nähe der Ställe ein Pferd entdeckt. Es war gezäumt und gesattelt. Am Sattel hing sogar ein Reitersäbel. Es schien alles so absurd leicht. Ein paar Stufen treppab und über etwas hinweg, das wie ein Lebensmittellager roch. Das Pferd hatte ihn unbewegt angeschaut. Alles Weitere geschah wie in einem undeutlichen Traum. Er erinnerte sich an die enorme Kraft, die er brauchte, um in den ungewohnten Sattel zu steigen.
    Dann verschwand alles im Nebel. Stimmen riefen, Stiefel hämmerten über das Kopfsteinpflaster, und er glitt hilflos auf die Erde in eine immer größer werdende Pfütze Blut aus seiner aufgeplatzten Wunde.
    Dr. Derriman hatte ihn wütend angefahren: »Sie verdammter Narr. Die haben Befehl, auf jeden zu schießen, der dumm genug ist und fliehen will. Wo zum Teufel wollten Sie überhaupt hin?«
    Ruhig antwortete er: »Auf See, Doktor. Nur auf See.« Dann war er ohnmächtig geworden.
    Die Tür ging auf, und ein Leutnant fragte kurz: »Ist er soweit, Chimmo?«
    Adam antwortete: »Ja, ich bin soweit!«
    Der Leutnant musterte ihn kühl: »Ich bin dankbar, daß ich nicht in Ihrer Marine dienen muß, Sir!«
    Adam nickte Chimmo zu und entgegnete: »Ich bezweifle, ob wir Sie genommen hätten, Sir!«
    Er griff nach dem Stock, den man ihm gegeben hatte, und folgte dem Leutnant den Flur entlang. Er sah wieder die Türen, durch die er damals geflohen war. Wenn er es jetzt wieder versuchte?
    Chimmo öffnete eine Tür und meldete laut: »Kapitän Adam Bolitho, Sir!«
    Ein leerer, seltsam schöner Raum mit Ausblick durch hohe Fenster auf einen Garten, der einst sehr schön gewesen sein mußte. Jetzt lag er ungepflegt und überwachsen da, Militär hatte die Vorbesitzer abgelöst.
    Ein bleicher Mann in dunkler Kleidung saß an einem Tisch und hielt die Finger zusammengepreßt. Seine tiefliegenden Augen bewegten sich nicht.
    »Ich bin Kapitän Joseph Brice,« stellte er sich vor.
    »Nehmen Sie Platz!«
    »Ich würde lieber stehen!« antwortete Adam. In einem Kamin mit schönem Sims brannte ein Feuer – wie in Falmouth. Doch es war schon seltsam, es im September zu sehen.
    Kapitän Brice wiederholte: »Bitte, nehmen Sie Platz!
    Es ist klar, was Sie wollen. Während Ihrer Internierung haben Sie daraus nie einen Hehl gemacht!«
    Adam setzte sich und zuckte zusammen, als der Verband an seiner Wunde riß.
    »Ich hielt es für richtig, daß wir uns kennenlernen. Ich bin kriegserfahren. Im Unabhängigkeitskrieg habe ich auf der
Trenton
gedient, auf die auch Ihr berühmter Onkel kommandiert war. Er ist

Weitere Kostenlose Bücher