Den letzten beißt das Schwein
Karin war laut ihrer letzten SMS in der Nannen-Villa, auf dem Hagenhof passte Grabowski auf, und ein Verdächtiger hockte gerade im gleichen Restaurant.
»Genau. Ist das nicht der Hammer?«, prustete er los.
»Da hat er sicher einige Internetforen durchforstet, um die passende Frau zu finden.« Nun musste auch ich lachen. »Horst Kaminski, geschieden, sucht Marge zum Heiraten. Aussehen und Alter egal.«
»Nicht geschieden. Seine Frau ist gestorben, als sich bei einem Fahrgeschäft auf der Cranger Kirmes ein paar Schrauben gelöst haben. Tragisch, oder?«
»Ist sowieso zu voll dort. Für einen fettigen Backfisch muss man da eine halbe Ewigkeit anstehen.«
»Igitt, ein Perverser. So, jetzt lass hören: Was willst du über den legendären Horst wissen?« Lindner hatte wieder in den Flüstermodus gewechselt.
»Alles, was in deinem Kopf gespeichert ist. Und das ist erfahrungsgemäß nicht wenig.«
»Danke für die Blumen. Letztes Jahr habe ich einen Prozess gegen ihn geführt, den ich — Überraschung — verloren habe. Mein Mandant ist nämlich kurz vor den Schlussplädoyers eingeknickt. Gesundheit ist ein hohes Gut, und die sah er wahrscheinlich gefährdet.«
»Worum ging es bei dem Rechtsstreit?« Es kam selten vor, dass Klaus einen Prozess verlor.
»Zinswucher. Wir hätten Kaminski sogar drangekriegt, wenn mein Mandant nicht plötzlich kalte Füße bekommen hätte. Alles in allem war es dann aber nicht tragisch, denn von dem geliehenen Geld hat er irgendein Computerprogramm entwickelt, mit dem er nun Millionen scheffelt.«
»Du hast Bill Gates vertreten?«
»Witzig. Irgendwas mit Prozesskostenrechnung für international agierende Großunternehmen.«
»Interessant, womit sich Leute freiwillig beschäftigen.« Ich fühlte mich an mein Betriebswirtschaftsstudium erinnert.
»Zumindest für mich, denn so hat er nicht nur mein Honorar anstandslos beglichen, sondern auch noch einen Bonus draufgelegt. Das ist bei den nicht gerade knapp bemessenen Anwaltshonoraren eine Seltenheit.«
»Zocken und Zinswucher. Hat Kaminski noch mehr auf dem Kasten?«
»Viel mehr ist da nicht zu holen. Eine Zeitlang hatte er mal ein paar Prostituierte unter seinen Fittichen, aber die Konkurrenz war zu stark. Horst ist zwar nicht zimperlich in seinen Methoden, aber mit den richtig harten Jungs kann er nicht mithalten.«
»Wie komme ich an ihn ran? Wo wohnt er?«
»Du bist schon dort gewesen. Er residiert direkt über seiner Dülmener Spielhölle. Marge gehört der Blumenladen nebenan. Aber in seine Bude kommst du nicht rein, die ist besser gesichert als Fort Knox. Die Spielhalle würde ich auch nicht empfehlen. Zu viele Kameras, zu viele dunkle Ecken.«
Mit einem wichtigen Gesichtsausdruck lehnte Klaus sich zurück und schaute wieder zu der Dame am Nachbartisch hinüber, die auch prompt seinen Blick erwiderte. Jetzt musste ich Gas geben, denn wenn mein Gegenüber auf der Pirsch war, gab es kein Halten mehr.
»Was muss ich machen, dass du es ausspuckst? Deine Schuhe putzen? Deine Bude streichen? Die Rechnung hier begleichen?« Lindner konnte einem mit seiner geheimnisvollen Art wirklich auf den Senkel gehen. »Jetzt weiß ich, was ich mache.« Ich schob meinen Stuhl nach hinten. »Ich erzähle dieser Göttin am Nachbartisch, dass du stockschwul bist, mir einen Heiratsantrag gemacht hast und sie als Trauzeugin haben möchtest.«
»Untersteh dich, Judas. Wenn du Kaminski ungestört ausquetschen willst, empfehle ich dir das >Topic< in Coesfeld, eine relativ teure Muckibude mit einer grandiosen Saunalandschaft. Und wenn ich deinen Bauch so betrachte, kannst du dich da am besten sofort anmelden.«
»Im Gegensatz zu dir bin ich verlobt, schon vergessen? Da brauche ich kein Sixpack mehr.«
»Dienstags und donnerstags hält er sich dort auf, immer von elf bis eins, wenn es noch nicht so voll ist. Wie gesagt, in der Sauna ist die Wahrscheinlichkeit am größten, ihn allein anzutreffen. Und keine Angst: Körperlich dürfte er dir trotz deines Übergewichts nicht gewachsen sein.«
»Hast einen gut bei mir. Soll ich dich der netten Dame vorstellen, quasi als Dankeschön?«
»Das schaffe ich allein, keine Sorge. War schön, dich mal wieder getroffen zu haben.«
»Dito. Dann räume ich jetzt meinen Platz, damit ihr enger zusammenrücken könnt. Und viel Glück.« Ich drückte beide Daumen. Dann ging es in die Vertikale, und nach einem Abstecher zu Giovanni zwecks Begleichung der Rechnung und Verabschiedung hatte mich der freie Himmel
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