Den lass ich gleich an
verspiegelte Sonnenbrille, auf seiner pelzigen Brust blinkte eine schwere Goldkette.
»Was – was machst du denn hier?«, fragte sie benommen, während kalte Panik in ihr hochkroch.
»Die Sonne genießen«, behauptete Mike, der sich breitbeinig vor Lulu aufbaute. »Hättest du mal ’ne Minute für mich?«
»Keine Minute, keine Sekunde. Ich habe überhaupt keine Zeit«, erklärte Lulu mit ihrer eisigsten Stimme.
»Komisch, vor kurzem hattest du noch jede Menge Zeit für mich«, widersprach Mike mit öligem Lachen. »Ich kann kaum glauben, dass du unseren schönen Abend neulichschon vergessen hast. Den Abend, an dem wir uns so nah gekommen sind. Und wer ist überhaupt der da?«
Er deutete mit dem Kopf auf Alex, der stumm zwischen Lulu und Mike hin- und hersah. In seinen Augen malte sich grenzenlose Enttäuschung.
Lulus Kopf summte wie eine defekte Glühbirne. Das hier geschah nicht wirklich. Mike verstieß gegen alle Regeln der internationalen Menschenrechtskonvention.
»Vielleicht sollte ich besser gehen«, sagte Alex. Seine Stimme klang belegt. »Man sieht sich.«
Lulu war zum Heulen. »Nein, bitte bleib. Das ist nur ein Kollege. Und er hat hier absolut nichts zu suchen!«
Aber Alex packte schon seine Sachen. »Ich habe den Eindruck, dass ihr euch doch ein wenig näher steht. Sprecht euch ruhig aus.«
Während Lulu wie ein Häufchen Elend in sich zusammensank, füllten sich ihre Augen mit Tränen.
»Bitte geh nicht«, bat sie. »Dieser Komiker bedeutet mir nichts. Überhaupt nichts.«
Unschlüssig stand Alex da. Dann nickte er Lulu zu und ging. Aus und vorbei.
Doch nach was sah Mikes Auftritt denn aus? Selbst ein unbefangener Beobachter hätte eine Eifersuchtsszene gewittert. Lulu verfolgte Alex’ Gestalt mit den Augen. Mit schleppenden Schritten wanderte er durch den Sand zum anderen Ende der Bucht.
»Sei froh, dass du ihn los bist«, riss Mike sie aus ihren Gedanken. »Der ist nichts für dich.«
»Was?« Lulu sprang auf. Dann versetzte sie Mike eine schallende Ohrfeige. »Was bist du für ein hundsgemeiner Kerl!«, schrie sie. »Erst terrorisierst du den armen Philipp, und jetzt mischst du dich auch noch in mein Privatleben ein!«
Ringsum verstummten die Gespräche. Mütter hörten auf, ihre Kinder einzucremen, Väter ließen ihre Zeitung sinken. Auch der Rentner von nebenan schaute mit offenem Mund zu. Alle begafften das Schauspiel, das eine willkommene Abwechslung an diesem eintönigen Strandtag versprach.
»Ach was, ich habe dich nur vor einem Fehler bewahrt«, sagte Mike selbstgefällig, während er sich die Wange rieb. »Was ist schon so ein lachhafter Urlaubsflirt gegen die Chance deines Lebens?«
Lulu starrte ihn hasserfüllt an. »Chance? Bist du betrunken, oder bist du wirklich so bösartig?«
Mike ließ sich seelenruhig in den frei gewordenen Liegestuhl fallen. Er wischte sich ein paar Schweißperlen von der gebräunten Stirn.
»Ist ja ganz nett hier«, sagte er, »aber ich habe für dich schon in einem Fünf-Sterne-Schuppen gebucht. Wir haben die größte Kampagne abgeräumt, die zur Zeit zu haben ist. Und du wirst sie fotografieren. Die Auftraggeber haben deine Joghurtfotos gesehen und sind ganz heiß auf dich. Wenn du dich ins Zeug legst, können wir Preise ohne Ende gewinnen!«
»Wir, ich höre immer nur wir«, rief Lulu völlig außersich. »Es gibt kein Wir. Verschwinde, oder ich rufe die Polizei.«
Ohne einen Anflug von Irritation verschränkte Mike die Arme hinter dem Kopf. »Weißt du, was ich so an dir mag? Dein Temperament. Jetzt komm mal runter. Ich biete dir gerade den Job deines Lebens an. Wenn du mitmachst, hast du ausgesorgt. Ein neues Auto, eine schicke Wohnung, shoppen, bis das Portemonnaie um Gnade bettelt. Und wer weiß, vielleicht wird das ja doch noch was mit uns …«
Der letzte Satz war purer Hohn gewesen. Nun hatte Lulu endgültig genug. Sie sprang auf, wickelte ihren Pareo um die Hüften und riss die Strandtasche an sich. »Lieber esse ich bis an mein Lebensende Knäckebrot, als noch einmal mit einem Schuft wie dir zu arbeiten! Wie hast du mich überhaupt gefunden?«
Mike grinste wieder. »Berufsgeheimnis. Aber um auf mein grandioses Angebot zurückzukommen: Denk darüber nach. So eine Gelegenheit kommt nicht noch mal!«
Es hatte keinen Sinn. Wütend wandte sich Lulu zum Gehen. Eigentlich wollte sie hinter Alex herlaufen, doch er war nicht mehr zu sehen in dem Gewühl der Urlauber. Also lenkte sie ihre Schritte zum Hotel. Ihre Beine waren schwer wie
Weitere Kostenlose Bücher