Den Löwen Zum Frass
bei dir? Ist Davos noch mit dir zusammen?«
»Ach, der treibt sich hier irgendwo rum.«
Davos war ein Schauspieler, den Thalia überredet hatte, sein friedliches Theaterleben und die mottenzerfressenen Götter aufzugeben, die er spielte, und sich ihr anzuschließen. Die Beziehung war ihre Privatsache, daher fragte ich nicht nach. Davos war ein verschlossener Mann, was ich respektierte. Thalia hätte mir auch nur obszöne Einzelheiten erzählt, und ich wäre rot geworden.
Sie machte sich an einer Holztruhe zu schaffen und nahm einen kleinen Lederbeutel heraus, in dem sie, wie ich mich erinnerte, ihre Medikamente aufbewahrte. Einst hatte sie Helenas Leben mit einem erlesenen parthischen Stärkungsmittel namens Mi- thridatium gerettet. Unsere Blicke trafen sich, beide voller Erinnerung. Ich schuldete ihr eine Menge. Ich brauchte es nicht zu erwähnen. Unter keinen Umständen würde Thalia von Falco & Partner überprüft werden, und falls jemand sie behelligte, würde er es mit mir zu tun bekommen. »Hast du die kleine Wasserorganistin und ihren Freund auch mit heimgebracht?«
»Den rehäugigen Knaben bin ich losgeworden.« Sie fand, was sie suchte, und strich einen dicken Klacks wachsartiger, stark riechender Salbe auf meinen heißen Arm.
»Ach, ich dachte, du würdest . Au!«
»Sophrona ist hier. Sie spielt wunderbar und sieht gut aus. Ich verdiene einen Haufen Geld mit ihr. Aber sie ist immer noch eine doofe kleine Kuh, hängt ihr Herz an unpassende Männer, statt an ihre Karriere zu denken.«
»Du schuldest mir noch Finderlohn.« Das sollte ein Witz sein.
»Dann schick mir eine Rechnung.« Noch witziger.
»Und du importierst immer noch exotische Tiere?«
Thalia antwortete nicht, sondern musterte mich scharf. Wenn sie annahm, dies sei eine offizielle Frage, konnte unsere Freundschaft hier enden. Für sie zählte nur, was gut fürs Geschäft war. Ihr Leben war zu hart gewesen. Sie würde ihre Maßstäbe nicht senken und niemals weich werden.
»Ich will keinen Streit mit dir, Thalia. Glaub mir, ich werde dafür sorgen, dass der Zensus dich in Ruhe lässt, wenn du mir was über die Männer auf meiner Liste erzählst.«
»Dann beeil dich«, stimmte Thalia bereitwillig zu. Sie entspannte sich, verschloss den Salbentopf und wischte sich die Finger an ihrem fransenbesetzten Minirock ab. »Du willst doch nicht, dass Saturninus hereinspaziert, während wir ihn gerade zerpflücken.«
»Kommt er denn? Er sah nicht gerade begeistert aus, als du was von Bezahlung erwähnt hast.«
»Oh, der kommt schon. Er weiß, was gut für ihn ist. Wie geht's deiner Verbrennung?«
Ich schlenkerte mit meinem Arm. »Fühlt sich viel kühler an. Danke.« Saturninus hatte mich bereits mit Thalia gesehen, aber wenn ich verschwinden konnte, bevor er kam, vergaß er das vielleicht. Ich war noch unentschlossen, wie ich die Sache angehen würde, und fand es besser, wenn er nichts von meinen Verbindungen zum Circus erfuhr.
Die Fragen ergaben bald, dass Thalia nach wie vor hauptsächlich im Osten einkaufte. Damit war sie auch aus geografischen Gründen von meiner Revisionsliste gestrichen. »Keine Bange. Falco & Partner sind Helden mit dem Abakus, aber wir können nicht überall sein. Im Moment beschäftigt uns Tripolita- nien.«
»Gut! Nagelt die Dreckskerle fest, dann kann ich mein Geschäft ausweiten!«
»Rivalität? Ich dachte, dein Gebiet seien Exotika, nicht die Venatio?«
»Warum sollte ich zurückstecken, wenn uns gute Zeiten bevorstehen?« Da hatte ich also eine weitere Unternehmerin vor mir, die in der Eröffnung des neuen Flavischen Amphitheaters eine Begegnung mit dem Schicksal sah. Tja, mir war es auf jeden Fall lieber, wenn Thalia ein Vermögen verdiente statt der anderen. Sie hatte Herz und eine schillernde Persönlichkeit. Was immer sie der Menge darbot, würde von höchster Qualität sein.
Ich grinste sie an. »Du wirst dich doch nicht herablassen, die anderen mit dummen Streichen zu verärgern?« Thalia sah mich unschuldsvoll an. Es war zum Schreien komisch. Falls sie mit ihnen herumspielte, behielt sie das für sich. Ich hatte nichts anderes erwartet. Und ich wollte es auch gar nicht wissen. »Aber gibt es tatsächlich ernsthaften Ärger zwischen den Lanistae?«
»Jede Menge. Nimm doch nur das, was heute passiert ist, Falco.«
»Heute?«
»Also, ich hätte schwören können, dass ich dich beim Spielen mit einer hübschen kleinen Leopardin in den Agrippathermen erwischt habe, Marcus Di- dius. Kommt so was täglich
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