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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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fest.
    »James, du sollst doch nicht rennen«, ermahnte Melody ihren Bruder, und Blackraven bemerkte, wie kurzatmig der Kleine war. »Komm, setz dich hier hin. Tief einatmen. Riech hier dran.« Sie reichte ihm ein Döschen, aus dem ein starker Kampfergeruch kam. Sie hatte es offensichtlich immer dabei. »Möchtest du etwas von dem Tonikum von Papá Justicia?« Jimmy schüttelte den Kopf. »Du würdest dich gleich besser fühlen.«
    Sie strich ihm das Haar aus der Stirn und küsste ihn. Blackraven hielt den Atem an. Er sah, wie sich die Lider mit den schwarzen, geschwungenen Augenbrauen schlossen, während sie dem Jungen einen Kuss auf die Stirn drückte. Ein Gefühl von Wärme stieg in ihm auf, das er so nicht kannte. Jimmy beobachtete ihn. Blackraven wandte sich von der Szene ab, Víctor zu.
    »Verzeihung, Miss Melody«, sagte der Kleine zerknirscht. »Jimmy ist meinetwegen so schnell gelaufen. Es wird nicht wieder vorkommen.«
    »Das ist nicht deine Schuld, mein Schatz. Jimmy weiß, dass er nicht rennen darf. Du kannst es tun, wann immer du willst.«
    Víctors Gesicht hellte sich auf. Melody strich ihm über die Wange. Blackraven beschlich die üble Vorahnung, dass dieses faszinierende Geschöpf seine Welt aus den Angeln heben könnte.
    »Lass mal sehen«, wandte er sich an Víctor, um sich abzulenken. »Ist das das Schiff, von dem ihr mir erzählt habt?«
    »Ja, Sir«, sagte Víctor und reichte ihm das Schiffsmodell. »Miss Melody hat es mir zu Weihnachten geschenkt.«
    »Es ist eine Fregatte«, stellte er fest und betrachtete das Kunstwerk von allen Seiten.
    Melody stellte zu ihrer großen Freude fest, dass Víctor seine Scheu ablegte. Er fragte seinen Patenonkel nach den Namen der Segel, den Tauen und verschiedenen anderen Teilen des Schiffes. Auch Jimmy wollte an der Seefahrtlektion teilhaben.
    »Stimmt es«, fragte Víctor, »dass Sie bei der Schlacht von Trafalgar gemeinsam mit Admiral Nelson gekämpft haben?« Blackraven nickte, betrachtete jedoch weiterhin interessiert das Boot. »Bitte Sir, erzählen Sie uns, wie die Spanier die Franzosen besiegt haben.«
    Der Bericht musste warten, denn in dem Moment kamen Béatrice und Leonilda herein. Das Abendessen war serviert. Blackraven zog sein Jackett an, reichte seiner Cousine den Arm, dann verließen sie den Raum. Die anderen folgten ihnen.
    Melody fühlte sich fehl am Platz am Tisch mit einem Mann, der sie am Mittag desselben Tages noch am Hals gepackt hatte, um sie zu zwingen, sich seinem Willen zu beugen. Die anderen hingegen schienen sich sichtlich wohlzufühlen, nachdem sich die anfängliche Befangenheit gelegt hatte.
    »Willst du denn nichts essen, meine Liebe?«, fragte Béatrice, als sie sah, dass Melody ihren Teller so gut wie nicht angerührt hatte.
    »Ist das Essen nicht nach Ihrem Geschmack?«, fragte Blackraven, und das schelmische Blitzen in seinen Augen ärgerte sie.
    »Das Essen ist vorzüglich, aber ich habe heute Abend keinen Appetit.«
    Blackraven merkte, dass Víctor und Jimmy Sansón unter dem Tisch mit Fleischbrocken und später mit Pudding fütterten. Auch Miss Melody hatte es gesehen und nichts dagegen unternommen. Ihre Blicke trafen sich, und Melody wich ihm nicht aus. Sie sah ihn herausfordernd an, wie sie es an diesem Tag schon mehrfach getan hatte. ›Was soll’s, so freunden sich die Jungen wenigstens mit Sansón an. Ich bin es leid, ihn immer am Halsband festhalten zu müssen, wenn jemand kommt‹, dachte Blackraven.
    Kurz darauf entschuldigte sich Melody von der Tafel, um sich auf ihr Zimmer zurückzuziehen.
    Blackraven stand auf und bat sie um ein Gespräch unter vier
Augen. Er zeigte ihr den Weg zu seinem Arbeitszimmer, und Melody ging vor. Dort angekommen, forderte er sie auf, Platz zu nehmen. Er bot ihr einen Schluck Rosolio an, doch Melody lehnte ab. Er goss sich einen Brandy ein, während Melody sich im Zimmer umsah, das die ganze Zeit über verschlossen gewesen war. Bustillo hatte gesagt, nur der Besitzer und sein treuer Diener Somar hätten einen Schlüssel. »Es ist das Allerheiligste seiner Exzellenz«, hatte Béatrice ihn entschuldigt.
    Eine solche Einrichtung hatte Melody noch nie gesehen. An den mit dunklem Holz verkleideten Wänden hing eine große Anzahl Seestücke und Porträts in goldenen Rahmen. Hinter dem Schreibtisch befand sich eine beeindruckende Waffensammlung: Musketen, Pistolen, Degen und Schwerter. Seitlich hing ein Waffenschild mit dem Relief eines doppelköpfigen Adlers und einer lateinischen Inschrift.

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