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Den letzten Abschied selbst gestalten

Den letzten Abschied selbst gestalten

Titel: Den letzten Abschied selbst gestalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalena Koester
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Pilger und Pioniere gemacht haben. Es ist doch eine Erfindung des 20 . Jahrhunderts, Leute chemisch zu behandeln, in teure Särge zu stecken und auf rausgeputzten Friedhöfen zu bestatten. Naturbestattungen sind so alt wie der Tod selbst«, sagt Josh Slocum von der Funeral Consumer Alliance.
    Der Naturfriedhof in Greensprings war ursprünglich Weide-gebiet. Wer hier beerdigt werden möchte, darf sich nicht einbalsamieren lassen und muss einen biologisch abbaubaren Sarg benutzen. Die Gräber werden nicht speziell gekennzeichnet. Kleine flache Steine mit eingraviertem Namen sind erlaubt.
    In England hat Hazel Selina das ultimative Design für umweltfreundliche Särge und Urnen entworfen. Als junge Frau hatte sie zunächst aus Wut über die Entmündigung von Schwangeren ein Zentrum für natürliche Geburt gegründet, um sich in ihrer nächsten Lebensphase dann mit Särgen zu beschäftigen, nachdem sie für einen Bekannten das dürftige Angebot gesichtet hatte. »Ich war absolut entsetzt, wie trostlos und vergiftet die ganze Prozedur vonstatten geht. Die Krematorien geben jede Menge Karzinogene in die Luft ab, und Särge sind voll mit Formaldehyd und Pressspan«, schreibt sie auf ihrer Webseite. Acht Jahre hat die Unternehmerin in die Entwicklung ihrer »ecopods« gesteckt. Herausgekommen ist ein Sarg, dessen Form an einen Wal in Bewegung erinnert und der aus Recyclingpapier und einem mineralischen Härtungsmittel besteht. Es gibt dieses beeindruckende Designerstück in Grün, Rot und Blau, verziert mit goldenen Blättern oder Seiden- papier. Die aus ähnlichem Material hergestellte Urne in moosgrün mit braunem Deckel ähnelt in der Form einer putzigen Eichel mit Hütchen, aus dem ein Stück Kokosschnur herausragt. »Die Leute halten oft die Luft an, wenn sie meine bunten Werke in der Kirche stehen sehen«, erzählt Hazel Selina. Dass sie sich lange mit Geburten und nun mit dem Tod beschäftigt, findet sie ganz naheliegend. »Beides sind grundlegende Ereignisse in unserem Leben, beides sind Übergänge.«
    In England wie in den USA ist das private Verstreuen der Asche erlaubt. Zwei Berichte sollen exemplarisch dafür stehen:
    Chris, 52 Jahre, USA
    »Meine Asche soll mit dem Wind in den Atlantischen Ozean getragen werden, hatte mein Vater uns immer wieder beschworen. Also traf ich mich an einem verregneten Tag im Januar mit meiner Mutter am Strand von Daytona Beach in Florida, wo uns der Pastor der Gemeinde und ein Captain mit Boot, das wir extra gemietet hatten, erwarteten. Plötzlich kam Sturm auf, und der Captain weigerte sich, hinaus zu fahren. Meine Mutter brach deshalb fast zusammen, und ich musste sie schnell nach Hause bringen. Ich versprach ihr hoch und heilig, eine schöne Abschiedszeremonie mit Vater zu machen und fuhr wieder zum Strand. Dort betete ich eine Weile und hielt Zwiesprache mit meinem Vater, bevor ich die Urne öffnete. Sofort nahm der heulende Sturm die Asche auf und wirbelte sie hinaus aufs Meer, wo sie das Dunkel verschluckte. Ich öffnete ein Kästchen und schickte hunderte getrockneter Rosenblätter hinterher. Eine Gruppe winziger Seevögel beobachtete mich, und als ich Amazing Grace sang, tanzten sie Ballett über den hereinbrechenden Wellen. Dieser Tanz der Vögel, die schlagenden Wellen unter dem laut tönenden Sturm, das war ein Drama, mit dem mir die Natur auf ihre Weise beim Abschied von meinem Vater half.«
    Esther, 59 Jahre, Großbritannien
    »Beim ersten Mal waren wir noch sehr unbeholfen. Wie hält man so eine Urne, wenn man sie im Krematorium abholt? Unter den Arm nehmen ging wohl nicht. Also trug mein Bruder die Asche unseres Vaters wie eine Monstranz vor sich her nach Hause. Da wusste dann jeder, was das war. Später fuhren wir mit unserer Mutter und Vaters Asche zwei Wochen aufs Land im Norden Englands, wo unsere Eltern aufgewachsen waren und ihre glücklichste Zeit gehabt hatten. Wir zögerten die Abschiedszeremonie immer wieder hinaus, bis Mutter am letzten Abend sagte, so, jetzt aber! Also gingen wir drei bei Vollmond los, die Katze immer hinterher. Unser Ziel kannten wir genau – ein schöner Platz auf einem Felsvorsprung, hoch über einem Stausee und umgeben von Schafen. Die Asche war in einem hässlichen Plastikbehälter mit Stanniolverschluss. Wir machten ihn mühsam ab und verstreuten dann gemeinsam die Asche. Nie hätte ich gedacht, dass sie so weiß war. Wir lachten und weinten und waren froh, an diesem gesegneten Ort zu sein.
    Vor ein paar Jahren haben wir auf Wunsch

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