Den Jakobsweg erfahren
kommenden Höhenmeter.
Er sieht, dass wir die Getränkeflaschen auffüllen und erzählt, dass sie kühle
Getränke in Bars bevorzugen. Ich erläutere ihm, dass wir in Frankreich ohne
mitgeführte Getränke wohl verdurstet wären, weil die Orte ausgestorben sind.
Hier auf dem Jakobsweg ist es zumindest nicht mehr erforderlich große Mengen
bei sich zu haben, weil es wirklich überall die notwendigsten Sachen zu kaufen
gibt. Wir unterhalten uns über die Routenplanung. Ich erzähle, dass wir nicht
an der Autobahn, sondern über die Berge fahren wollen und ernten von den
Spaniern größten Respekt. Carmen sagt, dass sie dem Weg über die Berge
kräftemäßig nicht gewachsen sei und sie deswegen an der Autobahn entlang fahren
werden. Während wir noch einen Moment verschnaufen, radeln die drei schon mal
los.
Wenig später hält es uns auch
nicht mehr hier. Nach kurzer Fahrt kommen wir an einem Wochenmarkt vorbei. Bei
einem Händler, der Ledersachen anbietet, mache ich eine Vollbremsung. Ich will
mir unbedingt einen Gürtel zulegen, denn meine Jeans rutscht mir ständig von
den Hüften. In den letzten Tagen hat mir Timo immer seinen geliehen. Das muss
ein Ende haben. Ich finde in dem breiten Sortiment schnell einen, der mir
gefällt und schließe wieder zu Timo und Siggi auf, die schon langsam weiter
gefahren sind. Zur Bergetappe müssen wir hier irgendwo nach rechts abbiegen. Es
lässt sich jedoch kein Symbol finden, dass nach rechts zeigt. So fahren wir
weiter und landen schließlich auf einem Weg entlang der Autobahn. Vielleicht
ist es auch gut so, denn das Tragen der Räder über eine Strecke von 2
Kilometern hätte uns sicher ziemlich zugesetzt. Falsch ist der Weg nicht, denn
auch Fußpilger sind hier zu sehen. Landschaftlich ist es, zumindest auf der
linken Seite, auch sehr reizvoll. Ein Fluss, der Rio Valcarce, windet sich durch
den Fels. Auf der anderen Seite ist die Autobahn.
An einer Raststätte, auf der
anderen Seite der Autobahn, sind die Spanier. Die machen schon wieder eine
Pause. Als sie uns bemerken, rufen sie uns zu. Wir fahren zu ihnen herüber und
ich meine mich rechtfertigen zu müssen, warum wir nicht den Höhenweg genommen
haben. Ich sage ihnen, dass wir den Weg, der nach rechts hätte abgehen müssen,
nicht gefunden haben. Die einzige Möglichkeit, wo der gewesen sein könnte, wäre
am Wochenmarkt gewesen. Vielleicht haben die Stände die gelben Camino-Wegweiser
verdeckt. Sie lächeln gnadevoll. Damit ist das Thema beendet.
Von einem Obsthändler, der hier
seinen Stand hat, haben sie sich Mandarinen geholt, die sie gerade essen. Das
wollen wir auch. Timo holt sich Apfelsinen, Siggi und ich Bananen. Die drei
wollen auch nach O’Cebreiro. Der Jakobsweg geht, so sagt Antonio, ab Las
Herrias über eine schmale Straße steil nach oben. Sie wollen hier abweichen und
auf der Nationalstraße für ein Stück weiterfahren. Die Strecke sei zwar länger,
aber besser zu fahren. Die Pilgerherberge liegt auf dem Gipfel, der höchsten
Erhebung des Camino Frances und liegt schon in Galicien, der nordwestlichsten
Region Spaniens. Wieder sind Carmen und ihre Begleiter früher startklar als
wir. Wir geben ihnen noch etwas Vorsprung und machen uns dann auch auf den Weg.
Bereits nach einem kurzen Stück
haben wir die drei eingeholt. Timo und Carmen liefern sich vor dem Anstieg noch
ein Wettrennen. So die Kraft zu verplempern ist, so finde ich, ganz schön
leichtsinnig, wie sich noch zeigen soll.
Irgendwann ist Carmen am Ende und
Antonio sagt mir, dass sie deswegen einen weiteren Stop machen müssen. Ich
drücke ihm mein Unverständnis über die Extratour der beiden aus und dann
trennen sich unsere Wege erneut.
An der Abzweigung nach Las Herrias
machen wir noch einmal einen kurzen Stopp. Unsere Radpilgerkarte zeigt für
beide Strecken die Symbole starker Steigungen. Und wir wollen ja den richtigen
Jakobsweg fahren. So steht schnell fest, dass wir über Las Herrias fahren. Der
Weg geht nun 8 Kilometer mit einer Steigung von 10 % nach oben. Das hört sich
nach nicht all zu viel an, ist jedoch mit Gepäck schon ziemlich anstrengend.
Ich bin am Rande meiner Kräfte. Wir fahren immer ein kurzes Stück und müssen
dann zwangsweise halten, weil es einfach nicht mehr geht. Wenn alle wieder
einigermaßen fit sind, geht es ein Stück weiter. Kurz bevor wir O’Cebreiro
erreichen, kommen wir an einem Grenzstein vorbei. Wir sind in Galicien. Ein
Fußpilger aus Deutschland, ein junger Mann, der eigenartige Schuhe an
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