Demonica - Ione, L: Demonica
gewesen.
»Siehst du’s jetzt ein, Hellboy? Siehst du, wieso wir nicht zusammen sein können? Kannst du wirklich darüber hinwegsehen, was ich einmal war? Kann ich über das hinwegsehen, was du bist?«
Aber er hörte schon nicht mehr zu. » Du hast meinen Bruder umgebracht! «
Er sprang vom Bett auf und wich ein Stück zurück. Er spürte die Wut in sich aufsteigen, fühlte aber auch etwas weitaus Schrecklicheres in sich brodeln. Er konnte den Wandel pulsieren fühlen, der sich mit aller Macht an die Oberfläche zu arbeiten versuchte.
Mit gewaltigem Gebrüll stürzte er aus dem Schlafzimmer, aus der Wohnung, weg von Tayla, ehe er noch etwas tat, was er später bereuen würde. Denn er war stinksauer, verletzt, und ihm blieb keine Zeit mehr.
22
Eine Mischung aus Sonnenlicht, das durch die Schlafzimmerfenster hereinströmte, und dem Klang des Fernsehers weckte Tayla. Ein Blick auf den Wecker verriet, dass sie länger geschlafen hatte, als sie eigentlich vorgehabt hatte. Schon elf Uhr. Sie hatte so viel Zeit mit Schlafen vergeudet. Und mit Weinen.
Letzte Nacht hatte sie sich gar nicht erst die Mühe gemacht, Eidolon zu folgen. Offensichtlich war er vollkommen am Boden zerstört gewesen, und außerdem hatten sich seine Augen wieder rot verfärbt, wie vor ein paar Tagen, als er sich in den Seelenschänder verwandelt hatte. Und sie war so was von nicht bereit, so was noch mal durchzumachen.
Stattdessen hatte sie sich in den Schlaf geweint – etwas, das sie seit Jahren nicht mehr getan hatte. Nicht seit der ersten Nacht, die sie im Aegis-Hauptquartier verbracht hatte, als sie von Dankbarkeit überwältigt worden war; Dankbarkeit dafür, dass Kynan und Lori sie aufgenommen und ihr einen sicheren Schlafplatz gegeben hatten – zum ersten Mal, seit ihre Mutter gestorben war. Sie hatten gesagt, dass sie sie haben wollten. Das hatten alle Pflegeeltern behauptet, aber sie hatte rasch gelernt, dem keinen Glauben zu schenken.
Ihre eigene Mutter hatte es gesagt, aber wenn es wahr gewesen wäre, hätte sie die Finger von den Drogen gelassen. Sicher, sie war von einem Dämon gequält worden, der sie in die Selbstzerstörung getrieben hatte, aber Tayla war überzeugt, dass ihre Mom härter gekämpft hätte, wenn sie nur eine bessere Tochter gewesen wäre.
Und jetzt sagte Eidolon, dass er sie haben wolle. Wenn sie ihm nur glauben könnte, glauben könnte, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben etwas Besonderes war. Mehr wert als die Summe, die der Staat dafür bezahlte, dass man sich um sie kümmerte. Mehr wert als ihre Fertigkeiten im Kampf.
Er hatte sie verletzt, als er letzte Nacht gezögert hatte, ihre Frage zu beantworten, und sie hatte mit Roags Tod zurückgeschlagen – ein Tiefschlag, und noch dazu etwas, das er nicht hätte wissen müssen.
Bei dem Versuch, eine Konfrontation aufzuschieben, die sicherlich damit enden würde, dass er sie mit einem Fußtritt zurück auf die Straße befördern würde, duschte sie erst einmal und nahm sich Zeit, die neuen Verzierungen auf ihrem Arm zu studieren. Sie waren nicht so scharf konturiert oder so dunkel wie auf Eidolons Arm, doch davon abgesehen vollkommen identisch. Und das wusste sie, weil sie jeden Zentimeter der seinen mit ihrer Zunge nachgezeichnet hatte.
Was auch immer Eidolon mit ihr angestellt hatte, es hatte außerdem noch die Wunde versiegelt, die nicht heilen wollte. Nicht mal eine Narbe war geblieben, obwohl sie sein Skalpell hatte benutzen müssen, um die Fäden zu ziehen.
Als das Wasser kalt zu werden begann, drehte sie die Dusche aus und zog sich lederne Kampfhosen und ein Tanktop aus Spitze an. Als sie es endgültig nicht mehr hinauszögern konnte, betrat sie das Wohnzimmer.
Da stand Gem mit Mickey auf dem Arm. Der Lehnstuhl hinter ihr schaukelte noch; sie musste Tayla kommen gehört haben und aufgestanden sein. Auf dem Couchtisch war eine Karte des aufgegebenen Zoos ausgebreitet, zusammen mit Fotos und einem Notizbuch, in das jemand eilig einige Bemerkungen gekritzelt hatte, daneben.
»Was machst du hier?«, knurrte Tayla.
»Eidolon hat mich letzte Nacht angerufen. Er wollte, dass jemand bei dir ist.«
Taylas Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Er war so wütend gewesen, hatte vermutlich auf der Schwelle zu Gewalt und Hass gestanden, und trotzdem hatte er sie nicht alleine wissen wollen. »Wie klang er?«
»Am Boden zerstört. Hochgradig nervös.« Ihr Blick zuckte zu Tays Arm, wo die Markierungen auf ihrer Haut juckten. »Was hast du mit ihm
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