Dem Winde versprochen
Wäscherinnen hatten ihr berichtet, ihre Hochzeit mit dem Grafen von Stoneville sei
das
Stadtgespräch, und viele vornehme Damen träumten davon, eingeladen zu werden. Bei der Gelegenheit erfuhr sie auch, dass Doktor Covarrubias nach Colonia del Sacramento gereist war, wo er mit Genehmigung der Real Audiencia eine Weile bleiben wollte.
»Melody«, holte Pater Mauro sie aus ihren Gedanken, »Señora Moreno sagt gerade etwas sehr Interessantes.«
»Um was geht es, Lupe?«
»Ich sagte gerade zu Pater Mauro, dass der erbärmliche Zustand der Sklaven, die, weil sie alt oder krank sind, aus ihren Häusern vertrieben werden, eine himmelschreiende Ungerechtigkeit ist; sie schleichen durch die Straßen wie umherirrende Geister. Hin und wieder findet man sie morgens tot auf dem Bürgersteig, und die Stadt tut nichts anderes, als sie einzusammeln und in ein Gemeinschaftsgrab zu werfen.«
»Ich dachte, die Bethlehemiter würden sich um sie kümmern«,
sagte der Priester und meinte damit die Mönche, die das einzige Hospital von Buenos Aires leiteten und wegen ihrer Bärte bekannt waren.
»Sie wissen nicht, wohin mit ihnen!«, klagte Guadalupe. »Bedenken Sie, das Hospital de Belén war anfangs für fünfzehn Betten ausgelegt, heute sind es schon an die hundertfünfzig.«
»Daher also Ihr Vorschlag, ein Haus zu eröffnen, in dem diese Kranken und Schwachen Aufnahme finden«, schloss Pater Mauro.
»Ich weiß, mein Vorschlag klingt ein wenig verrückt.«
»Überhaupt nicht«, erklärte Melody. »Es ist eine wunderbare Idee. Außerdem kommt mir jetzt gerade der Gedanke, dass dort auch die Freigelassenen unterkommen können, die keine Bleibe haben, bis sie für sich selbst sorgen können. Das wäre eine große Hilfe für die Afrikaner!« Sie war begeistert. »Wann fangen wir an?«
»Aber Melody, geht ihr denn nicht auf Hochzeitsreise?«, fragte Guadalupe verwundert.
Melody wurde rot.
»Oh ja, natürlich. Seine Exzellenz will ein paar Tage in Colonia verbringen. Er hat sogar davon gesprochen, nach San Felipe de Montevideo zu fahren.« Sie beugte sich zu ihr und flüsterte: »Aber ich will gar nicht so weit weg. Ich will nicht so lange getrennt von meinem Bruder sein. Er hat es am Herzen, und sein Gesundheitszustand ist nicht stabil.«
»Melody«, schaltete sich Pater Mauro ein, »du weißt doch, dass wir alle ein Auge auf ihn haben. Jimmy wird bestens versorgt.«
»Ich weiß, alle haben ihn sehr gern und kümmern sich vielleicht besser um ihn als ich. Er ist es nur nicht gewöhnt, von mir getrennt zu sein. Er wird dann unruhig, und das schadet seiner Gesundheit.«
Louis sprach am Ende des Essens einen Toast auf die Brautleute
aus. Dann versammelten sich alle im Musikzimmer, wo Elisea Klavier spielte und Melody ein paar Lieder sang.
Sabas strich im Lager der fahrenden Händler umher und grüßte mit einem Kopfnicken all die, die ihre Mate-Kalebasse oder die Flasche mit dem Maisschnaps zum Gruße hoben. Es war ihm zu Ohren gekommen, dass Tommy Maguire und sein Freund Pablo zurück waren, und diese Nachricht hatte ihn aufgemuntert. Als die beiden verschwunden waren, hatte er schon befürchtet, der Aufstand hätte sich in nichts aufgelöst.
Er musste unbedingt das Vertrauen der beiden gewinnen, sonst würde er die Einzelheiten nie erfahren. So viel Glück wie beim letzten Mal, als er durch Zufall ein Gespräch der beiden über den Angriff auf die Real Compañía de Indias mit angehört hatte, würde er wohl nicht mehr haben. Álzaga und Sarratea hatten ihn damals gut bezahlt, und wenn er das Datum und die Uhrzeit des nächsten Angriffs herausbekäme, hätte er das Geld zusammen, um für sich und seine Mutter die Freiheit zu kaufen.
Der Wagen von Tommy und Pablo stand am üblichen Platz. Sie waren gerade dabei, Hasen zu häuten.
»Sabas«, rief Tommy freudig. »Willst du mit uns essen, mein Freund?«
»Nein, Don Tomás, heute ist Candombe. Es heißt, es gebe Essen und Getränke umsonst.«
»Ach ja? Und da lädst du uns nicht ein?«
»Ich glaube nicht, dass ihr da hinwollt.« Tommy und Pablo warfen ihm einen halb amüsierten, halb strengen Blick zu. »Es findet in El Retiro statt«, erklärte er. »Dort wird gefeiert, wegen der Hochzeit des Schwarzen Engels mit Herrn Roger. Sie haben heute Morgen geheiratet.«
Sie reagierten, wie es ihrem Temperament entsprach: Tommy ließ seine Wut fluchend und schimpfend an dem Hasen aus, während Pablo schweigend zum Flussufer ging.
»Dieser verdammte Engländer! Dieser
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