Den Jakobsweg erfahren
dem Fahrstuhl wieder nach oben
und dann zu den Fahrrädern. Als wir dort ankommen, wird immer noch gestikuliert
und diskutiert. Die Flughafenmitarbeiterin kommt ziemlich schnell zum Punkt:
Entweder Vorderrad ausbauen, damit die Räder nur so breit sind, dass sie auf
dem Gepäckband an der Metallnase vorbei kommen, oder sie bei dem
professionellen Verpackungsdienst in einen Karton stecken lassen.
Alternative zwei scheidet
mittlerweile allein schon aus Zeitgründen aus, denn unser Flug wird bereits
aufgerufen. Um die Vorderräder ausbauen zu können, muss vorsichtig ein wenig
Panzerband von der Plastiktüte entfernt werden, damit man mit dem Arm in die
Tüte greifen und den Schnellverschluss des Vorderrades öffnen kann. Dass
Panzerband wird zum erneuten verschließen der Tüte noch benötigt, denn wir
haben kein Klebeband mehr übrig. Das hätten wir beim Zoll sowieso abgeben
müssen, weil es sich auch zum Fesseln von Personen eignet.
Daher wird das Klebeband
sorgfältig nur ein Stückchen gelöst und dann der Schnellverschluss geöffnet. So
fällt das Vorderrad aus der Gabel und kann neben dem Rahmen gelegt werden.
Jetzt ist das Paket deutlich kleiner. Beim Hantieren fällt mir wieder ein, dass
wir uns über den Verpackungsdienst lustig gemacht haben, als sie vergaßen, das
Vorderrad mit in den Karton zu legen. Da hätten wir stutzig werden sollen.
Nachdem die erste Tüte mit dem
vorhandenen Tape wieder verschlossen worden ist, und die Offiziellen zustimmend
nicken, legen wir die Verpackung auf das Band und tatsächlich, es ist nun so
schmal, dass es ohne Hinwegheben an der Metallnase vorbeigeht.
Schnell sind die anderen beiden
Räder auch entsprechend der Vorgaben verpackt und verschwinden auf dem
Gepäckband in den Katakomben. Puh, dass war schweißtreibend. Hoffentlich
überstehen die Räder den Transport unbeschadet. So mancher Koffer sieht nach
einem Flug mitunter ziemlich ramponiert aus. Wir wollen damit morgen früh von
Münster nach Hause fahren. Und wie befestigen wir ohne Siggis 15er
Maulschlüssel die Pedalen? Wir haben bis zur Abfahrt von Münster noch einige
Stunden. Da fällt uns sicherlich noch etwas ein.
Wir gehen wieder durch den Zoll.
Diesmal gibt es nichts, was beanstandet wird. Wir setzen uns in dem
Wartebereich vor das Gate, wo unser Flieger schon abflugbereit steht, neben
eine Dame. Hier warten schon viele Fluggäste auf das Boarding.
Mit der Frau kommen wir ins
Gespräch. Wir haben sie und sie uns als Pilger entlarvt. Sie kommt aus
Düsseldorf und ist zu Fuß nach Santiago gegangen. Sie sagt, dass sie sehr viele
Leute kennen gelernt hat und meint deshalb, dass der Weg heilig ist.
Der Weg führt wirklich Menschen
von allen Kontinenten zusammen. Sie reden, teilen und helfen einander. Sie
essen gemeinsam und schlafen in Herbergen unter einem Dach. Das ist
Völkerverständigung pur. Mehr geht nicht. Recht hat sie.
Bei dem weiteren
Erfahrungsaustausch erfahren wir von einander, dass auch sie ein Tagebuch
geführt hat. Wir stellen fest, dass leider nicht alles, was einem so passiert,
seinen Weg in die Tagesnotizen findet. Man hätte statt am Tagesende, mitunter
total ausgelaugt, die schriftlichen Aufzeichnungen zu machen besser eine
Videokamera mit einem mehrwöchigen Speicher permanent betreiben können.
Auch sie freut sich, bald andere
als die seit Wochen gewohnten, leicht muffigen, Sachen anziehen zu können und
meint, dass die Pilger in der Maschine bestimmt im Heck, hinter einer
spanischen Wand, ihren Sitzplatz zugewiesen bekämen. Die Angst vor dem Fliegen
vertreibt sie sich mit dem Gedanken, dass wir mit dem Wandeln auf dem Jakobsweg
zu den Erleuchteten gehören. Der Herr könne nicht wollen, dass uns etwas
zustößt, meint sie. Ganz sicher nicht, beruhige ich sie, obwohl ich selbst nach
einigen negativen Erfahrungen etwas flugängstlich bin.
Dann geht es hinein. Es gibt keine
spanische Wand. Die normalen Fluggäste müssen unsere Pilgergerüche so ertragen.
Ruck zuck hebt die Maschine ab und wir haben einen ruhigen Flug über das
wolkenlose spanische Festland.
Die Pedalen haben je ein Rechts-
und ein Linksgewinde klingen die Worte von Christoph Risse, unserem
Zweiradhändler, und Phlillip, seinem Mechaniker, plötzlich in meinen Ohren. Das
ist die Lösung. Man braucht die Pedalen nur „handwarm“ (mit muskelkraft)
anziehen, denn sie ziehen sich selbst fest. Siggi und Timo, die Handwerker,
sehen mich skeptisch an, als ich ihnen das versuche zu erklären. Dem Beamten
wird nicht
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