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Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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gesagt hat. Kaum hatte ich ihm den Rücken zugekehrt, muss sich der miese Sack an den Kapitän rangemacht haben, ein Schwein, das sich als genauso schlimm wie Famia herausstellte.
    Als ich den Ruck beim Auflaufen auf Felsen und Sand bei Sabratha spürte, rappelte ich mich mühsam von meiner Pritsche unter Deck hoch, auf der ich betäubt vor Seekrankheit gelegen hatte. Ich musste meine Fäuste fest zusammenballen, um meinen Schwager nicht zu erwürgen. Jetzt wusste ich, warum mir die Reise endlos vorgekommen war. Wir hätten schon vor Tagen am Ziel sein sollen.
    Zu protestieren hatte überhaupt keinen Zweck. Mir war inzwischen klar, dass sich Famia in einem Stadium ständiger Besoffenheit befand und nie mehr ganz nüchtern wurde. Sein täglicher Alkoholkonsum beförderte ihn in wildere Stimmungen und dumpfere Gedanken, aber Famia ließ nie zu, dass er in die Realität zurückkehrte. Wenn ich ihn grün und blau prügeln würde, wie ich es am liebsten getan hätte, würde er bei der Rückkehr nach Rom meiner Schwester was vorheulen, und dann würde Maia mich hassen.
    Ich kam mir vollkommen hilflos vor. Zwei von denen, die auf meiner Seite standen, hatte ich verloren. Auf seine Bitte hin hatten wir Justinus in Bere- nike zurückgelassen. Als er von Bord ging, schien zwischen ihm und Claudia noch alles auf Tragödie eingestellt zu sein. Dann, nachdem er seine dürftige Habe ausgeladen hatte und sich am Kai von uns verabschiedete, ging er auf die junge Dame zu.
    »Einen Kuss zum Abschied solltest du mir wohl schon geben«, hörten wir ihn leise zu ihr sagen. Claudia überlegte kurz, gab ihm einen raschen Kuss auf die Wange und trat zurück.
    Von der Armee auf schnelle Reaktion trainiert, ergriff Camillus Justinus die Gelegenheit und legte den Arm um sie. »Nein, ich meine einen richtigen Kuss ...«
    Er drückte sie an sich, so dass Claudia nichts anderes übrig blieb. Und dann küsste er sie sehr lange, hielt sie eng umschlungen, ohne dass es wirklich anstößig war. Er war klug genug, so lange auszuharren, bis sie ihren Widerstand aufgab und in Tränen ausbrach. Während sie an seiner Schulter weinte und er sie tröstete, gab uns Justinus Zeichen, dass er sie bei sich behalten wollte und wir ihr Gepäck holen sollten. Dann redete er mit leiser Stimme auf sie ein.
    »Jupiter, ich weiß ja, was passiert, wenn Quintus mit einem Mädchen redet, das ihn insgeheim wunderbar findet.«
    Helena hielt auf dem Weg, Claudias Gepäck zu holen, einen Moment inne und warf mir einen durchdringenden Blick zu. Trotz kurzen Nachdenkens konnte ich mich nicht erinnern, ob ich Helena je davon erzählte hatte, wie ihr Bruder in den germanischen Wäldern mit der Prophetin in dem Turm verschwunden war und liebeskrank zurückkam. Ich hatte ihn später vom Turm steigen sehen, sichtbar verändert - und der Grund dafür ließ sich leicht erraten. »Vielleicht entschuldigt er sich«, meinte Helena bissig.
    Claudia, weit davon entfernt, passiv zu sein, selbst wenn sie sich die Augen ausweinte, unterbrach Justinus mit einem langen, heftigen Wortschwall, von dem ich das Wesentliche nicht mitbekam. Er antwortete, sie machte sich von ihm los und schlug mit den Fäusten auf ihn ein, bis er gezwungen war, Schritt für Schritt zurückzuweichen, und beinahe ins Hafenbecken fiel. Sie konnte sich nicht überwinden, ihn ins Wasser zu stoßen, was sie beide wussten.
    Justinus ließ Claudia wüten, bis sie still wurde. Er stellte ihr eine Frage. Sie nickte. Immer noch gefährlich nahe am Rand des Kais, legten sie ihre Arme umeinander. Ich sah, dass sein Gesicht bleich war, als ob er wüsste, dass er sich in große Schwierigkeiten begab, aber vielleicht meinte er, die Schwierigkeiten, die er bereits kannte, waren besser als alle anderen.
    Ich unterdrückte ein Grinsen, dachte an das Vermögen, das sich Justinus soeben gesichert hatte. Mein Neffe Gaius tat so, als müsste er sich wegen der schmalzigen Szene, die er gerade mitbekommen hatte, ins Hafenbecken übergeben. Helena ging weg und setzte sich in den Schiffsbug, betroffen darüber, dass ihr jüngerer Bruder sich auf eigene Füße stellte.
    Auch wir anderen begaben uns wieder an Bord. Wir legten ab. Justinus rief zu uns herüber, dass sie versuchen werden, uns einzuholen, bevor wir Leptis verließen.
    Ich glaubte immer noch, sie seien zum Untergang verurteilt. Aber das hatten die Leute auch über Helena und mich gesagt. Für uns war das ein guter Grund gewesen durchzuhalten. Gute Omen enttäuschen einen.

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