Demon Lover
gehen.
Sie und Michael waren eigentlich wie Öl und Wasser gewesen.
Unversöhnliche Gegensätze.
Sie trafen aufeinander wie eine Flamme auf eine Stange Dynamit. Als sie zum ersten Mal miteinander schliefen, hatte Kendra stundenlang gezittert nach dem ersten Orgasmus, den sie ohne einen batteriebetriebenen Helfer erreicht hatte. Außerdem war sie erleichtert gewesen, endlich keine Jungfrau mehr zu sein. Sie war sich schon vorgekommen, als schleppe sie ein Schild mit der Aufschrift
Loser
mit sich herum.
Das Badewasser kühlte ab, deshalb betätigte Kendra mit dem Fuß den Wasserhahn. Ein warmer Wasserstrahl ergoss sich auf ihren Körper. Mhm. Noch besser wäre es gewesen, sie wäre von kräftigen Händen gestreichelt worden. Da aber offenbar keine Männerhände verfügbar waren, musste sie sich wohl oder übel mit dem heißen Bad begnügen.
Sie stellte das Wasser ab und wünschte, Michael wäre hier gewesen, um das sexuelle Verlangen zu stillen, das ihr seit Neuestem zusetzte. Seit sie die Begegnung mit dem traumhaften Dämon halluziniert hatte, dachte sie ständig an Sex in allen möglichen Varianten. Sie und Michael hatten zwar ein ganz ordentliches Sexleben gehabt, doch was sie mit Remi anstellen könnte, sprengte alle körperlichen Grenzen.
Bei Michael war sie stets bemüht gewesen, ihn zufriedenzustellen und auf seine Wünsche einzugehen. Bei ihrem Daddy wollte sie die perfekte Tochter sein. Sie wollte es ständig jedem recht machen. Aber die beiden wichtigsten Männer in ihrem Leben hatten sich nicht vertragen, und binnen eines knappen halben Jahrs hatte sich alles Gute verflüchtigt.
Kendra atmete tief ein und tauchte kurz unter. Ihr Vater war ein steifer, in jeder Beziehung konservativer Mensch mit unnachgiebiger Persönlichkeit gewesen, deshalb war es kein Wunder gewesen, dass er hochging wie eine Rakete, als sie ihm Michael vorstellte. Ein um sein Auskommen kämpfender Musiker ohne höhere Bildung war das Letzte, was sich der Richter für seine einzige Tochter wünschte.
Manchmal fragte sich Kendra, ob sie deshalb auf Michael verfallen war, weil sie ihren Vater hatte provozieren und das ruhige, gleichförmige Leben abschütteln wollen, das er für sie und Gerald offenbar vorgesehen hatte. Mit Abigail, seiner zweiten Frau und Geralds Mutter, war er ebenso verfahren, und zwar mit tragischem Ausgang.
Abigail und Nathaniel waren sich kurz nach Kendras Geburt begegnet. Kendra hatte ihre Mutter nie kennengelernt, ein paar vergilbte Fotos waren alles, was sie von ihr behalten hatte. Sie war bei Kendras Geburt gestorben. Der Name Renee Jessup Carter bedeutete ihr nichts. Als stellte ihr vorzeitiger Tod einen Verrat dar, hatte Nathaniel Carter ihren Namen niemals laut ausgesprochen. Jedenfalls nicht in Kendras Beisein.
Ihr Vater war schon ein harter Brocken gewesen. Man könnte auch sagen, ein mürrischer alter Scheißkerl. Obwohl man ihn wegen seiner Prinzipienfestigkeit und Integrität schätzte, war der alte Richter nicht sonderlich beliebt gewesen.
Bis zum Alter von zehn Jahren hatte Kendra geglaubt, Abigail sei ihre Mutter – und Gerald ihr fünf Jahre älterer Bruder. Geralds leiblicher Vater war im Alter von einunddreißig Jahren am selben Tag gestorben wie Kendras Mutter. Und so kam es, dass zwei ihres Partners beraubte Menschen – beide mit einem kleinen Kind – in Trauer zusammengefunden hatten. Da war es ganz logisch, dass sie sich ineinander verliebten und heirateten.
Aber die Ehe war keine gute gewesen.
In zehnjähriger Ehe tyrannisiert, ständig getadelt und geschlagen, hatte Abigail, die alles andere als die perfekte Ehefrau war, sich umgebracht, als Kendra gerade mal zehn war. Gerald war damals fünfzehn. Sie war seine einzige Verbündete gewesen im Kampf gegen den alten Mann, der ihn zwar adoptiert hatte, aber nicht wie seinen Sohn behandelte.
Kendra hingegen war der Liebling ihres Vaters. Was vermutlich auch der Grund dafür war, dass der alte Herr dafür gesorgt hatte, dass sie den größten Teil des Treuhandvermögens kontrollierte.
Als Kendra die Luft ausging, tauchte sie wieder auf. Mit offenem Mund sog sie die Luft ein. Ein gequälter Laut kam ihr über die Lippen. Sie hatte Kopfschmerzen und verspürte eine seltsame Beklemmung am Herzen.
Sie presste die Hand auf die Stirn und kämpfte gegen den Drang an, sich vor einen fahrenden Güterzug zu werfen. Sie hielt die Kopfschmerzen einfach nicht mehr aus. Und auch nicht die Dämonen, die sie freisetzten.
Denk nicht mehr
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