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Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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ereiferte sich Euphrasia, nahm sich etwas zurück und wurde wieder beiläufiger. »Sie hat meinen Mann dauernd belästigt. Und ich wage zu behaupten, dass sie Cal- liopus auch nicht in Ruhe gelassen hat. Wir wissen, dass er in Leptis ist«, fuhr Euphrasia fort, jetzt in bitterem Ton. »Mit seiner Frau, wie ich höre. Artemisia hat für so einiges Rechenschaft abzulegen!«
    »Wieso das?«, fragte Helena erstaunt.
    Soviel wir wussten, hatte Artemisia nichts Böseres getan, als sich von Calliopus heiraten zu lassen, einem Mann, der meinte, sich auf Grund seines Wohlstands alles leisten zu können - einschließlich einer Geliebten namens Saccarina in der Via Borea- lis. Euphrasias vorwurfsvoller Ton schien unangebracht zu sein. Nun gut, ich hatte inzwischen gesehen, dass Artemisia jung und hübsch war, was viele andere Frauen unverzeihlich finden.
    »Ach, das spielt keine Rolle«, antwortete Euphra- sia abwehrend. »Wenn Artemisia aufmuckt, bringt Calliopus sie mit den Fäusten zur Räson, wenn Sie mich fragen.« Sie beugte sich vor und sah Helena mit wissendem Blick an. »Scilla ist diejenige, die ernsthafte Schwierigkeiten macht. Sie ist der Wurm, den man unter Beobachtung halten muss.«
    »Mir gefiel sie ganz gut«, bemerkte Helena, Euph- rasias Missbilligung abwehrend.
    »Sie sind zu tolerant. Die Frau will eine Konfrontation meines Mannes mit Calliopus erzwingen. Wir sind sicher, dass sie diesen abscheulichen Hanno dazu gebracht hat, sie zu unterstützen.«
    »Es war ein schreckliches Erlebnis für sie, als der Löwe ihren Geliebten angriff«, wandte Helena sanft ein. »Das war bestimmt nicht ihre Schuld. Ich glaube nicht, dass sie um die Privatvorführung zu ihren Ehren gebeten hat. Offenbar war es die Idee ihres Verlobten; sie hat es missbilligt. Er hat sich verschätzt, ein typisch männlicher Irrtum. Für Scilla ist es sehr traurig, dass er auf diese Weise sterben musste.«
    »Sie scheinen ja eine ganze Menge von ihr zu wissen«, meinte Euphrasia schmallippig.
    »Sie hat sich zuerst an mich gewandt. Falco war mit meinem Bruder unterwegs, und so habe ich sie quasi überprüft. Wie gesagt, ich hatte Mitleid mit ihr. Ein gewisser Schadenersatz für ihren Verlust erschien mir angemessen.«
    Ein kurzes Schweigen entstand.
    »Ich war natürlich dabei«, blaffte Euphrasia.
    »Wo, Euphrasia?« Helena hatte wohl nicht sofort begriffen, was die Frau meinte. Gleich drauf erinnerte sie sich offenbar daran, dass mir Saturninus erzählt hatte, die vier Zuschauer bei der geplanten Privatvorführung seien Pomponius und Scilla sowie er und seine Frau gewesen. Wir hätten Euphrasia längst nach ihrer Version der Ereignisse fragen sollen.
    »In Pomponius' Haus. Als der Löwe ausbrach.«
    »Sie haben gesehen, wie es passiert ist?«, fragte Helena leise.
    »O ja. Mehr werde ich nicht sagen. Mein Mann würde zornig werden. Es war vereinbart, dass wir schweigen. Pomponius wollte es so.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Natürlich ging es darum, sie zu schützen. Scilla, meine ich. Pomponius war loyal, das muss man ihm lassen. Als er merkte, dass er im Sterben lag, beharr- te er mehr darauf denn je. Sie hatte bereits einen entsprechenden Ruf, ohne dass auch noch ganz Rom von dem Vorfall mit dem Löwen hören musste!«
    »Aber inzwischen ist Pomponius tot ...«
    »Dämlicher Mann!«, knurrte Euphrasia. »Stellen Sie mir keine Fragen«, wiederholte sie. »Aber Scilla könnte es Ihnen sagen. Bevor Sie Mitleid mit dem Dämchen bekommen, Helena Justina, sollten Sie sie dazu bringen, die Wahrheit zu gestehen. Fragen Sie Scilla«, befahl Euphrasia lautstark, »wer wirklich den Löwen umgebracht hat!«
    Sie sprang auf. Etwas schien sie aufgestört zu haben, ein kleines goldfarbenes Wesen, das an einer Leiste entlanghuschte, nicht weit von dort entfernt, wo unsere kleine Tochter auf dem Boden ihre rosa Zehen untersuchte.
    »Ist das eine Maus?«, japste Helena.
    »Nein, ein Skorpion.«
    Ich trat ins Zimmer wie ein Gatte, der von einem morgendlichen Spaziergang am Hafen zurückkommt. Um die Scharade aufrechtzuerhalten, ließ ich mein Gesicht alle möglichen Gefühlsregungen durchlaufen: Überraschung, Euphrasia hier zu sehen, Alarmiertheit über Helena erstarrten Ausdruck, rasche Reaktion auf einen Notfall.
    Ich riss das Baby hoch, drückte es Helena in die Arme, schubste Helena aus dem Weg und schob mich an Euphrasia vorbei. Ich packte eine Vase und stülpte sie über den Skorpion. Helena hatte die Augen geschlossen, wie gelähmt vor

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