Demonica - Ione, L: Demonica
was? Lecks? »Dann kannst du dich also beherrschen, wenn du die Gestalt änderst?«
»Bis zu einem gewissen Grad«, sagte Gem, die Tayla mit den Augen folgte, als sie jetzt ihren Kreis vollendet hatte. »Aber nicht, wenn es spontan geschieht, darum hab ich ja die Tattoos.«
»Und wenn ich diese DNA integriere, könnte ich es dann beherrschen?«
Gem grinste. »Heißt das etwa, dass du darüber nachdenkst?«
Tayla blickte an sich herunter, fragte sich, wie sich ihr Körper verändern würde, wenn sie integriert wäre. Dann seufzte sie. »Vielleicht hab ich die Wahl gar nicht mehr. Eidolon hasst mich.«
»Was ist zwischen euch passiert?«
»Hauptsächlich, dass ich seinen Bruder umgebracht habe.«
»Aber ich habe nur gesehen – «
»Es war Roag.«
Gem stieß die Luft aus. »Gott, Tayla. Er war total am Ende, als Roag starb.«
»Hast du Roag gekannt?«
»Nicht sehr gut. Roag war nicht oft da. Wraith und er stritten sich wie Vampire und Jäger – « Sie warf Tayla ein verlegenes Lächeln zu. »’tschuldigung, Wächter . Eidolon hatte immer Angst, sie würden sich noch umbringen, vor allem, nachdem Roag die S’genesis hinter sich hatte.«
Tayla rieb sich erschöpft die Augen; sie bedauerte zutiefst, was zwischen ihr und Eidolon vorgefallen war. Sie hätte den Mund über Roag halten sollen. Hätte sie mehr über die S’genesis und die Erfordernisse einer Bindung gewusst, wäre sie vielleicht nicht so ausgeflippt. Aber woher sollte sie das wissen? Der Aegis stand eine umfangreiche Bibliothek zur Verfügung, aber bis auf die grundlegenden Texte mussten alle Bücher vom Hauptquartier aus angefordert und von den Regenten gutgeheißen werden, und jetzt war es für so was sowieso zu spät.
»Tayla? Alles okay mit dir?«
Ganz und gar nicht. »Ich wünschte einfach nur, ich wüsste mehr. Über Seminus-Dämonen. Und Seelenschänder.«
»Na ja, mach dich deswegen bloß nicht fertig. Ich bin unter Dämonen aufgewachsen und weiß so gut wie nichts.« Sie zog ihren Rock zurecht, der während ihrer Transformation verrutscht war. »Hast du schon mal in E’s Bibliothek nachgeschaut?«
Tayla widerstand der Versuchung, sich vor die Stirn zu schlagen. »Du bist ein Genie.«
Im Arbeitszimmer durchforsteten sie Hunderte von Bänden, bis Gem schließlich so etwas wie eine Dämonen-Enzyklopädie entdeckte. Tay setzte sich damit hin und begann den Abschnitt über Inkubi, insbesondere Seminus-Dämonen, zu lesen. Wenn der Text auch allgemeiner gehalten war, als sie gehofft hatte, lieferte er ihr doch ein paar wertvolle Einsichten in das Verhalten, die Bindungsrituale und Dermoire -Symbole der Semini.
»Gem, du bist doch schon ziemlich lang mit Eidolon und seinen Brüdern befreundet, oder?«
Gem blickte von dem medizinischen Text auf, den sie gerade las. »Jahrelang. Meine Eltern haben mich für fast alle Untersuchungen ins UG gebracht.«
»Ist … ist Eidolon tatsächlich schon so lange auf der Suche nach einer Gefährtin? Ist er wirklich so verzweifelt?«
»Gott, Tay, es tut mir so schrecklich leid, dass ich das gesagt – «
Tayla unterbrach sie mit einem Kopfschütteln. »Wraith hat sich ganz ähnlich geäußert.«
»Hör mir mal zu.« Gem knallte das Buch mit solcher Wucht zu, dass Tayla zusammenfuhr. »Eidolon ist kein Idiot. Er ist einer der logischsten, grauenhaft intelligentesten Männer, die ich je getroffen habe, seien es nun Menschen oder Dämonen. Er ist ganz bestimmt nicht so verzweifelt, dass er sich für den Rest seines elenden Lebens an eine Frau binden würde, die sich gegen ihn wenden oder eine schlechte Mutter für seine Kinder sein könnte. Sicher, sein Leben und sein Krankenhaus bedeuten ihm alles, aber er würde lieber sterben, als sich an eine Frau zu binden, die er nicht liebt. Er liebt dich, Tayla.«
»Ich glaube nicht – «
»Ich sehe es in seinen Augen und höre es in seiner Stimme. Wir sind Seelenschänder, Schwesterherz, und das heißt, dass wir Schwäche und Schmerz in anderen spüren können. Eidolons Schwäche bist du. Aber du könntest auch seine Stärke sein. Er liebt dich, auch wenn er es noch nicht zugegeben hat, nicht einmal sich selbst gegenüber.«
Tayla saß zusammengesunken auf ihrem Stuhl; sie fühlte sich elend und hatte ein verflixt schlechtes Gewissen. »Ist auch egal. Ich hab ihn verletzt. Er will nichts mehr mit mir zu tun haben.«
»Ich weiß, wie das ist«, murmelte Gem. Sie warf einen Blick auf ihre Uhr und lachte, ein bitteres, verächtliches Lachen. »Perfekt.
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