Den letzten Abschied selbst gestalten
Kapelle roch nach Hyazinthen, ihren Lieblingsblumen. Mein Bruder spielte die Orgel, eine Verwandte sang, die Pastorin stellte das Leben unserer Mutter dar, ein bisschen lebte sie noch. Auch der Abschied am Grab ging vorüber. Das gemeinsame Essen im Anschluss tat uns allen gut. Sie war noch unter uns, wir erinnerten uns ihrer, erzählten. Ich erfuhr manches, was ich vorher noch nicht wusste. Es tat gut, Verwandte und Freunde um sich zu haben.
Später gingen wir noch einmal zur Grabstelle. Das gesamte Familiengrab war geräumt und glattgemacht worden. Die drei Steine und das Kreuz waren verschwunden. Den Erdaushub des Grabes unserer Mutter hatte man auf die anderen zwei Grabstellen getürmt statt auf den Weg. Keiner hatte uns informiert, man wollte uns nicht in unserer Trauer stören, war die Antwort.«
Verbraucherberatung rund um die Bestattung
Aeternitas e. V. nennt sich die Verbraucherinitiative Bestattungskultur, die 1984 von einigen über das herrschende Bestattungsangebot verärgerten Bürgern und Bürgerinnen gegründet wurde. Inzwischen betreut der Verein 50 000 Mit- glieder im ganzen Bundesgebiet und zählt auf seiner Seite www.aeternitas.de jährlich 500 000 Zugriffe. Er informiert über neue Entwicklungen im Bestattungswesen und berichtet über schwarze Schafe in der Branche.
Auch Nichtmitglieder können sich Broschüren und Checklisten für den Trauerfall zuschicken lassen, die Rechtsdatenbank nutzen und die Friedhofsgebühren in mehr als 800 Städten und Gemeinden miteinander vergleichen. Gleichzeitig werden Kostenrechner für Bestatter, Gärtner und Steinmetze zur Verfügung gestellt sowie eine Preisübersicht über einzelne Bestatterleistungen bereitgehalten.
Der Link »Gute Bestatter« steckt noch in den Anfängen, große Städte wie Hamburg, Berlin und München sind noch nicht vertreten. Das liegt möglicherweise an der nicht geringen Gebühr, die für die Aufnahme in diese Rubrik jährlich zu zahlen ist.
Sarg, Aschenkapsel und Urne
Der Sarg – ein anständiges Gehäuse?
Der Architekt Egon Eiermann, der u.a. die neue Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin entworfen hat, war seiner Zeit eindeutig voraus, als er 1960 von der »entsetzlichen Hässlichkeit« deutscher Särge sprach. »Wenn so etwas meine letzte Stube sein soll, möchte ich nicht begraben sein«, sagte er. Er machte sich dann selbst daran, einen »anständigen Sarg«, ein »würdiges Gehäuse« zu entwerfen – ein gerades Modell mit glatten Linien, ohne jede Verzierung, dafür mit strengen seitlichen Tragehölzern und raffinierten Verschlüssen. Das Ganze in einem matten Blau – dieser zeitlos elegante Sarg würde auch heute noch Preise gewinnen. Doch das Bestattungsgewerbe hat den Entwurf damals nicht aufgegriffen und auch heute nicht im Angebot. Stattdessen beherrscht, wie Eiermann schon vor 50 Jahren formulierte, weiterhin »barocker Kitsch, abscheuli-cher Pomp« das Angebot.
Das stellte auch 2002 eine Gruppe junger Studenten der Design-Hochschule Halle bei einer Marktuntersuchung fest. »Solche Särge wurden schon benutzt, als das Pferd noch das wichtigste Fortbewegungsmittel war«, heißt es in ihrem Bericht. Die 25 -Jährigen hielten es jedoch »für unangemessen, in einem Sarg Eiche rustikal mit Ornamenten aus dem 19 . Jahrhundert von dieser Welt zu scheiden«. Ihr Fazit: Die gesamte Bestattungsszene leide unter einer »Omaisierung«.
Dass eine »Wulstsonderschnitzung« nicht mehr zeitgemäß ist, hat ein großer Teil der Sargindustrie aber immer noch nicht verstanden. Der Verband der Bestattungs-Zulieferer in Bonn beklagt, dass im letzten Jahr mit 190 000 Stück schon wieder 15 Prozent weniger in Deutschland hergestellte Särge verkauft wurden und sich der Umsatz der Sargbranche seit dem Jahr 2000 mehr als halbiert habe (auf 37 Millionen Euro im Jahr 2007 ). Für den Verband aber sind die »Hauptursachen«: 1 . der Verfall der Bestattungskultur, 2 . Abschaffung des Sterbegeldes, 3 . Importdruck und hohe Rohstoffkosten.
Natürlich sind die billigeren Sargmodelle, die vor allem aus Polen und Tschechien importiert werden, für deutsche Hersteller ein Problem. Aber eines, mit dem jedes Gewerbe in der EU zu kämpfen hat. Dass die Branche im 21 . Jahrhundert immer noch weitgehend fünfziger-Jahre-Chic herstellt, scheint kein Anlass für Selbstkritik und Innovation zu sein. Allerdings sagen auch hier (wie bei den Urnen) einige Hersteller, dass es die extrem konservativen Bestattungsunternehmen seien, die den Geschmack
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