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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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entwickelt. Erst später wären sie darauf verfallen, sich bei ihrer Base Mathilde in ihrem »Liebesnest« zu treffen, wie Schwester Mathilde so schön gesagt hatte. Aber Schwester Mathilde hatte der Graf offenbar nicht zum Stillschweigen verpflichtet. Warum hätte er das dem Barfüßerabt Paul aus Andernach auferlegen sollen? Und was hatte Schwester Guta Abt Paul »nehmen« können, wie gesagt worden war? Mühsam kämpfte sich Demudis weiter durch den Schnee. Sie sehnte sich nach einem Feuer und nach der Nähe von Schwester Godelivis, nach deren zärtlicher Hand.
     
    *
     
    Köln, am Morgen des 12.2.1327
     
    Schwester Demudis, bitte komm bald zurück, dachte Godelivis, während sie sich zwischen den Mauern hindurchquetschte. Der ekelhafte Matsch war, wie Schwester Mentha vorausgesagt hatte, festgefroren. Es war aber schwer, sich auf dem unebenen und dunklen Weg fortzubewegen. Warum kommt mir das gerade jetzt in den Sinn?, fragte sich Godelivis. Es ist doch eigentlich gut, dass sie weg ist und ihr nichts geschehen kann. Doch nein, komm bald zurück.
    Vorsichtig schaute sich Godelivis um, dass sie niemand von den Angreifern beobachten möge. Sie rannte los und erreichte unbehelligt die Ecke zur Armenstraße. Die Armenstraße hoch musste sie an der Wurpilpforte vorbei bis zum Römerturm und von dort links auf den Berlich.
    Godelivis konnte sich schon vorstellen, dass Hechard ein elender Lüstling ist. Alle anderen Schwestern waren heillos in ihn vernarrt. Na ja, außer Schwester Hardrun, aber mit der war auch nicht auszukommen. War es nicht schlimm, was sie sich immer antat? Tagelang aß sie nichts. Dann wieder trank sie nichts, bis sie in Fieberwahn verfiel und unheimliche Bilder sah, die sie für die Eingebung des Teufels hielt. Weil sie es also zuließ, dass der Teufel in sie eindrang, so schlug sie sich den Rücken blutig. War es da verwunderlich, wenn sie ständig übellaunig gegenüber allen Schwestern war und die ihr selbst auferlegten Leiden an ihnen ausließ?
    Ganz anders war da schon Schwester Sophia. Sie erlegte sich kaum weniger strenge Regeln auf als Schwester Hardrun, aber sie blieb immer freundlich und milde. Es lag also nicht an den Regeln, überlegte Godelivis, während sie weiterlief. Ich muss an ganz viele andere Dinge als an den Kampf denken, sonst verliere ich noch den Verstand.
    Schwester Angela war ihr schon viel ähnlicher, aber nein, sie war hinter den Mannspersonen her. Dann war sie nicht mehr wieder zu erkennen, kein sinnvolles Wort war mit ihr zu sprechen. Warum geht sie nicht auf den Berlich wie Ellikint?, fragte sich Godelivis verärgert. Magistra Sela schärft mir immer ein, ich solle milde sein und nicht so aufbrausend. Sie sagt mir nicht, wie ich das erreichen kann.
    Atemlos hämmerte Godelivis an die Tür von Ellikints kleinem Haus. Da Ellikint bis spätnachts arbeitete, schlief sie morgens lange. Wie ungerecht die Leute waren, die sie darob des Müßigganges schalten.
    »Ellikint! Ellikint! Mach schnell auf!«, schrie Godelivis.
    Ellikint öffnete die obere Dachluke, die zu ihrer Schlafkammer gehörte. »Was ist denn los?«
    »Komm runter, bitte, sofort!«, brüllte Godelivis nach oben.
    Es dauerte kaum einen Augenblick, dass Ellikint unten war. Sie hatte sich schnell ein Kleid übergeworfen, um nicht nackt und bloß in die Kälte hinauszutreten.
    »Tritt ein, Schwester«, bat Ellikint freundlich.
    »Keine Zeit«, erwiderte Godelivis. »Das gemeine Volk hat sich vor unserem Konvent in der Stolkgasse versammelt, wo Schwester Mentha wohnt, und greift an!«
    Ellikint schien für einen Augenblick völlig aus den Fugen zu geraten. Godelivis sah, wie ihr alles Blut aus dem Gesicht wich, und fürchtete schon, sie würde aus dem Fenster kippen. Doch bevor sich der Schrei ihrer Kehle entringen konnte, den sie bereits in sich aufsteigen gefühlt hatte, bekam sich Ellikint wieder in die Gewalt und fragte knapp: »Was soll ich tun?«
    »Schwester Mentha sagt, die Mädchen sollten sich bewaffnen und von hinten angreifen. Sie hat das Haus verrammelt und gießt kochendes Wasser auf die Leute.«
    »Mutige, listige Schwester Mentha«, sagte Ellikint bewundernd. Sie rief ins Haus hinein nach Junta und Gepa. Zu Schwester Godelivis sagte sie: »Nimm die beiden mit und sag auf dem Weg den anderen Mädchen Bescheid. Mir ist eine weitere List eingefallen, ich komme gleich nach.« Sie wusste nun, wie sie ihre Schuld bei Abt Hanß abtragen konnte. Sie konnte ihm eine neuerliche Gelegenheit verschaffen, ein

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