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Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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ihre Strafe erhalten«, warf Euphrasia ein.
    »Wenn du es unmenschlich findest«, argumentierte ich weiter, »was sollen wir deiner Meinung nach sonst mit einem Ungeheuer wie Thurius machen? Er hat unzähligen Frauen Entsetzliches angetan, hat sie getötet und zerstückelt. Ihm einfach nur eine Geldstrafe aufzuerlegen oder ihn ins Exil zu schicken wäre unerträglich. Und im Gegensatz zu einem Privatbürger kann ihm nicht befohlen werden, sich in sein Schwert zu stürzen, wenn er ergriffen wird und in Ungnade fällt. Thurius ist nicht dazu erzogen worden. Und außerdem ist er ein Sklave. Er darf kein Schwert besitzen, außer in der Arena, wo er zur Strafe kämpfen muss.«
    Helena schüttelte den Kopf. »Ich weiß, dass Verbrecher, die zum Tod in der Arena verurteilt sind, als Warnung für andere gelten sollen. Ich weiß, dass die Öffentlichkeit auf diese Weise Vergeltung übt. Ich will nur nicht dabei sein.«
    Saturninus beugte sich zu ihr vor. Er hatte sich unseren Streit schweigend angehört. »Wenn der Staat eine Hinrichtung anordnet, sollte die dann nicht öffentlich stattfinden?«
    »Vielleicht«, stimmte Helena zu. »Aber in der Arena wird Bestrafung zur Unterhaltung. Damit sinken wir auf das Niveau von Kriminellen hinab.«
    »Da besteht aber ein Unterschied«, erklärte der La- nista. »Ein Leben in der Arena auszulöschen, durch den Schlag einer Löwenpranke oder mit dem Schwert, sollte rasch und zügig vonstatten gehen. Sie nennen es Routine, aber für mich wird es auf diese Weise zulässig. Es bleibt neutral, leidenschaftslos. Nicht zu vergleichen mit der Folter, mit den grausamen Schmerzen, die der Verbrecher Thurius seinen Opfern zugefügt und sich auch noch an ihrem Leid geweidet hat.«
    Seine Frau versetzte ihm einen Klaps mit ihrer graziösen Hand. »Jetzt wirst du uns gleich von dem würdevollen Tod der Gladiatoren erzählen.«
    Er entgegnete kurz angebunden: »Nein. Das ist Verschwendung. Es kostet Geld. Jedes Mal, wenn ich das mit ansehen muss, wird mir schlecht. Wenn es einer von meinen Männern ist, werde ich außerdem wütend.«
    »Jetzt sprechen Sie aber von mit hohen Kosten trainierten Profis, nicht von Verurteilten.« Ich lächelte. »Sie hätten also lieber Kämpfe, bei denen alle davonkommen? Nur ihr Können zur Schau stellen?«
    »Gegen Können und Geschicklichkeit ist nichts einzuwenden. Aber mir gefällt, was der Menge gefällt, Marcus Didius.«
    »Ein Pragmatiker?«
    »Ein Geschäftsmann. Ich orientiere mich am Bedarf und liefere entsprechend. Wenn ich es nicht täte, würde es ein anderer tun.«
    Die traditionelle Ausrede aller, die mit Lasterhaftigkeit handelten! Nicht umsonst wurden Lanistae als Zuhälter bezeichnet. Da ich an seinem Tisch gespeist hatte, verkniff ich mir die Bemerkung. Auch ich war befleckt.
    Euphrasia liebte es offenbar zu provozieren. »Ich glaube, zwischen unseren beiden Gästen herrscht große Meinungsverschiedenheit über Grausamkeit und Humanität!«
    Wir lebten als Mann und Frau, daher bewegten sich unsere Meinungsverschiedenheit nie auf so hohem Niveau.
    Helena verübelte es wahrscheinlich einer fast Fremden, sich ein Urteil über unsere Beziehung anzumaßen. »Marcus und ich sind uns einig, dass der Vorwurf der Grausamkeit die schlimmste Beleidigung ist, die man jemandem antun kann. Grausame Kaiser werden von der öffentlichen Meinung verdammt und aus den Analen gestrichen. Und natürlich ist >Humanität< ein lateinisches Wort, eine römische Erfindung.« Für eine Frau, die nicht zur Blasiertheit neigte, konnte sie Überlegenheit so dick auftragen wie Honig auf einen Zimtzopf.
    »Und wie definieren die Römer ihre wunderbare Humanität?«, fragte Euphrasia sarkastisch.
    »Güte«, antwortete ich. »Zurückhaltung. Bildung. Eine zivilisierte Haltung gegenüber allen Menschen.«
    »Selbst Sklaven?«
    »Selbst Lanistae«, erwiderte ich trocken.
    »Oh, sogar ihnen gegenüber!« Euphrasia warf ihrem Mann einen boshaften Blick zu.
    »Ich will, dass gefährliche Verbrecher bestraft werden«, sagte ich. »Dabei zuzusehen, macht mir keine Freude, aber ich finde es richtig, Zeuge zu sein. Ich glaube nicht, dass es mir an Humanität mangelt, bin jedoch froh, mit einem Mädchen zusammenzuleben, das ein noch größeres Maß an Humanität besitzt.«
    Euphrasia konnte es nicht lassen: »Und daher sind Sie ganz erpicht darauf, zuzusehen, wie Thurius an den Löwen verfüttert wird?«
    »Allerdings.« Ich drehte mich auf dem Ellbogen zur Seite und sah ihren Mann

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