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Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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mausetot.« Mit einem Kopfnicken deutete er auf den von Fliegen umsummten Kadaver im Käfig. »Sein Frühstück hat er nicht angerührt!«
    »Hast du ihm heute Morgen das Fleisch gebracht?«
    »Nur eine Kleinigkeit, damit er bei Kräften blieb.« Mir kam es wie eine ganze Ziege vor. »Ich hab ihn gerufen. Er lag genauso da wie jetzt. Ich dachte, er schläft. Armes Ding, muss bereits tot gewesen sein, und ich hab es nicht bemerkt.«
    »Du hast ihn also allein gelassen, damit er sein Schläfchen beendet, wie du dachtest?«
    »Genau. Als ich später wiederkam, um diesen blöden Vögeln hier Körner zu bringen, fand ich, dass er sehr ruhig war. Und dann sah ich, dass er sich nicht bewegt hatte. Überall summten Fliegen rum, und er hat noch nicht mal mit dem Schwanz gezuckt. Ich hab ihn sogar mit einem langen Stock angepiekt. Da sagte ich mir: Der ist mausetot.«
    Die Fackeln und Schlüssel wurden gebracht. Cal- liopus riss sich zusammen, klapperte mit den Schlüsseln an einem gewaltigen Ring und hatte Schwierigkeiten, den richtigen zu finden.
    Er schüttelte den Kopf. »Wenn man sie aus ihrer natürlichen Umgebung reißt, werden diese Tiere anfällig. Jetzt sehen Sie, womit ich mich rumschlagen muss, Falco. Leute wie Sie« - er meinte Leute, die seine finanzielle Rechtschaffenheit in Frage stellten - »haben keine Ahnung, wie heikel dieses Geschäft ist. Die Tiere können über Nacht draufgehen, und wir erfahren nie, warum.«
    »Ich sehe, dass Sie ihn zu den bestmöglichen Bedingungen untergebracht haben«, warf ich vorsichtig ein. Wie alle Käfige war dieser verdreckt, aber die Streu war dick. Es gab einen großen Wassertrog, dazu den Ziegenkadaver, obwohl Buxus den bereits als kleine Zwischenmahlzeit für eins der anderen Viecher rauszog, die Strauße beiseite schob, die ihm gefolgt waren, und dann die Käfigtür schloss, um sie draußen zu halten.
    Mir kam der unfreundliche Gedanke, dass Leoni- das nun dasselbe Schicksal bevorstand wie der Ziege, die als sein Frühstück gedacht war. Sobald das Interesse an ihm nachließ, würde er an einen anderen kannibalistischen Kumpan verfüttert werden.
    Von nahem war der Löwe größer, als ich gedacht hatte. Sein Fell war braun, seine struppige Mähne schwarz. Seine kräftigen Hinterbeine waren rechts und links von ihm angewinkelt, die Vorderpfoten ausgestreckt wie bei einer Sphinx, der dicke Schwanz in der Art von Hauskatzen zusammengerollt, die schwarze Quaste ordentlich neben dem Körper. Sein großer Kopf lag mit der Nase zum hinteren Teil des Käfigs gewandt. Der Geruch nach totem Löwen überdeckte noch nicht den des lebendigen, der sehr stark war.
    Buxus bot an, das riesige Maul des Tieres zu öffnen und mir dessen Zähne zu zeigen. Da ich schon näher stand, als ich je einem lebendigen Löwen kommen wollte, stimmte ich höflich zu. Neue Erfahrungen sind mir immer willkommen. Calliopus beobachtete uns, dachte stirnrunzelnd über seinen Verlust nach und rechnete wohl aus, was ihn ein Ersatz für Leonidas kosten würde. Der Pfleger beugte sich über das auf dem Bauch liegende Tier. Ich hörte ihn ein paar nur halb ironisch gemeinte Koseworte murmeln. Buxus griff mit beiden Händen in die Mähne und musste alle Kraft aufbieten, den Löwen zu uns umzudrehen.
    Dann stieß er einen Schrei echten Entsetzens aus. Es dauerte einen Augenblick, bis Calliopus und ich reagierten und näher traten. Wir rochen den strengen Geruch des Löwen. Wir sahen Blut auf dem Stroh und im verfilzten Fell. Und wir entdeckten noch etwas. Aus der Brust des großen Tieres ragte der zersplitterte Schaft eines zerbrochenen Speers heraus.
    »Jemand hat ihm das angetan!«, rief Buxus wütend. »Irgendein Dreckskerl hat Leonidas umgebracht!«
    »Versprich mir eins«, flehte Anacrites, als ich ins Büro des Lanista zurückkam. »Sag mir, dass du dich davon nicht ablenken lässt, Falco.«
    »Kümmer dich um deinen eigenen Kram.«
    »Genau das tu ich ja. Mein Kram besteht im Moment genau wie deiner daraus, Sesterzen zu verdienen und Steuerhinterzieher für die Zensoren zu entlarven. Wir haben keine Zeit, uns um rätselhafte Todesfälle von Circuslöwen zu kümmern«, maulte er.
    Aber hier handelte es sich nicht um einen x- beliebigen Löwen. Hier ging es um Leonidas, den Löwen, der Thurius fressen sollte. »Leonidas erledigte Verbrecher. Er war der offizielle Henker des Imperiums. Der Löwe war genauso ein staatlicher Angestellter wie du und ich, Anacrites.«
    »Also werde ich keinen Einspruch erheben«,

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