Den Löwen Zum Frass
diese Art von Abenteuer werden kann.«
»Stimmt ebenfalls.«
Der Junge gefiel mir. Ich wusste nicht, ob ich ihm glauben konnte, aber er war nicht verschlagen und spielte mir keine Empörung vor, wenn ich ihm Fragen stellte. Und er hatte nicht versucht wegzulaufen.
Natürlich war Weglaufen nicht Iddibals Stil. Wir hatten festgestellt, dass er sich lieber freikaufen ließ. Zweifellos würde die glückliche, sich so nahe stehende Familie sich zusammenscharen und ihn ebenfalls freikaufen, wenn ich jemals Gründe fand, ihn vor einen Magistrat zu bringen. Ich hatte das unerbittliche Gefühl, dass ich meine Zeit verschwendete, wenn ich auch nur versuchte Fortschritte gegen diese Leute zu erzielen.
Ich sagte Iddibal, ich sei im Haus des Sonderbeauftragten für die Landvermessung zu erreichen. Das hatte einen hübschen, offiziellen Klang. Ich warf dem jungen Mann einen langen, ernsten Blick zu und sprach dann die übliche wunderbare Warnung aus, die Stadt nicht zu verlassen, ohne mir vorher Bescheid zu sagen.
Er war jung genug, mir ebenso ernst zu versichern, dass er das selbstverständlich nicht tun wür-
de. Er war naiv genug, so auszusehen, als würde er es ehrlich meinen.
Die Luft war heiß und trocken. Ich ging zum Nordufer und hinauf zum Forum. Während das Baumaterial in der Cyrenaika meist einen rötlichen Farbton hatte, waren die tripolitanischen Städte golden und grau. Leptis Magna war so nah an der Küste erbaut, dass ich beim Betreten des Forums das Meer immer noch hören konnte, wie es an die niedrigen weißen Sanddünen hinter mir brandete. Geschäftiges Treiben hätte den Lärm der Brandung übertönen sollen, aber das Forum lag verlassen da.
Das Verwaltungszentrum musste aus den frühesten Anfängen des Imperiums stammen, da der Haupttempel Rom und Augustus geweiht war. Er stand dicht neben den Tempeln des Liber Pater und des Herkules - eine altmodische, sehr provinzielle Anordnung. Vielleicht war das hier jedoch nicht das wahre Zentrum von Leptis. Das Forum schien an einer Stelle erbaut worden zu sein, die von jenen, die Bescheid wussten, umgangen werden konnte. Ich schaute hinüber zur Basilika und zur Kurie. Nichts tat sich. Für einen der großen
Umschlagplätze der Welt war das hier ein verschlafenes Loch.
Ich überquerte den sonnenbeschienenen offenen Platz und erkundigte mich in der Basilika, ob eine Verhandlung angesetzt war, die einen gewissen Sa- turninus betraf. Nein. Calliopus aus Oea? Nein. Kannten sie jemanden namens Romanus, der Vorladungen zustellte? Wieder nein.
Der Haupttempel, jetzt von mir aus gesehen auf der anderen Seite der Basilika, hatte die vertrauten schlanken ionischen Säulen, aber selbst die wiesen kleine Blumenornamente zwischen den Voluten auf. Ich begab mich zum Tempel und fragte nach Nachrichten für mich - keine. Ich hinterließ meine Adresse, falls Scilla oder Justinus auftauchen sollten. Ich wollte noch eine Botschaft für jemanden hinterlassen, aber nicht hier.
Ich ging durch die stillen Seitenstraßen zwischen den Tempeln zurück und schlug den Weg in die Stadt ein. Hier war mehr los. Ich hielt mich im Schatten auf der linken Seite der Straße, die leicht vom Ufer aus anstieg, und kam an schwer bepackten Mauleseln und fröhlichen Kindern vorbei, die hoch beladene Handkarren schoben. Läden und bescheidene Wohnhäuser säumten die Straßen, die nach einem recht übersichtlichen System angelegt waren. Die Geschäftigkeit erhöhte sich, je weiter ich kam. Schließlich erreichte ich das Theater und den nahe gelegenen Markt mit all dem Lärm, den ich von einer der großen Städte des Imperiums erwartete.
Mitten auf dem Marktplatz standen zwei geschmackvolle Pavillons, ein runder, trommeiförmiger mit Bögen und ein achteckiger mit einem korinthischen Säulengang, wahrscheinlich von verschiedenen Wohltätern erbaut, die einen unterschiedlichen Geschmack hatten. Auf einer langatmigen Inschrift übernahm jedoch ein gewisser Tapepius Rufus die Verantwortung für den gesamten Komplex. Vielleicht hatte er sich auf halber Strecke mit dem Architekten überworfen.
Im Schatten der Gebäude wurde alles Mögliche auf flachen Steintischen verkauft, in der Hauptsache einheimische Waren. Erbsen, Linsen und andere Hülsenfrüchte waren zu Bergen aufgehäuft; an den Obstständen gab es Feigen und Datteln; sowohl rohe Mandeln als auch Kuchen aus Mandeln und Honig wurden verführerisch dargeboten. Es gab Fisch. Es gab verschiedene Getreidesorten. Für Trauben war es die falsche
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