Den letzten beißt das Schwein
angeregte Diskussion mit Horsts Sohn Homer vertieft.
Beim Wort »Bonitätsprüfung« zog ich Peter zur Seite. »Lass uns verschwinden.«
»Drei Minuten noch, bitte. Für Kevin.« Er wusste genau, wie ich zu knacken war.
»Ich ziehe mich schon mal um. Anschließend gönne ich mir einen Drink an der Bar. Pass aber auf, die sind gefährlich«, flüsterte ich ihm ins Ohr.
Nachdem ich den Schweiß gründlich abgeduscht und mich angezogen hatte, ließ ich mir einen geschmeidigen Mineraldrink mit Kirschgeschmack zapfen. Das war harter Tobak: Günter Rexforth war für einen Teil von Hausers Zockerschulden aufgekommen. Was sollte mir das sagen? Momentan leider nichts. Es wurde nur immer klarer, dass die Lösung auf dem Hagenhof zu finden war.
Grabowski benötigte mehr als hundertachtzig Sekunden, aber weniger als hundertachtzig Minuten. Grinsend wie ein Honigkuchenpferd veranstaltete er erst mal High Five mit mir.
»Kevin ist bald wieder bei seinem Papa«, strahlte er mich an. »Muss jetzt schnell zurück und die Unterlagen holen.«
»Dann los!« Ich hatte die gleichen Pläne, zumindest was den Bestimmungsort anging, wie es so schön im Navideutsch lautete.
Rock den Dom
Während der Fahrt überlegte ich, ob ich Günter mit Horsts Äußerungen konfrontieren sollte, kam aber zu der Entscheidung, dies auf später zu verschieben. Erst musste ich mir selbst über die Zusammenhänge klar werden, bevor ich meinem Brötchengeber vor den Kopf stieß.
Gegen halb vier erreichten wir den Hagenhof. Nur drei Autos standen auf dem Parkplatz: Emilys, Jürgens und Grabowskis. Lisa war wahrscheinlich bei Adri im Krankenhaus, und Johannes’ Karre stand eh meist in der Garage. Nur Gäste-Pkws waren weit und breit nicht zu sehen; Leichen waren schlecht fürs Geschäft, wenn man nicht gerade Totengräber oder Privatschnüffler war.
Als wir ausstiegen, rannte Stefan herbei: »Hi. Hier Zimmerschlüssel für dich.«
»Dieter.« Gurkennase tippte mir von hinten auf die Schulter.
»Das hast du sehr gut gemacht, ich bin stolz auf dich, Stefan.« Das ließ den Knecht um zehn Zentimeter wachsen.
»Dieter.« Ich wurde schon wieder angetippt.
»Was ist denn los?« Konnte Peter nicht warten, bis ich das Gespräch mit Stefan beendet hatte?
»Darf ich zwei Stunden freinehmen? Ich muss dringend zu Homer.« Aha, daher wehte der Wind.
»Stefan, hast du eine Ahnung, wo Günter ist?« Ich dachte natürlich zuallererst an Rexforths Sicherheit.
»Ist gefahren weg, aber ich nicht weiß, wo.«
»Dann hau ab, Grabowski, aber in spätestens zwei Stunden bist du wieder hier.«
Ich konnte nicht sagen, ob Gurkennase die letzten Worte überhaupt mitbekommen hatte, denn er wetzte mit Lichtgeschwindigkeit ins Haus und tauchte Sekundenbruchteile später mit Laptop und einer pinkfarbenen Aktentasche unterm Arm wieder auf. Dann sah ich nur noch die Abgasfahne seines Mantas.
Ich hielt noch ein bisschen Smalltalk mit Stefan und lobte seine bravouröse Leistung, sowohl das Zimmer fachgerecht abgeschlossen als auch den Schlüssel so verstaut zu haben, dass er nicht verloren gehen konnte. Als er stolz berichtete, dass er das Messingteil in seiner Unterhose versteckt hatte, beendete ich das Gespräch und wusch in der Tenne Hände und Schlüssel.
Da Stefan wieder im Schweinestall verschwand, konnte ich endlich ungestört mein Zimmer durchsuchen.
Im Vergleich zu Grabowskis Wohnungen war meine Kammer aufgeräumt, nur die Nachttischschubladen waren herausgezogen, das Bett umgekrempelt und der Kleiderschrank gründlich durchforstet worden. Gefunden hatte der Eindringling nichts. Was auch?
Ich robbte über den Boden, und bingo! An der Stelle, an der ich niedergeprügelt worden war, machte ich eine Entdeckung, die mir den Atem stocken ließ.
Doch Zeit zum Wundern blieb mir nicht. Ich musste dringend meine Tiere füttern und anschließend in die Kirche. Pastor Wilpert, der Bulderner Papst, feierte heute um halb acht sein vierzigjähriges Dienstjubiläum, und ich war Organist der Gemeinde.
Diesen ehrenvollen Job hatte mir mein Erbonkel Hugo Simon eingebrockt, der bis zu seinem Tod diesen Posten bekleidet hatte. Schon am zweiten Tag nach meiner Ankunft in Buldern — ich hatte immer noch nicht meine Tränen getrocknet ob des Umzugs von der Großstadt Essen in die münsterländische Einöde —, hatte mir Wilpert unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass ich dieses Amt übernehmen musste. Nun gut, da ich es mir nicht schon am Anfang mit dem wichtigsten Mann im
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