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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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gutes Werk zu tun und somit seinem Seelenheil zu dienen. Ich danke dir, o Herr, betete sie.
     
    *
     
    Köln, Barfüßerkloster, am Morgen des 12.2.1327
     
    Hanß war froh, wieder unter seinen Brüdern zu sein, wenn es auch, wie er entschieden hatte, nur für kurze Zeit sein würde. Er sang inbrünstig, allerdings auch ein bisschen wehmütig mit ihnen das Gotteslob. Gestern, am Tage der heiligen Theodora, war er mit Bruder Dudo des Abends zurückgekehrt. Heute Morgen während der Besprechung im Kapitelsaal hatte er den Brüdern Dirolf und Agelomus verboten, sich weiter an der Anklage gegen den Prediger Meister Eckhart zu beteiligen. Die minderen Brüder würden sich den Weisungen des heiligen Franz gemäß aus allen Händeln heraushalten. Hanß hatte gemerkt, dass einige Brüder zustimmend genickt, andere dagegen gemurrt hatten. Er hatte es abgelehnt, weiter über die Angelegenheit zu disputieren. Im Gesang waren sie nun vereinigt. Wenn man sich der Welt zuwendet, dachte er, gibt es nur Zwist. In Gott dagegen herrscht himmlischer Frieden.
    Aus dem Augenwinkel nahm er etwas Gelbes wahr. Es bewegte sich durch die Reihen der Brüder auf ihn zu. Nun vernahm er auch lautes Gezeter. Bruder Nithart von der Torwache. Seine Stimme war unverkennbar. Schrill und bösartig. Er lief hinter dem verschwommenen gelben Fleck her.
    Der gelbe Fleck kam näher. Hanß zwang seine Augen, scharf zu sehen. Vor ihm stand ein Weib. Niemand anderes als Ellikint.
    Ellikint fiel vor ihm auf die Knie. »Ehrwürdiger Vater und Herr Abt«, sagte sie und küsste den Saum seiner Kutte. »Die aufgebrachte Menge belagert den Beginenkonvent in der Stolkgasse. Ihr müsst helfen!«
    »Was geht vor sich?«, fragte Hanß unwirsch, verärgert über die Störung des Friedens.
    »Schwester Mentha hat mir die Kunde überbringen lassen«, erklärte Ellikint. »Gesindel hat sich versammelt um das Haus und droht, handgreiflich zu werden.«
    »Wie viele?« Hanß wollte es nicht wahrhaben, obgleich er es hätte erwarten sollen.
    »Weiß ich nicht«, antwortete Ellikint, immer noch auf Knien.
    »Wer?«
    »Weiß ich insgleichen nicht. Bitte, Abt Hanß«, jammerte Ellikint, »ich bin sicher, dass sich die Schwestern in größter Not befinden. Die Brüder müssen uns beistehen. Ich habe schon ein paar Mägde entsandt –«
    »Mägde?«, fragte Hanß verdutzt.
    »Sie haben Knüppel«, erklärte Ellikint stolz und erhob sich. »Aber es sind zu wenige, fürchte ich.«
    »Ich werde mich zum ehrwürdigen Vater und Herrn Erzbischof Heinrich begeben«, schlug Hanß vor.
    »Das dauert zu lange«, drängte Ellikint verzweifelt. »Es muss sofort etwas geschehen.«
    Hanß zögerte nun nicht mehr. Er musste es jetzt tun. Die Stunde der Bewährung, die der ehrwürdige Vater und Herr Erzbischof von Mainz, Matthias, ihm aufgetragen hatte, war gekommen. Er erhob die Stimme.
    »Brüder«, sagte er gebieterisch, »ihr habt mich zu eurem Abt gemacht, weil ich tapfer vor zwei Jahren die Schwestern in Schutz genommen habe. Ein jeder bewaffne sich mit allem, womit man zuschlagen kann, und folge Schwester Ellikint, während ich beim Erzbischof Heinrich vorstellig werde.«
    Hanß beobachtete, wie sich etliche seiner Brüder, besonders die jüngeren unter ihnen, von geistlicher Beschaulichkeit in einen rauflustigen Haufen verwandelten und freudig Kampfgebrüll ausstoßend mit Ellikint zogen. Andere waren zurückgeblieben.
    »Schwester Ellikint«, sagte Bruder Dirolf, indem er das »Schwester« abschätzig dehnte und den Mund verzog. »Eine wahrhaft feine Schwester, Kupplerin der Prediger!«
    »Schwester!«, bestätigte Hanß. »Und jetzt – geh mir aus dem Auge.«
    Er hatte seine Wahl getroffen und war sich seiner Sache gewiss. Das Bildnis seiner Mutter, das er stets vor seinem einen kaputten Auge hatte, begann zu verblassen.
     
    *
     
    Katzenelnbogen, am 12.2.1327
     
    Auf einem niedrigen Berg liegend und vom Dörsbach umflossen tauchte die Burg des Grafen von Katzenelnbogen auf. Die Burg trug Trauer. Die Fahnen mit dem gekrönten roten Löwen auf güldenem Grund hingen auf Halbmast. Wenn es denn stimmte, dass Schwester Guta die Konkubine des Grafen gewesen sei und er sie minniglich geliebt hatte, so konnte es durchaus sein, dass die Trauer ihretwegen angeordnet worden war, wenn er es denn schon erfahren hatte. Von Hechard, dachte Demudis, wem sonst? Wenn Bruder Hermann allerdings mit der Rede, er wolle ihrer Familie Bescheid geben, nicht die von Riehls oder Schwester Mathilde gemeint

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