Den Löwen Zum Frass
lachten sie. Gegründet von den Phöniziern, was sonst, und später vermutlich von Karthago selbst rekolonisiert, hatten die drei großen Küstenstädte unbeirrbar an ihrer Unabhängigkeit festgehalten. Als Rom die Macht Karthagos zerstörte, konnten sie nach wie vor behaupten, sich weit genug abgesondert zu haben, um jeder Strafe zu entgehen. Während Karthago geschleift, seine Bevölkerung versklavt, seine Religion verboten, Salz auf den Feldern gesät und die Aristokratie mit exorbitanten Geldstrafen belegt wurde, beteuerten die Drei Städte ihre Unschuld und verlangten für sich Immunität. Tripolitanien musste sich nie formell ergeben. Es wurde nie in eine Militärzone verwandelt und nicht von römischen Armeeveteranen kolonisiert. Obwohl regelmäßige Besuche stattfanden, gab es nicht mal auf Verwaltungsebene eine ständige Vertretung des Statthalters von Africa Proconsularis, unter dessen Jurisdiktion die Region theoretisch fiel.
Tripolitanien war jetzt punisch, mit einer Orientierung nach Rom. Mit allem Anschein der Aufrichtigkeit übte die Bevölkerung sich nun in römischer Stadtplanung, brachte römische Inschriften an und gab sich römisch klingende Namen. Die Drei Städte waren zusammen sehr passend als das Emporium bekannt - ein internationales Handelszentrum. Daraus folgte, dass sie voll gestopft waren mit gut gekleideten einheimischen Millionären.
Meine Reisegruppe war sauber und zivilisiert, aber als wir in Sabratha landeten, fühlten wir uns wie abgerissene Kesselflicker, die hier nichts zu suchen hatten.
Zwei Punkte müssen erwähnt werden. Erster Punkt: Sabratha ist die einzige Stadt unter den dreien ohne Hafen. Wenn ich sage »landeten«, dann meine ich, dass unser Schiff unerwartet und sehr heftig mit einem entsetzlichen Krachen auf Grund lief. Der Kapitän, der enge Freundschaft mit meinem Schwager Famia geschlossen hatte, war - wie wir nach der abrupten Landung feststellten - zu dieser Stunde alles andere als nüchtern.
Zweiter Punkt: Obwohl wir in Sabratha landeten, hatte ich dem Kapitän sehr klare Anweisungen gegeben, woanders hinzusegeln.
Für mich war es klar genug; ich war derjenige, der Entscheidungen traf. Ich war der Anführer unserer Gruppe. Darüber hinaus hatte ich das Schiff in Apollonia gefunden und die Passage ausgehandelt. Dann hatte ich das Verladen der prächtigen libyschen Pferde organisiert, die Famia irgendwie, für die Grünen aufgetrieben hatte. Angesichts der Tatsache, dass ich die Blauen unterstützte, war das sehr großmütig von mir. Gut, Famia hatte für die Schiffspassage bezahlt. Und am Ende waren es Famias Amphoren, die entscheidend dazu beitrugen, das Vertrauen des Kapitäns zu gewinnen. Durch zähes Verhandeln beim Pferdekauf war es Famia gelungen, genug vom Geld der Grünen für eine beträchtliche Anzahl von Amphoren abzuzweigen.
Famia wollte nach Sabratha, weil er glaubte, dort könne man Pferde aus tiefer im Land gelegenen Oasen der Wüstenstämme kriegen. Die Cyrenaika hatte er leer gekauft, aber er hatte immer noch nicht genug. Die Grünen waren schon immer verschwenderisch gewesen. Und je mehr Pferde er erwarb, desto mehr Zahlungsanweisungen konnte er einlösen, um an Geld für Wein zu kommen.
Der wichtigste Stamm aus dem Landesinneren waren die Garamanten, die von dem römischen Kommandeur Valerius Festus Dresche bezogen hatten, was Justinus und mir wieder eingefallen war, als wir meinten, in ihre Gefangenschaft geraten zu sein. Angesichts ihrer erst vor so kurzer Zeit erfolgten Niederlage war zu vermuten, dass sie den Handel eingestellt hatten, zumindest vorübergehend. Trotzdem kamen aus der großen Oase Cydame nach wie vor Karawanen nach Sabratha, beladen mit Gold, Karfunkeln, Elfenbein, Stoffen, Leder, Färbemitteln, Marmor, seltenen Hölzern und Sklaven, ganz zu schweigen von exotischen Tieren. Das Handelsemblem der Stadt war ein Elefant.
Ich war hinter Männern her, die mit wilden Bestien handelten, aber Elefanten kamen dabei nicht ins Spiel, den Göttern sei Dank.
»Famia«, sagte ich noch in Apollonia und sprach sehr langsam und freundlich, um den betrunkenen Drecksack nicht zu verärgern oder zu verwirren, »ich muss nach Oea, und ich muss nach Leptis. Es ist egal, mit welcher Stadt ich anfange. Allerdings werden wir Leptis als Erste erreichen. Sabratha ist der einzige Ort, den wir auslassen können.«
»In Ordnung, Marcus«, erwiderte Famia, lächelte in der aufreizenden Art aller Betrunkenen, die sofort alles vergessen, was man
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