Den Löwen Zum Frass
die Gladiatoren so viel Staub aufgewirbelt, dass sämtliche Abdrücke und Spuren von letzter Nacht verwischt waren. Ich überlegte, ob das Absicht war, aber die Kämpfer mussten trainieren wie an jedem anderen Tag auch. Sie hatten ihre Übungen wieder aufgenommen und machten unbeeindruckt weiter, sprangen mit fürchterlichem Gebrüll um mich herum, während ich mich niederhockte und auf dem harten, trockenen Boden nach Pfotenabdrücken suchte. Ihre
Aggressivität machte mich nervös. Offiziell trainierten sie nur, aber sie waren groß genug und bewegten sich so schnell, dass ich ernsthaft verletzt werden konnte, wenn wir zusammenstießen. Ab und zu kam mir einer zu nahe, und ich war gezwungen, rasch aus dem Weg zu krabbeln. Sie kümmerten sich nicht darum, was ich hier zu tun versuchte. Das war unnatürlich. Menschen sind im Allgemeinen neugieriger.
»Hier finden wir nichts mehr, weder Abdrücke noch Blut. Wir kommen zu spät ...« Ich erhob mich. Zeit, die Richtung zu wechseln. »Buxus, wenn du Leonidas in die Arena bringen müsstest, wie würdest du das machen? Du wirst die großen Miezekatzen doch wohl kaum an die Leine nehmen und mit ihnen Gassi gehen?«
Der Sklave bekam einen unsteten Blick. »Wir haben Transportkäfige.«
»Wo werden die aufbewahrt?«
Zögernd führte er mich auf der Rückseite der Quartiere zu einer Reihe von Lagerschuppen und sah teilnahmslos zu, als ich in einen nach dem anderen schaute. Heuballen und Werkzeuge - Eimer, lange Stangen zum Kontrollieren wütender Tiere, Strohpuppen zur Ablenkung in der Arena und schließlich, in einem offenen Schuppen, drei oder vier massive Käfige auf Rädern, schmal genug, um sie zwischen die Käfige der Menagerie zu schieben, und gerade groß genug für den Transport eines Löwen oder Leoparden von einem Ort zum anderen.
»Wie kriegst du die Tiere in die Dinger rein?«
»Nur mit viel Theater.«
»Aber du hast bestimmt 'ne Menge Übung darin?«
Buxus wand sich in seiner kratzigen Tunika. Er war verlegen, aber auch erfreut über meine Anerkennung seiner Fähigkeiten.
Ich sah mir den am nächsten stehenden Käfig genauer an, konnte aber nichts Verdächtiges entdecken. Erst als ich mich umdrehte, kam mir ein Gedanke.
Leer waren die Transportkäfige leicht zu bewegen. Es gelang mir, einen ganz allein rauszuziehen. Buxus stand mit finsterem Blick dabei. Er sagte nichts, machte keine Anstalten, mich zurückzuhalten, half mir aber auch nicht. Vielleicht wusste er oder erriet, was ich finden würde: Im nächsten Käfig gab es Beweise. Ich kroch auf den Knien hinein und entdeckte schon bald Blutspuren.
Rasch sprang ich hinaus und zog den zweiten Transportkäfig ins Licht. »Jemand hat den plumpen Versuch gemacht, den hier zu verstecken, hat einfach einen anderen davor geschoben.«
»Ach ja?«, meinte Buxus.
»Jämmerlich!« Ich zeigte ihm das Blut. »Hast du das schon gesehen?«
»Kann sein. Nur ein alter Fleck.«
»Der Fleck ist nicht sehr alt, mein Freund. Und es schaut aus, als hätte jemand versucht ihn wegzuwischen - einer von diesen schlampigen Aufwischern, den meine Mutter nicht mal an ihren Küchenboden lassen würde.« Die wässrigen Reste waren in die Maserung des Holzes eingedrungen, aber die ursprünglichen Blutspritzer waren immer noch als dunkle Flecken zu erkennen. »Da hat sich jemand nicht viel Mühe gegeben - oder hatte nicht genug Zeit, die Arbeit ordentlich zu machen.«
»Sie glauben, Leonidas ist mit diesem Karren transportiert worden, Falco?«
»Da wette ich drauf.«
»Wie schrecklich.«
Ich sah Buxus durchdringend an. Er wirkte zutiefst unglücklich, wobei ich nicht erkennen konnte, ob es Trauer um den Verlust der großen Katze war oder ob ihm meine Entdeckung und die Fragen unangenehm waren. »Er wurde weggebracht und tot zurückgekarrt, Buxus. Ich frag mich nur, wie jemand ihn aus seinem eigentlichen Käfig holen konnte, ohne dass du was davon gehört hast.«
»Das ist wirklich ein Rätsel«, meinte der Pfleger sorgenvoll.
Ich sah ihn weiter durchdringend an. »Aufgespießt, wie er war, hat Leonidas sicher keinen Pieps mehr von sich gegeben, aber der Täter könnte beim Zurückbringen gut in Panik gewesen sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er dabei überhaupt kein Geräusch gemacht hat.«
»Ich versteh das auch nicht«, stimmte Buxus zu. Eine glatte Lüge.
»Du gibst dir auch gar nicht erst Mühe.« Buxus überhörte meinen gefährlich leisen Ton.
Ich ließ den Transportkäfig stehen, wo er war. Jemand anderes
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