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Den du nicht siehst

Den du nicht siehst

Titel: Den du nicht siehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Jungstedt
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Irisdalsgatan.«
    »Dann hat Frida damals die Norrbackaschule besucht?«
    »Stimmt. Das war der Name.«
     
    Nach diesem Gespräch rief Knutas Kihlgård auf seinem Mobiltelefon an und erfuhr, dass der Kollege gerade im Restaurant Lindgården Lammkoteletts verspeiste.
    »Frida Lindh hat als Kind in Visby gewohnt.«
    »Was sagst du da?«
    »Ja, in der sechsten Klasse hat sie einige Monate hier verbracht. Ihr Vater war beim Militär und wurde nach Visby versetzt.«
    »Wann war das?«
    »1978. Im Frühling. Sie hat die Norrbackaschule besucht, und die Familie wohnte in der Irisdalsgatan. Das liegt in derselben Gegend wie die Rutegatan, wo Helena Hillerström gewohnt hat. Das kann der Durchbruch sein, auf den wir gewartet haben.«
    »Sicher. Ich komme.«
    »Gut.«
     
    Schon bald hatte die Polizei festgestellt, dass auch Gunilla Olsson diese Schule besucht hatte. Frida Lindh war ein Jahr jünger gewesen als die anderen, aber bereits mit sechs Jahren eingeschult worden. Nun war auch die Verbindung zwischen den Opfern klar. Die drei ermordeten Frauen waren im sechsten Schuljahr in dieselbe Klasse gegangen.

 
     
     
     
    Das Wetter schien sich den Vorhersagen der Meteorologen anpassen zu wollen. Der Himmel war bedrohlich schwarzgrau, und von Westen her zog eine düstere Wolkendecke auf, die jede Menge Regen versprach. Emma stand am Bug der Autofähre und sah Fårö näher rücken. Die Fahrt über den Sund dauerte nur einige Minuten, aber sie wollte Seeluft schnuppern und die Aussicht genießen. Die wilde, karge Insel mit ihren Felsen und ihren langen Sandstränden lockte nicht nur sie. Im Sommer wimmelte es hier nur so von Touristen. Als ihre Eltern zehn Jahre zuvor das steinerne Haus oben am mehrere Kilometer langen Sandstrand Norsta Auren gekauft hatten, war das ein ungeheurer Glücksfall gewesen. Ein Bekannter hatte die Besitzerin gekannt, und die hatte nur an Gotländer verkaufen wollen. Die wenigen Häuser, die überhaupt angeboten wurden, gingen zu oft an wohlhabende Stockholmer. Viele Prominente zogen sich auf die Insel zurück, um ihre Ruhe zu haben – Schauspieler, Künstler, Politiker und nicht zuletzt Ingmar Bergman, der das ganze Jahr hier verbrachte.
    Emmas Eltern hatten Visby ohne zu zögern verlassen und diese Entscheidung nicht eine Sekunde bereut.
    Emma hielt bei einem Supermarkt, um sich mit Vorräten einzudecken. Sie warf einen Blick auf die Aushänger der Abendzeitungen, ehe sie den Laden betrat. Beide zeigten ein großes Foto des letzten Opfers, einer Frau in Emmas Alter mit langen, dunklen Zöpfen. Jetzt durften also auch Name und Bild dieser Frau veröffentlicht werden. Emma kaufte beide Zeitungen. Im Wagen überflog sie die Artikel. Wie die anderen war auch diese Frau brutal ermordet worden. Unbehagen stieg in Emma auf. Im Haus würde sie die Zeitungen in aller Ruhe lesen. Auf der Straße nach Nord-Fårö beschleunigte sie das Tempo. Bei der Kreuzung vor Sudersand bog sie nach links ab und hielt vor der Bäckerei. Das machte sie immer, wenn sie ihre Eltern besuchte. Sie plauderte mit den Verkäuferinnen, die sie alle kannte.
    Der Himmel verdüsterte sich immer mehr.
    Als sie auf den holprigen Weg zum Haus einbog, entdeckte sie hinter sich einen roten Saab. Am Steuer saß ein Mann. Auf dem Armaturenbrett lag ein Fernglas. Bestimmt ein Vogelliebhaber, dachte Emma. Die Landzunge, auf der das Haus ihrer Eltern lag, war bei Ornithologen beliebt. Als sie vor dem Haus hielt, sah sie, dass der Mann wendete und den Weg zurückfuhr, den sie gekommen war. Komisch, ein Vogelliebhaber ohne Ortskenntnisse.
     
    Emma hatte gerade die Tür hinter sich geschlossen, da brach das Unwetter los. Als sie durch die Diele ging, zuckte vor dem Fenster ein Blitz, Donner grollte, und der Regen prasselte auf das Blechdach. Durch das Gewitter herrschte tiefe Dunkelheit im Haus.
    Es roch muffig. Ihre Eltern waren bereits seit einer Woche verreist. Sie ging in die Küche, legte ihre Einkäufe auf den Tisch und versuchte vorsichtig, ein Fenster zu öffnen, was der starke Wind jedoch unmöglich machte. Sie fing an, die Lebensmittel in den Schrank zu räumen. Der Einkauf war nötig gewesen, denn die Vorratsschränke waren leer. Ihre Eltern wollten lange wegbleiben. Sie würden noch drei weitere Wochen durch China und Indien reisen. Seit sie vor einigen Jahren beide in Pension gegangen waren, unternahmen sie jedes Jahr eine große Fernreise.
    Wenn sie alle Lebensmittel verstaut hatte, würde sie das Doppelbett ihrer Eltern frisch

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