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Den du nicht siehst

Den du nicht siehst

Titel: Den du nicht siehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Jungstedt
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Friedhof von Visby eine Frau ermordet aufgefunden worden sei.

Sonntag, 17. Juni

 
     
    Als Johan und Peter am Sonntagmorgen vor dem Strandhotel aus dem Taxi stiegen, schlug ihnen der kalte Wind entgegen. Es war um einiges stürmischer geworden. Selbst das Taxi hatte auf der Fahrt vom Flughafen Mühe, die Spur zu halten. Fröstelnd und schwer verkatert gingen sie an die Rezeption.
    Sie bekamen dieselben Zimmer wie beim ersten Mal. Ob das Zufall war oder ob sie das immer so machten?, überlegte Johan, als er die Code-Karte in die Tür schob. Er rief Knutas an, der erzählte, dass sie um drei Uhr an diesem Nachmittag eine Pressekonferenz abhalten würden. Vorher wollte er nichts sagen.
    »Etwas müssen Sie doch sagen können«, beharrte Johan. »Ist die Frau ermordet worden?«
    Knutas’ Stimme war die Erschöpfung anzuhören.
    »Ja.«
    »Wie?«
    »Ich kann nur sagen, dass sie ermordet worden ist.«
    »Was für eine Waffe wurde verwendet?«
    »Das kann ich auch nicht sagen.«
    »Ist sie bereits identifiziert worden?«
    »Ja.«
    »Wie alt war sie?«
    »Jahrgang 67. Also vierunddreißig.«
    »War sie der Polizei bereits bekannt?«
    »Nein.«
    »Kommt sie aus Visby?«
    »Ja. Aber jetzt reicht es. Sie müssen bis zur Pressekonferenz warten.«
    »Okay, vielen Dank. Dann sehen wir uns auf der Pressekonferenz. Bis dann.«
     
    Johan und Peter fuhren zum Friedhof am Peder Hardings Väg, um den Fundort zu filmen und Interviews zu führen. Die Stelle, an der man die Tote gefunden hatte, war abgesperrt, aber sie entdeckten einen Polizisten, der den Bereich vor dem Zutritt Unbefugter schützte. Sie bemühten sich, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, scheiterten aber. Der Polizist weigerte sich, Fragen zu beantworten. Johan machte einen Spaziergang um den Friedhof und versuchte sich vorzustellen, was passiert war. Peter filmte. Der Mord an Helena Hillerström lag knapp zwei Wochen zurück. Der Lebensgefährte saß in Untersuchungshaft, aber wenn Johans Informant das richtig verstanden hatte, ging die Polizei davon aus, dass es sich bei beiden Morden um denselben Täter handelte. Und dann hatten sie es mit einem Serienmörder zu tun, der bald wieder zuschlagen könnte. Hier auf dieser kleinen Insel. Unglaublich. Sein Informant wollte versuchen, noch weitere Auskünfte einzuholen. Auch wenn die Polizei glaubte, dass es sich um denselben Täter handelte, würden sie das wohl kaum offen zugeben. Zwei Frauen innerhalb von zwei Wochen brutal ermordet. Unmittelbar vor der Touristensaison. Da konnte der Polizei doch nur daran gelegen sein, Informationen zurückzuhalten.
     
    Er ruderte mit ruhigen, energischen Zügen. Die Dollen ächzten. Sie mussten geölt werden. Er war schon lange nicht mehr mit dem Boot unterwegs gewesen. Jahrelang. Er hatte das Leck im Rumpf ausgebessert und das Boot zum Wasser gezogen. Er wusste, wohin er wollte. Er wollte zur Landspitze hinaus, dann würde er zufrieden sein. Er hatte sich diese Stelle ausgesucht. Die Idee war ihm über Nacht gekommen. Er hatte wach gelegen und nachgedacht. Er wollte nicht denselben Fehler machen wie beim ersten Mal. Da hatte er unkontrolliert gehandelt. Benommen vom angsterfüllten Triumph. Überrascht über sich selbst und seine Tat. Darüber, dass er seinen Plan wirklich umgesetzt hatte. Er war stolz gewesen und erschrocken. Aber vor allem stolz. Nun empfand er Ruhe. Er wusste, was er konnte. Diesmal würden sie die Mordwaffe nicht finden.
    Wie gut, dass das Meer ruhig war. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, eine Angel mitzunehmen, nur für den Fall, dass er gesehen wurde. Aber nein, das war nicht nötig. Wen könnte es schon interessieren, warum er mit einem Boot unterwegs war? Er schuldete niemandem eine Erklärung. Zur Hölle mit dem Rest der Welt. Es interessierte sich ja doch kein Mensch für ihn. Niemand verstand ihn. Er war einsam. Das war er immer schon gewesen. Aber jetzt war er stark. Die großzügigen Sonnenstrahlen wärmten ihn. Er trug nur Shorts. Beim Rudern brach ihm der Schweiß aus. Sein Brustkorb hob und senkte sich. Behaart und muskulös. Er würde es schaffen, er fühlte sich unüberwindbar. Er lachte laut auf. Nur die Möwen hörten ihn.

 
     
     
     
    Im Besprechungszimmer der Mordkommission herrschte angespannte Stimmung. Es war zwölf Uhr, und das Ermittlungsteam wollte vor der Pressekonferenz die neuesten Erkenntnisse über den zweiten Mord abstimmen. Die Bezirkspolizeichefin war ebenfalls anwesend. Sie saß neben Knutas und verzog verärgert den

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