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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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ihnen die Freiheit genommen hatten.
    Er erkannte sie sofort. Isaura mit ihrer offenen, roten Haarpracht und ihren türkisfarbenen Augen hob sich ab wie eine Perle auf schwarzem Samt. Sie trug einen groben blauen Wollrock und eine enge weiße Jacke. Ihr Anblick raubte ihm den Atem. Sie war die Königin des Candombe, auf dem Thron der Bruderschaft von San Baltasar, und hatte den Vorsitz bei der Krönung des Heiligen, bevor der Tanz anfing. Sie lachte, beugte sich zu Papá Justicia, der zu Füßen des Thrones saß, und sagte etwas zu ihm.
    Blackraven wollte nicht gesehen werden. Er wusste, in dem Fall würde die Menge verstummen, und der Zauber wäre vorbei. Er suchte den Schutz der Dunkelheit, und sein schwarzer Gehrock war ihm dabei von Nutzen.
    Nach der Krönungszeremonie bildeten sich zwei Reihen, eine von Männern und eine von Frauen, um mit der ersten Etappe des Candombe zu beginnen. Die Reihe der Frauen wurde von einer alten, dicken Sklavin namens Abuela Negra angeführt, die der Männer von Papá Justicia, der als Zeremonienmeister mit seinem durch die Luft wirbelnden Stock den Takt vorgab.
    Papá Justicia verbeugte sich, reichte Melody die Hand und geleitete sie zur Reihe der Frauen. Blackraven stellte fest, dass sie nicht zum ersten Mal an diesem Fest teilnahm, denn sie bewegte sich sicher. Die Trommeln und andere selbst gefertigten Instrumente – wie der Kiefer eines Esels, der an einem anderen Knochen gerieben wurde – ertönten wieder. Die Gesänge klangen wie Geheul, das die Tänzer anspornte. Bei wildem Getrommel bewegten sie sich nach vorn und wieder zurück. Sie schüttelten die Köpfe und ließen die Hüften kreisen, während die Füße bestimmte Figuren am Boden zeichneten. Es war erstaunlich, wie beweglich Papá Justicia in seiner Rolle als Zeremonienmeister war.
    Melody hob den Saum ihres Rockes an, um die Füße frei bewegen zu können; sie warf die Schultern zurück und schüttelte sie. Ihre Brüste bebten wie ihr ganzer Körper, der sich im Rhythmus der Musik wand und schlängelte. Blackraven war eifersüchtig, und zugleich begehrte er sie.
    Da sah er Anita, Béatrices kleine Sklavin, aus der Küche kommen. Er pfiff, und die Kleine schrie vor Schreck auf, als sie den Glanz seiner Augen in der Dunkelheit sah.
    »Psst!«, zischte er. »Ich bin es, dein Herr. Komm her!« Die Kleine kam misstrauisch auf ihn zu. »Geh zu Miss Melody und sag ihr, Fuoco habe sich hingelegt und mache eine kranken Eindruck. Sag nicht, dass ich dich schicke!«
    Die Kleine lief auf die Tanzenden zu und verschwand zwischen ihnen.
    Als Melody die Nachricht bekam, hörte sie sofort auf zu tanzen
und verließ die Gruppe. Sie hätte sich eigentlich wundern müssen, dass kein Licht im Stall brannte, aber sie dachte nur an ihr Pferd. Sie trat in das dunkle Gebäude.
    »Schließ die Tür und schieb den Riegel vor«, hörte sie eine Stimme sagen.
    Es war Blackraven.
    »Deinem Pferd geht es gut. Es war eine List, um dich herzulocken.«
    Melody tat, was Blackraven ihr befohlen hatte. Sie spürte die Glut seines Begehrens, während er auf sie zutrat. Schwitzend und mit pochendem Herzen lehnte sie sich gegen die Stalltür. Eine Handbreit vor ihr hielt Blackraven inne und bedachte sie mit einem lodernden Blick, der sowohl für seine Wut als auch für sein Begehren sprach. Er fühlte, dass sie Angst hatte, und fuhr mit dem Finger über ihre Wange.
    »Was soll ich tun, damit du mir endlich gehorchst? Muss ich dich vielleicht an mir festbinden?«
    »Sie haben nach mir gerufen«, rechtfertigte sich Melody schnell. »Sie wollten mir gratulieren und dir auch. Du warst nicht da, und ich konnte dich nirgends finden. Ich habe versucht … «
    »Was soll ich nur mit dir machen, wenn du mich selbst in unserer Hochzeitsnacht im Stich lässt? Sind dir die Sklaven mehr wert als dein Mann?«
    In Melodys Herz waren so viele Worte, aber sie brachte keines über die Lippen. Sie wollte ihren Körper sprechen lassen und presste sich an ihn. Er nahm sie auf die Arme und trug sie ins Heu.
    Die Tiere wurden unruhig. Die Pferde schnaubten und tänzelten, das Trommeln und die afrikanischen Gesänge gingen draußen weiter, doch Roger und Melody hörten nichts von alledem. Ihre unbezähmbare Leidenschaft löschte alles um sie herum aus.
    Sabas nahm am Candombe nicht teil, denn er tanzte sehr schlecht, und er wollte nicht, dass man sich über ihn lustig machte. Er schaute gern zu. Für ein wenig Geld hatte er einem Händler eine Flasche Maisschnaps abgekauft, und

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