Den Jakobsweg erfahren
hat,
rastet hier auch einen Augenblick. Die Schuhe sehen so aus wie Taucherflossen,
denen man die Flosse abgeschnitten hat. Meiner Frage folgt ein kleiner Vortrag.
Es sind Neoprenschuhe aus den USA. Der letzte Schrei. Sehr angenehm zu trage,
man spürt jedoch jeden Stein. Dann ist’s genug und es geht weiter.
Als wir endlich die Klosterkirche
O’Cebreiro erreichen, sind wir total gar. Zuerst genießen wir die schöne
Aussicht. Stumm und jeder für sich. Dann fahren wir zur Klosterkirche rüber. Bettwäsche
hängt zum Trocknen auf der Leine und flattert im Wind. Es sind sehr viele
Pilger und Touristen hier oben.
Die Holländerin, mit der ich mich
in der Herberge in, ich weiß nicht mehr wo, unterhalten hatte, hat gesagt, dass
wir hier unbedingt hinein gehen sollen. Zu der Klosterkirche gibt es ein
Wunder:
Das Blutwunder von O’Cebreiro
„Der Priester bereitet in der
stürmischen verschneiten Winternacht die Weihnachtsmesse vor. Kurz bevor er mit
der Messe beginnen will, hat sich immer noch kein Einwohner aus der Umgebung
eingefunden, und so will er die Kirchenpforte wieder schließen. Da steht ein
Bauer aus dem Tal, der sich einsam durch die eisige Winternacht auf den „Camino
Duro“ nach oben gequält hat, um das Abendmahl zu empfangen. Der Priester will
die Messe aber nicht für den einen dummen Bauern lesen und versucht ihn
abzuwimmeln, der Bauer aber beharrt auf seinem Recht und setzt sich fest
entschlossen in eine der Kirchenbänke. Notgedrungen liest der Mönch die Messe
und reicht ihm im Anschluss das Abendmahl. Da verwandelt sich der Wein in Blut
und die Hostie in Fleisch. Der Kelch, der Wundergral, und die Patene, der
wundersame Hostienteller, sind in der Kirche immer noch zu bewundern.“ (Quelle:
Yilmaz Günes, abgerufen: 3/2012)
“Der Legende nach sind die beiden
Protagonisten dieses Wunders in den Nischen der Kirche beigesetzt. Der gläubige
Bauer in der vorderen und der ungläubige Mönch in der hinteren Nische. Die
Bevölkerung schmückt die Grabnische des Bauern mit Blumen und Opferkerzen
regelmäßig. Die Grabnische des ungläubigen Mönchs bleibt ungeschmückt.”
(Quelle: Jakobusfreunde Paderborn, abgerufen: 3/2012)
“Das “Wunder von O Cebreiro” ist
ein durch die katholische Kirche offiziell anerkanntes Hostienwunder”. (Quelle:
Wikipedia, abgerufen: 3/2012)
Timo möchte lieber draußen bleiben und passt auf die
Räder auf. Siggi und ich gehen hinein und holen zunächst einen Stempel und
setzen uns dann in auf eine Bank. Siggi rechts, ich links.
Zuerst denke ich an nichts. Dann
fange ich an zu beten. Ich weiß gar nicht mehr, wie lange ich das schon nicht
mehr gemacht habe. Irgendwann habe ich damit einfach aufgehört. Warum weiß ich
nicht. Während ich so da sitze wird der Atem schwer und Tränen kullern über
meine Wangen. Ich lasse es einfach geschehen.
Nach einer ganzen Zeit sehen Siggi
und ich uns an und stehen auf. Wir wollen Timo nicht so lange warten lassen.
Unterwegs zu Timo erzählt Siggi mir, dass es ihm in der Kirche genauso ergangen
sei wie mir. Er hat für seine Nichte Jessica gebetet, die sechs Wochen vor
unserem Aufbruch an einem Hirntumor verstorben war. Jessica ist gerade einmal
27 Jahre alt geworden. So alt wie meine Tochter Dana. Viel zu früh.
Als wir bei Timo ankommen,
empfehlen wir ihm eindringlich, auch hinein zu gehen und sich für einen Moment
hinzusetzen, aber er möchte nicht. So brechen wir auf. Schiebend geht es durch
den kleinen Ort. Die Häuser hier oben haben alle, bis auf die Herberge, die
nagelneu ist, Strohdächer und sind mit grauen Felsbrocken aufgemauert. So
stellt man sich das Dorf der Gallier in Asterix und Obelix vor. Richtig süß.
Die Herberge können wir zunächst nicht finden und fragen Pilger nach dem Weg.
Die lachen und sagen, auf das neue Gebäude zeigend, dass wir direkt davor
stehen. Manchmal sieht man eben den Wald vor lauter Bäumen nicht.
Nachdem wir eingecheckt und einen
Stempel in unser Buch bekommen haben, kommen die drei Spanier an. Wir haben uns
ja ewig nicht mehr gesehen, und so begrüßen wir uns herzlich. Carmen brauchte
wohl einige Zeit, bis sie sich erholt hat. Sie kann ein wenig, Antonio ganz
wenig und Kino gar kein Englisch. Schade, so sind die Unterhaltungen holperig.
Aber es geht. Ich hätte vor dem Start etwas Spanisch lernen sollen. Das ist
jetzt aber zu spät und ein paar Brocken kann ich ja.
Wir werden oben links und die
Spanier oben rechts einquartiert. Für uns sind noch drei Betten am
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