Demolition
niederzuwerfen.« Sie schmiegte sich an ihn und schenkte ihm mit ihrem jungen Mund einen ernstgemeinten Kuß. »Scheißkerl«, sagte sie leise. »Dickkopf. Idiot. Tölpel. Wann benimmst du dich endlich wie ein Mann und schleifst mich an den Haaren durch den Dreck? Besinn dich, du Lump. Warum bist du nicht so schlau wie ich dich einschätze?«
»Ich bin sogar noch schlauer«, sagte er; und ging. Wie Reich es vorgesehen hatte, prägte sich der Song seinem Gedächtnis nachhaltig ein; er wanderte ihm im Kopf herum, während er hinunter auf die Straße eilte. »Spannung! rief der Tensor. Spannung! rief der Tensor. Spannung, Spiel und Spökenkieken sind im Gang!« SCHRUMM! Ein tadelloser Gedankenschirm für einen Nicht-ESPer. Welcher Introvisor wollte das durchdringen? »Spannung, Spiel und Spökenkieken sind im Gang!« »Viel schlauer«, murmelte Reich und bestellte einen Jumper, der ihn in den äußeren Westen der Stadt zu Jerry Churchs Pfandladen bringen sollte. »Spannung, Spiel und Spökenkieken sind im Gang!«
Trotz aller gegenteiligen Behauptungen ist die Pfandleiherei noch immer das älteste Gewerbe der Welt. Das Verleihen von Geld gegen bewegliche Habe als Sicherheit ist die allerälteste menschliche Erwerbstätigkeit. Man findet Beweise für sie in der fernsten Ve rgangenheit, und man kann sie sich auch in der fernsten vorstellbaren Zukunft noch ganz gut denken, so unverändert, wie die Pfandleihe selbst bleibt. Man betrat Jerry Churchs Kellerlager, vollgepackt mit dem wahllos verstreuten Strandgut der Zeit, und stand in einem Museum der Ewigkeit. Und auch Church persönlich, der scheel dreinblickte und ständig röchelte und rotzte, dessen Gesicht grau und bläulich war von den inneren Mißhandlungen durch seine Leiden, war die zeitlose Verkörperung des schmierigen Pfandleihers. Church kam aus dem Schatten geschlurft und trat vor Reich hin, der in fahler Helligkeit, verursacht durch einen Lichtflecken des Sonnenscheins, der durch ein Fenster fiel, an der Ladentheke stand. Church erschrak nicht. Er verleugnete Reich. An dem Mann vorbei, der seit zehn Jahren sein Todfeind war, schleppte er sich hinter die Ladentheke und nahm eine geschäftsmäßige Haltung ein. »Ja, bitteschön?«
»Hallo, Jerry.«
Ohne aufzublicken, streckte Church ihm über die Ladentheke die Hand entgegen. Als Reich sie drücken wollte, zog er sie blitzartig zurück. »Nein«, sagte Church in einem Knurrlaut, der halb in ein hysterisches Kichern ausartete. »Nein, danke. Es genügt, wenn Sie mir geben, was Sie verpfänden wollen.«
Der ESPer hatte sich eine kleingeistige Bosheit geleistet, und Reich war darauf hereingefallen. Aber dergleichen zählte nicht. »Ich habe nichts zu verpfänden, Jerry.«
»So arm geworden? Wie die Großen Tiere mit der Zeit klein werden! Aber mit so was muß man immer rechnen, hm? Einmal ist jeder ganz unten. Einmal ist jeder unten.« Church musterte ihn mit schiefem Blick, versuchte offenbar seine Gedanken zu lesen. Sollte er's ruhig versuchen. »Spannung, Spiel und Spökenkieken sind im Gang!« Sollte er sich an diesem irren Singsang ruhig die geistigen Zähne ausbeißen. »Wir kommen alle zu Fall«, bekräftigte Church. »Eines Tages kommen wir alle zu Fall.«
»Kann sein, Jerry. Mir ist es bis jetzt allerdings nicht passiert. Ich hatte bisher Glück.«
»Ich hatte Pech«, nölte der ESPer. »Ich bin Ihnen begegnet.«
»Jerry«, sagte Reich mit nachsichtiger Geduld, »ich habe Ihnen niemals Pech gebracht. Es war Ihr Schicksal, daß Sie heruntergekommen sind. Kein...«
»Sie gottverdammter Lumpenhund«, sagte Church mit entsetzlich leiser Stimme. »Sie gottverfluchter Menschenhai! Hoffentlich verfaulen Sie bei lebendigem Leibe, ehe Sie krepieren. Machen Sie, daß Sie aus meinem Laden verschwinden! Ich will mit Ihnen nichts zu schaffen haben. Nichts! Vestehen Sie mich?«
»Auch nichts mit meinem Geld?« Reich holte aus seiner Tasche zehn schimmernde Sovereigns und zählte sie auf die Theke. Das war ein äußerst gelungener Schachzug. Im Gegensatz zum Kredit war das Hartgeld der Unterwelt der Sovereign. »Spannung, Spiel und Spökenkieken sind im Gang!«
»Am allerwenigsten mit Ihrem Geld. Ich wünsche mir von ganzem Herzen, daß Ihnen einmal jemand den Arsch bis zum Hals aufreißt, ich würde gerne Ihr Blut in der Gosse verspritzt sehen. Ich wollte, daß Würmer sich durch Ihre Augen in Ihr ekelhaftes Gehirn fressen... Aber Ihr Geld will ich nicht.«
»Was wollen Sie statt dessen, Jerry?«
»Sie
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