Den Löwen Zum Frass
haben. Um ihre Unschuld zu beweisen, verlangten die beiden, lebendig begraben zu werden.«
»Olympus! Ist das wirklich passiert?«
»Allerdings. Bis heute steht ein alter Erinnerungsbogen an jener Stelle über der Straße . Ich habe das
Gefühl, dass auf mich ein ähnliches Schicksal wartet, Falco!«
»Rom wird Ihre Aufopferung zu schätzen wissen.«
»Oh, das ist gut. Dann war es der Mühe wert.«
Rutilius gefiel mir. Die Männer, die Vespasian dazu auswählte, Ordnung im Imperium zu schaffen, waren trockene, nüchterne Burschen. Sie erledigten ihre Arbeit, waren gerecht und schnell, ließen sich nicht von anfänglicher Unbeliebtheit abschrecken.
»Das ist eine gute Provinz«, sagte er. »Ich bin nicht der Erste, der nach Africa Proconsularis kommt und die Anziehung spürt. Man empfindet bald eine starke Loyalität.«
»Das liegt am Mediterranen. Warm, aufrichtig, fröhlich. Leicht exotisch, aber immer noch mit einem heimatlichen Gefühl.«
»Muss nur vernünftig organisiert werden«, rief Rutilius.
»Helena setzt eine Reihe von Empfehlungen auf, die sie dem Kaiser überreichen will.«
»Wirklich? Hat er Sie darum gebeten?« Wieder klang Rutilius überrascht.
Ich grinste. »Hat er nicht. Das wird Helena Justina nicht davon abhalten, dafür zu sorgen, dass er sie zu hören bekommt. Und sie deckt auch die Cyrenaika ab, wo wir zuerst waren. Sie hat alles aufgelistet, von der Restaurierung des Amphitheaters in Apollonia bis zum Neuaufbau des vom Erdbeben verwüsteten Tempels auf dem Forum von Sabratha. Sie ist gerne gründlich. Auch das Arenageschäft hat sie sich vorgenommen. Wenn das neue Flavische Amphitheater eröffnet wird, sollte laut Helena alles unter staatliche Kontrolle kommen, vom Training der Gladiatoren bis zum Import wilder Tiere. Kaiserliche Agenten sollten das Einfangen der Bestien in den Provinzen überwachen.« Ich wusste von Helenas wunderbarer Idee, vorzuschlagen, dass Anacri- tes beauftragt werden sollte, die Positionspapiere der neuen Anordnungen vorzustellen. Das wäre eine Zehn-Jahres-Aufgabe, und er wäre mir mit Sicherheit aus den Füßen.
»Das ist alles?«, fragte Rutilius trocken.
»Nein. Um das Bild zu vervollständigen, empfiehlt sie, bedeutende Männer aus Afrika zum Senat zuzulassen, wie es bereits mit anderen Provinzen geschehen ist.«
»Große Götter. Das ist alles gut und schön - aber erwarten Sie ernsthaft, dass Vespasian solche Ratschläge von einer Frau annimmt?«
»Nein. Ich werde den Bericht unterschreiben. Er wird denken, ich hätte ihn verfasst.« Das klang für einen Mann wie Rutilius nicht viel besser. Ich stammte vom Aventin, aus der Plebs, kaum geeignet für das innere Kabinett des Kaisers.
»Machen Sie jedes Mal, wenn Sie ins Ausland reisen, solche Vorschläge?«
»Wenn es was vorzuschlagen gibt.«
»Und sie werden alle verwirklicht?«
»O nein!« Ich lachte und versicherte ihm damit, dass die Welt, wie er sie kannte, nicht auf einmal Kopf stand. »Sie wissen, wie das auf dem Palatin läuft. Die Schriftrolle wird einfach irgendwo abgelegt. Aber vielleicht kommen in zwanzig Jahren oder so die Dinge, die Helena für wichtig hielt, wieder zum Vorschein und erwecken das Interesse eines Sekretariats, das zu wenig zu tun hat.«
Rutilius schüttelte ungläubig den Kopf.
Wir hatten das Stadion erreicht. Es lag parallel zum Ufer, der frischen Brise vom Meer ausgesetzt, der beste aller möglichen Standorte. Die Rennstrecke sah gut aus und wurde offensichtlich oft benutzt.
Langsam gingen wir die Strecke ab. Im Moment verliehen die Abendsonne und der Klang des Meeres in unserem Rücken dem Ort eine friedvolle Atmosphäre, aber wenn die ganze Stadt hier rauskam und die Sitzreihen füllte, würde es völlig anders sein. »Morgen, im Amphitheater, bei der Vorführung, die ich überwachen muss .« Rutilius hielt in- ne.
»Der Vorführung, die man Ihnen aufgehalst hat«, meinte ich grinsend.
»Die ich die Ehre habe auszurichten!«, seufzte er. »Egal, auf jeden Fall steht sie unter meiner Schirmherrschaft. Es ist geplant, die Gladiatoren paarweise auftreten zu lassen. Nichts Außergewöhnliches, soweit ich erkennen kann. Zuvor findet eine Hinrichtung statt, irgendein schwachköpfiger Gotteslästerer wird ad bestias geschickt.«
»Ein Kapitalverbrechen? Ist dazu nicht die Zustimmung des Statthalters erforderlich?«
»Der Fall hat eine Art Krise verursacht. Ich wurde hineingezogen, und es schien ratsam zu sagen, dass ich als Vertreter des Statthalters fungiere,
Weitere Kostenlose Bücher