Demor - Einfach bösartig (German Edition)
geworden. Man bekam es nicht los. Manchmal liebte man es, manchmal vergaß man es, aber meistens verfluchte man das Ding.
Seitdem sie Garolruk abgesetzt hatten, hatte der Ork kein Wort gesprochen. Er tat nur die nötigsten Handgriffe. Nicht einmal das getrocknete Blut an seiner Stirn wischte er weg. Allerdings gab es ohnehin nichts zu tun, außer warten. Oft versank er im Reich der Orkträume, aber sein Schnarchen konnte in dieser Gegend höchstens ein paar Steine aufwecken. Vielleicht tuschelten die Felsen untereinander und überlegten, dem grünen Störenfried den Kopf einzuschlagen, aber viel kaputt machen konnte man dadurch nicht.
Unterdessen suchte der Kopflose die Nähe von Dalir, wann es nur ging. Ohne Unterlass berührten seine Hände ihre Haut – zwar verdeckt und mit der Bewegung eines Lufthauchs, doch Demor sah es. Er sah alles. Selbst wie der Reiter versuchte, seinen Körper an den ihren zu schmiegen. Er sorgte dafür, dass sie bequem saß, legte eine mitgeführte Wolldecke und einmal sogar seinen Mantel für sie aus.
Beim Anblick dieser Annäherungen schüttelte es Demor auf eine unbehagliche Weise. Die Rendezvous zwischen dem Krüppel und der Stahlgebürsteten wurden immer inniger. Sie widerstand den Versuchen – noch. Aber die alles vernichtende Kälte schwand aus ihren Worten und ihrem Blick.
Heimlich beobachtete Demor sie, tat so, als studierte er die Weltkarte. Er konnte sich die beiden nicht als Paar vorstellen. Allein der Gedanke verursachte in ihm Brechreiz, aber ein kotzendes Skelett hatte noch niemand gesehen.
Er fingerte in seiner Manteltasche herum. Selbst durch das Leder fühlte er die Kugel – lieblich und zugleich abstoßend. Sie gab ihm Kraft. Die Berührung verriet ihm, dass die Reise bisher nicht umsonst war. Er hielt die Kugel vor sein Gesicht und ihre Schönheit brannte sich in seine unnatürlichen Pupillen ein. Sie wisperte. Worte, die er nicht verstand.
Sag mir dein Geheimnis, zischelte er die Perle an. Doch sie verhüllte sich vor ihm. Gab ihre Macht nicht preis. Sie höhnte in Schwarz und Orange.
Wir brauchen sie nicht, trieb die Krone ihren süßen Geschmack in seine Gedanken, und es erheiterte ihn. Schwermütigkeit war ein Seidentuch, das der Wind hinter den Horizont warf – eine vage Erinnerung.
Er balancierte die Kugel zwischen seinen Fingern. Am Ende entschieden stets die Würfel des Schicksals. Das Spiel von Schwert und Zauberbuch. Der letzte Kampf um Fantastika war entbrannt – und Demor saß noch am Tisch.
Auf der Himmelsbühne fiel das helle Kleid der Soelscheibe und der Mondanzug kleidete den Horizont in einen blutigen Schleier. Die Nacht war angebrochen – und fünf Atemzüge später rauschte ein Grollen heran. Es klang wie Bewegung in einem Stollen, wie ein einstürzender Tunnel.
Der Lich sprang auf und gab Bult einen Tritt. Mit getrocknetem Sabber um das Maul stemmte sich der Grüne empor.
Demor spähte über die Ebene, die das blutige Soellicht nussbraun färbte. Auch in der Nacht war es hell genug, Cybeles Pforte zu finden. Er folgte der Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Nach rund dreihundert Schritten fiel der Boden in ein Loch. Wortlos bedeutete Demor seinen Begleitern, ihm zu folgen.
Die Ränder der Grube bestanden aus gehauenen Gesteinsquadern – Basalt, wie man ihn sonst nur im Westen an der Küste zum Großen Meer fand. Sandkörner rieselten in die Finsternis und eine Treppe, glatt wie gehobelte Dielenbretter, mit dreißig oder mehr Stufen, führte in die Tiefe.
»Licht!«, herrschte Demor die Halbdämonin an.
Dalir blinzelte, als hätte sie die Anweisung überhört. Doch sie verstand nur zu gut. Wenn sie Einwände hatte, so schluckte sie diese hinunter. Schweigend ergriff sie einen faustgroßen Stein und verlieh ihm die Macht zu strahlen.
Mit einem Poltern, das auf gut fünfzig Stufen schließen ließ und sämtliche Tote in einer Gruft hätte aufwecken können, plumpste das Gesteinsstück in die Höhle. Am Ende der Treppe blieb es auf festem Untergrund liegen und vertrieb im Umkreis von geschätzten sechs Schritten die Dunkelheit.
»Sieh nach!«, gab Demor dem Kopflosen den Befehl.
Vor Übereifer sonst nicht zu bremsen, zauderte der Reiter bei diesem wichtigen Dienst. Keine Regung. Wie ein stummer Sklave verblieb er an Dalirs Seite.
»Sieh nach!«, zürnte Demor und hämmerte das Stabende auf die Erde.
Die Halbdämonin hob einen weiteren Stein auf, ließ ihn leuchten und drückte ihn dem Kopflosen sanft in die Hände.
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