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Den ersten Stein

Den ersten Stein

Titel: Den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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nicht weit von der Interstate. Man hat ihn in seinem Privatwagen gefunden.
     Meine Leute bringen die Leiche und das Fahrzeug zurück. Bis morgen sollten wir einen Bericht haben.«
    »Ich würde mir Leiche und Wagen gern selbst ansehen«, sagte ich.
    »Der Wagen wird nicht in die Stadt gebracht und ich denke nicht, dass Sie sich die vier Stunden für die Hin- und Rückreise
     leisten können«, entgegnete White.
    »Dann also die Leiche«, erklärte ich in einem Tonfall, der deutlich machen sollte, dass ich darauf bestehen würde.
    »Schön, wenn es unbedingt sein muss«, sagte White. Er nannte eine Adresse auf der falschen Seite des Hudson River. »Die Leiche
     trifft morgen früh dort ein. Ich sage denen, dass Sie kommen.«
    »Diese Adresse gehört zu keinem Polizei-Leichenschauhaus, das mir bekannt wäre«, sagte ich.
    »Natürlich nicht; denken Sie etwa, ich will die Leiche jetzt schon in den Papieren haben?« White brauchte einen Moment, um
     seine Gereiztheit unter Kontrolle zu bekommen. »Ich bin Ihnen entgegengekommen, Mr Strange. Es wird Zeit, dass Sie sich revanchieren.«
    »Der Mann heißt Jack Small. Er ist unzufrieden, dass sein dreijähriger Urlaub in Arkangel nicht den Ankündigungen im Prospekt
     entsprochen hat, und er macht unseren Mann persönlich dafür verantwortlich. In dem Brief, den er an den
Kreuzzug
geschrieben hat, erwähnt er, dass er mehr als glücklich wäre, die Fertigkeiten im Töten, die er im Heiligen Land erworben
     hat, unter Beweis zu stellen, falls unser Opfer jemals in New York vorbeikommen sollte.«
    Am anderen Ende der Leitung folgte eine lange Pause. »Das klingt vielversprechend.«
    Es klang läppisch, aber es war die einzige Spur, die ich hatte, und daher die beste. »Ich lasse Sie wissen, was ich herausfinde«,
     sagte ich und legte auf.
    An der Mauer des Waschsalons hing ein altes Plakat von den letzten freien Wahlen in den Vereinigten Staaten. Neun Jahre Witterung
     hatten es ausgebleicht, und die Ecken waren eingerissen, doch das unversöhnliche Gesicht von Daniel Adamson war noch immer
     deutlich zu erkennen. Die einfachen, klaren Linien, mit denen die Flagge, das Kreuz und der Adler im Hintergrund gezeichnet
     waren, erinnerten mich an die alten sozialistischen Poster eines heroischen Proletariats, das Traktor fuhr und Stahl kochte.
    Daniel Adamson war ein unbekannter Abgeordneter aus Georgia gewesen, den eine Welle von Feuer und Schwefel bis ins Weiße Haus
     getragen hatte. Er hatte den Ältestenrat gegründet, heimlich, als »kurzfristige Notmaßnahme«, die einfach beibehalten wurde.
     Er war der Mann, auf den die Nation nach Houston blickte, und er erlöste uns alle von dem Schmerz, frei zu sein. Wahrscheinlich
     hätten sie ihn zum Präsidenten auf Lebenszeit gemacht, hätte er sich nicht schon vor dem Ende seiner zweiten Amtszeit aufgemacht,
     seinen Lohn in der Ewigkeit abzuholen. Es gab immer noch Wahlen, aber alle Kandidaten mussten vorher von den Ältesten gebilligt
     werden. Während der Orientierungsphase vor unserer Einschiffung hatte ein Colonel uns erklärt, die Wahlen im Iran liefen auf
     dieselbe Weise ab. Das sollte ein weiteres Beispiel für die Überlegenheit der amerikanischen Lebensweise sein. Das war es
     auch wirklich einmal gewesen.
    Ich kämpfte gegen den kindischen Wunsch an, das Poster zu bekrakeln. Jemand hatte bereits einen besseren Kommentar angebracht
     als ein Paar Teufelshörner. Neben dem Bild war in leuchtendem Grün aufgesprüht: »Matthäus 7, 15: Hütet euch vor den falschen
     Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe.« Für so eine heruntergekommene Gegend
     waren die Vandalen ganz schön gebildet. Ich ließ den alten Drecksack hängen und machte mich auf den Weg. Ich hatte Besseres
     zu tun als in einer Gasse zu stehen und mit der Vergangenheit zu ringen.
    Falls Smalls Mietshaus einmal bessere Tage gesehen hatte, lagen die vor meiner Geburt. Die rote Backsteinfassade hatte unter
     der Witterung, der Vernachlässigung und ein paar verirrten Gewehrschüssen gelitten. Ich ging die feuergeschwärzte Vorderveranda
     hinauf und war nicht überrascht, Smalls Namen nicht auf den wenigen intakten Briefkästen im Eingangsbereich zu finden. Die
     gesprungene Sicherheitstür ausGlas wurde von einem Besenstiel offen gehalten, um den Zugang zu Handel und Gewerbe im Haus zu erleichtern. Laut der Datei
     des
Kreuzzugs
wohnte Jack im dritten Stock. Der Lift steckte im Erdgeschoss fest, die Tür

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