Demon Lover
mich dann angerufen?»
Michael atmete schnaufend aus. «Um dich anzupumpen», verkündete er unverblümt. «Ich brauche Geld, um wieder auf die Beine zu kommen.» Er zuckte unwillig mit den Schultern. «Ich hab mir gedacht, du würdest mir vielleicht helfen, nach allem, was gewesen ist.»
Wie bitte?
Ihre Blicke trafen sich. «Du willst Geld?», wiederholte sie. «Du willst, dass ich dir Geld borge?» Die Worte legten sich wie eine Eisenklammer um ihr Herz und pressten es unerbittlich zusammen. Noch ein bisschen mehr Druck, und es würde zerspringen. Der Tag hatte schlecht angefangen, und danach war es immer schlimmer geworden.
Michael klopfte eine Zigarette aus der Packung. «Eine kleine Geldspritze, damit ich wieder auf die Beine komme. Die Band hat mich rausgeworfen. Sie haben den Vertrag ohne mich unterschrieben. Haben ’nen Hunderttausend-Dollar-Vorschuss eingesackt.»
Abscheu und Enttäuschung brodelten in Kendras Innerem wie Lava. Mein Gott, praktisch die ganze Taxifahrt über hatte sie sich vorgestellt, wie es sein würde, Michael wiederzusehen und nach so langer Zeit wieder mit ihm zu schlafen.
Sie seufzte. Wie blöd konnte man nur sein? Ebenso gut hätte sie sich das Wort dick und fett auf die Stirn tätowieren lassen können. «Tut mir leid, dass du raus bist», sagte sie ernsthaft. «Du hast Talent. Zu viel Talent, um dich durch so was unterkriegen zu lassen. Du kannst es noch mal versuchen.»
Obwohl sie die Dealerei auf keinen Fall billigen konnte, ahnte sie doch, dass Michaels Probleme teilweise mit ihrer Beziehung zu tun hatten. Nathaniel Carter hatte den Liebhaber seiner Tochter nicht ausstehen können. Er hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Michael Roberts Steine in den Weg zu legen – und sei es, dass er ihn wegen Falschparkens festnehmen ließ. Dass Michael zufällig mit einem Haufen Gras in seinem Pick-up spazieren gefahren war, hatte ihm den Todesstoß versetzt.
Er rieb sich stirnrunzelnd das stoppelige Kinn. «Mit dem Neuanfang hast du verdammt noch mal recht. Und du wirst mir dabei helfen.»
Kendra meinte, nicht richtig gehört zu haben. Sie musterte ihn skeptisch und versuchte herauszubekommen, ob er scherzte.
Michaels Lippen formten ein sardonisches Lächeln. «Dank dem verstorbenen Richter Carter und seinem braven kleinen Jungen von der Staatsanwaltschaft bin ich übel auf die Schnauze geflogen.» Alles Scherzhafte fiel von ihm ab. «Nachdem deine Scheißfamilie mich hinter Gitter gebracht hat, bist du mir das schuldig.»
[zur Inhaltsübersicht]
24
Ich bin blöd.
Einfältig. Verrückt.
Das dachte Kendra, als sie in der Schlange vor dem Bankschalter wartete. Sie konnte es selbst kaum glauben, dass sie sich bereit erklärt hatte, Michael Roberts zehntausend Dollar zu borgen – nein, zu überlassen.
Weil ich ein schlechtes Gewissen habe
.
Sie zuckte innerlich zusammen. Es war nicht ihre Schuld, dass Michael wegen Falschparkens festgenommen worden war und die Polizei bei dieser Gelegenheit den Stoff gefunden hatte. Selbst wenn der Richter nicht die Festnahme veranlasst hätte, wäre Michael eben beim nächsten Verkehrsverstoß festgenommen worden. Dass man ihn mit dem Gras erwischt hatte, war reines Pech gewesen.
Kendra zuckte erneut zusammen. Sie wusste, dass ihr Vater Michael nicht hatte ausstehen können und seine Macht eingesetzt hatte, um dessen Niedergang zu beschleunigen. Ihr Vater hätte alles getan, um Michael zu diskreditieren. Und so war es auch gekommen. Dass Nathaniel Carter Michaels Verurteilung wegen Drogenhandel nicht mehr erlebt hatte, war nicht der entscheidende Punkt. Gerald als stellvertretender Bezirksstaatsanwalt hatte die Zügel in die Hand genommen und die Anweisungen des Richters ausgeführt. Weniger als die Höchststrafe kam für ihn nicht in Frage.
Durch den Gefängnisaufenthalt hatte Michael alles verloren und konnte nicht mehr seinen Unterhalt bestreiten. Jetzt galt er als vorbestraft – bei einem engen Arbeitsmarkt nicht unbedingt eine Empfehlung. Niemand rannte ihm die Türen ein, um ihn als Musiker zu engagieren. Die Band, die er gegründet hatte, kletterte ohne ihn die Erfolgsleiter nach oben. Michael war in jeder Beziehung am Ende.
Kendra drückte ihre Handtasche an sich, während sie wartete. Zehntausend Dollar waren für sie ein Klacks – ein Taschengeld. Sie und Gerald konnten von dem Geld, das ihr Vater ihnen hinterlassen hatte, ein sorgloses Leben führen. Während der größte Teil des Vermögens gewinnbringend angelegt war,
Weitere Kostenlose Bücher