Den letzten Abschied selbst gestalten
verabschieden.«
Solange es nur um das Dreieck Bestatter, Verstorbene und Angehörige geht, glaubt Ronald de Schutter alles zufriedenstellend regeln zu können. Wenig erbaut aber ist er von der Zusammenarbeit mit so manchen Behörden, Kirchen und Friedhofsverwaltungen. »Inzwischen dauert es oft zehn bis zwölf Tage bis zur Beerdigung, obwohl das nach dem Gesetz innerhalb einer Woche passieren sollte. Ab Freitagmittag aber geht nichts mehr, samstags, sonntags ohnehin nicht, montags treten die Pastoren ungern an. Es bleiben also nur ganz wenige Bestattungstage. Das ist unschön für alle, denn dann gibt es drei, vier Bestattungen in kurzer Abfolge und Stress für alle Beteiligten. An anderen Tagen ist dann gar nichts zu tun.« Gleichzeitig gebe es so viele Vorschriften, dass bei einem seriö-sen Bestatter ständig die rote Lampe angehe: Verstößt dies oder das gegen die Gesetze? Wie ist die Satzung nun wieder auf diesem Friedhof? Wie sind die Gebühren? Brauche ich dafür eine Genehmigung? »Wir fühlen uns oft wie der verlängerte Arm der Kommune, und wenn wir mal einen Vorstoß machen, heißt es, ›Sie haben Wünsche? Wir haben Gesetze!‹«
Gerade habe er einen solch absurden Fall erlebt, bei dem eine Familie ihr zu früh geborenes totes Baby für den Abschied in einem Sarg in den Räumen ihrer Freikirche aufbahren wollte. »Der zuständige Sachbearbeiter der Behörde hat ihnen das strikt verboten. Das verstoße gegen die Gesetze. ›Wir holen den Sarg eigenhändig aus der Kirche raus, wenn Sie es trotz-dem machen‹, hat er der Familie gedroht.« Der Kaiserslauterner Bestatter rät den Angehörigen im Gespräch inzwischen: »Kümmert euch nicht um Genehmigungen, lebt euer Leben. Gestaltet den Abschied so, wie ihr wollt. Manchmal muss man auch die Grauzonen nutzen.« Das aber falle vielen Menschen schwer. »Wir sind einerseits sehr verwöhnt, weil der Staat alles für uns erledigt, andererseits macht uns das zu unsicheren Untertanen, die ständig fragen ›dürfen wir das denn‹?«
Sein Wissen weiterzugeben, nennt de Schutter »eine Herzensangelegenheit«. Im Auftrag des Verbandes der Dienstleistenden Thanatologen ( VDT ), dem 100 Fachleute angehören, und als Präsident der European Association of Embalmers bietet de Schutter anderen Bestattern regelmäßig Schulungen in Hygiene und zur Restaurierung von Leichen an. Hospizgruppen bekommen von ihm eine Einführung in rechtliche Grundlagen oder in die ersten Schritte der richtigen Versorgung der Toten.
Die thanatologische Behandlung in Deutschland
Fragen an Ronald de Schutter
Was versteht man unter Thanatologie?
Damit ist die Beschäftigung mit allen Aspekten des Sterbens und des Todes gemeint. Die Themen werden zum einen aus soziologischer, philosophischer und psychologischer Sicht behandelt, wozu es auch einen eigenen Lehrstuhl für Thana-tologie an der Universität Mainz gibt. Zum anderen gehören dazu gute physiologische und anatomische Kenntnisse, die bei der Ausbildung zum Thanatologen vermittelt werden.
Gehört dazu auch das Einbalsamieren?
Ja, durchaus. Einbalsamieren hat nichts mehr mit dem ägyptischen Totenkult zu tun. Es geht nicht um die Erhaltung des Leichnams für die Ewigkeit, vielmehr sollen die natürlichen körperlichen Veränderungen nach dem Tod für einen begrenzten Zeitraum unterbrochen werden. Dadurch behält der Verstorbene ohne Kühlung sein Erscheinungsbild, und man kann sich in aller Ruhe von ihm verabschieden. Die Angehörigen müssen dafür allerdings ihre Zustimmung erteilen.
Wann ist eine Einbalsamierung sinnvoll?
Als schnellwirkendes Verfahren bewirkt die Einbalsamierung eine innere wie äußere Desinfektion des Leichnams. Angehörige und Freunde müssen ja heute oft weite Strecken für eine Beerdigung zurücklegen. Umgekehrt gibt es viele Auslandsüberführungen. Wenn es in die Vereinigten Staaten geht, ist die Einbalsamierung ohnehin vorgeschrieben. Diese Technik wird in absehbarer Zukunft den verlöteten Zink-sarg ersetzen. Ein wichtiger Grund kann auch die Präsentation sein. Vorausgegangene Krankheiten wie auch der Tod selbst führen zu Veränderungen der Hautoberfläche und zu Verfärbungen. Wir benutzen feuchtigkeitsregulierende Sub-stanzen und Kosmetika, um ein lebensnahes Aussehen zu er-reichen, allerdings so, dass man es möglichst gar nicht wahrnimmt.
Wie sieht es nach Unfällen aus?
Rekonstruierende Behandlungen, übrigens auch nach Obduktionen, sind ein Spezialfach. Hier gilt es, das Aussehen möglichst
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