Demonica - Ione, L: Demonica
nicht.«
Es folgte eine lange Pause, ehe sie mit dünner Stimme fragte: »Wie kurz stehst du vor dem Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt?«
Er streckte den Arm über sie hinweg, drehte ihr Gesicht zu sich um und legte seinen Mund auf ihren. Ihre Lippen waren warm und fest, und sie schmeckten ein wenig nach dem Salz ihrer Tränen. Für einen Augenblick schien sie weich zu werden, sich zu öffnen, ihm entgegenzukommen.
Aber schlussendlich ließ sie sich nicht ablenken und murmelte gegen seine Lippen: »Wie kurz?«
»Kurz«, gab er zu. Er fuhr mit der Hand über ihren straffen Bauch, maß die Entfernung zwischen ihren Hüftknochen, wo sich in ihrem Schoß vielleicht jetzt schon neues Leben regte. »Wenn ich das nächste Mal die Gestalt wechsle, komme ich vielleicht nicht mehr als ich selbst zurück. Ich werde noch genauso aussehen, aber ich habe dann nicht mehr das Sagen.«
Sie zog sich von ihm zurück. »Und du sagst, dass dein Verlangen, dich mit mir zu verbinden, absolut nichts mit der Tatsache zu tun hat, dass es für dich bald kein Zurück mehr geben wird?«
Sosehr er ihr diese Frage beantworten wollte – er konnte es nicht. Er wusste einfach nicht, ob sie, hätte er sie vor einem Jahr kennengelernt, sein Blut so in Wallung versetzt hätte, wie sie es jetzt tat.
»Das reicht mir als Antwort«, sagte sie. Sie zog sich auf die andere Seite des Betts zurück. »Und meine Antwort ist Nein. Ich habe nicht vor, der letzte Ausweg für irgendjemand zu sein.«
Scheiße. Das hätte echt besser laufen können.
»Hör mir einfach nur eine Minute zu, okay?«
»Ich sagte Nein.«
Er setzte sich auf und streckte ihr den Arm entgegen, um ihre Hand zu nehmen, aber sie zog sie sofort zurück. »Verdammt, Tayla, es ist mir egal, ob meine Instinkte dafür verantwortlich sind oder nicht – ich will dich!«
»Oh, das ist ja ein ganz toller Antrag«, fuhr sie ihn an und zog den Bademantel fest um sich. »Entschuldige bitte, wenn ich jetzt nicht sofort rausrenne und den Partyservice bestelle und eine Kirche reserviere. Oh, warte mal. Du kannst eine Kirche ja vermutlich gar nicht betreten.«
»Dann muss ich wohl noch ein bisschen an meiner Vortragsweise arbeiten … «
»Du musst auf jeden Fall daran arbeiten, jemanden zu finden, der nichts dagegen hat, dein Mauerblümchen zu spielen. Ich hab vielleicht keine Reichtümer und auch kein Zuhause mehr, aber das heißt noch lange nicht, dass du mich einfach ausnutzen kannst, damit du an deinem kostbaren Status als Arzt festhalten kannst.« Zornig starrte sie ihn an; Dolche der Wut hielten ihn mit Gewalt an seinem Platz, wo er sie sich doch am liebsten geschnappt und fest an sich gezogen hätte. »Wie kannst du es wagen, mich anzulügen, nur damit ich auf deinen Scheiß reinfalle? Du willst mich gar nicht. Das kannst du auch nicht. Du kennst mich ja nicht mal.«
»Ich lüge nicht. Ich will dich, und ich weiß alles, was ich wissen muss.«
»Du weißt nichts. Gar nichts. Wie soll ich denn glauben, dass das, was ich bin, kein Problem für dich ist, wenn es vorher doch eins war? Ich bin eine Aegi-Schlächterin. Ein Lemming, weißt du noch?«
»Ich hab mich geirrt, Tayla. Und meine Brüder auch.«
Sie schüttelte den Kopf. »Siehst du, das ist der Punkt, an dem du dich irrst. Ich bin eine Mörderin. Willst du einen Beweis? Einen Beweis, dass du nichts über mich weißt?« Als ihre Stimme zu zittern begann, räusperte sie sich heftig. »Dann lass uns doch mal über deinen Bruder Roag red-«
»Sag es nicht.« Als er ihr forschend in die Augen sah, erblickte er in deren unergründlichen Tiefen eine hässliche Wahrheit. »Denk. Nicht. Mal. Dran.«
Aber sie hörte nicht auf und lehnte sich auf in die Matratze gestemmten Fäusten vor. »Ich war dort. Im Brimstone. Ich war dort und habe alles umgebracht, was sich bewegte. Als Jagger das Ding in Brand steckte, hat mir das Schreien der Dämonen nicht das Geringste ausgemacht.«
Oh, Scheiße. Roag . »Vielleicht warst du es ja gar nicht … « Die Verzweiflung in seiner Stimme war erbärmlich, und er hasste sich dafür.
»Aber vielleicht doch. Ich kann mich an keinen Dämon erinnern, der wie du aussah, aber – «
»Vielleicht hat er die Gestalt gewandelt.«
Eidolon fühlte, wie eine Welt in ihm zusammenbrach, fühlte seine Brust auseinanderklaffen. Es tat weh. Bei den Göttern, wie ihm das Herz wehtat.
Die Frau, die er zur Gefährtin begehrte, hatte seinen Bruder umgebracht. Oder war zumindest daran beteiligt
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