Den Löwen Zum Frass
preis.
»Ihr wart bestimmt mit Rumex befreundet. Wen haltet ihr für den Mörder?«, fragte ich. Leder knirschte, als der große Wächter hilflos mit den Schultern zuckte. »Wisst ihr, ob er letzte Nacht Besuch hatte?«
»Rumex hatte ständig Besuch. Keiner hat die gezählt.«
»Wahrscheinlich Frauen. Wissen seine Betreuer nicht, wer bei ihm war?«
Beide Wächter lachten freudlos. Ich konnte nicht genau sagen, ob es dabei um die Zahl weiblicher Bewunderer ging, die ihren toten Freund besuchten, die Nutzlosigkeit der mit seiner Betreuung beauftragten Sklaven oder um etwas Geheimnisvolleres. Doch aufklären würden sie mich darüber sicherlich nicht.
»Hat Saturninus herauszufinden versucht, ob Rumex gestern Nacht Frauenbesuch hatte?«
Wieder das Gefühl verborgener Heiterkeit. »Der ist klug genug, sich aus Rumex' Techtelmechteln rauszuhalten«, wurde mir mit anzüglichem Ton verkündet.
Anacrites zog ein frisches Laken aus den überquellenden Truhen und breitete es respektvoll über die Leiche. Bevor er das Gesicht bedeckte, fragte er: »Ist die Kette neu?«
»Hab sie nie zuvor gesehen.«
Anacrites erkundigte sich, wieso die Leiche noch hier war, und wir erfuhren, dass der Leichenbestatter am Abend erwartet wurde. Rumex würde mit Sicherheit ein mehr als anständiges Begräbnis erhalten, bezahlt vom Beerdigungsverein der Gladiatoren, dem er zu seinen Lebzeiten großzügige Spenden hatte zukommen lassen. Niemand wusste, warum Saturninus die Leiche eingeschlossen hatte, statt den Leichenbestatter einfach früher erscheinen zu lassen.
Ich überlegte, ob er vielleicht Dringenderes zu erledigen hatte, und fragte, wo er sei. Nach Hause gegangen, offenbar schwer erschüttert. Zumindest mussten wir jetzt nicht damit rechnen, dass er uns gleich in die Quere kam.
»Sagt mal, was wisst ihr über neulich Abend? Als Rumex den Löwen töten musste?« Verstohlene Blicke wurden zwischen seinen beiden Freunden ausgetauscht. »Jetzt kommt es ja nicht mehr drauf an«, meinte ich.
»Saturninus wird es nicht gefallen, wenn wir darüber reden.«
»Ich werd's ihm nicht verraten.«
»Der findet es trotzdem raus.«
»In Ordnung, ich will euch nicht drängen. Aber egal, was da passiert ist, offensichtlich war es das Ende für Rumex.«
Jetzt schauten sie ängstlich zur Tür. Anacrites schloss sie.
Mit leiser Stimme sagte der erste Gladiator rasch: »Das war dieser Magistrat. Er hat Saturninus immer wieder bedrängt, ihm zu Hause eine Privatvorführung zu geben. Saturninus hat ihm unsere Leopardin angeboten, aber er wollte unbedingt einen Löwen.«
»Saturninus besitzt keinen?«, hakte Anacrites nach.
»Seine sind alle bei den letzten Spielen drauf gegangen; er wartet auf eine neue Lieferung. Vor ein paar Monaten hat es fast geklappt, aber Calliopus hat sich nach Puteoli geschlichen und ihm das Viech weggeschnappt.«
»Draco?«, fragte ich.
»Genau.«
»Ich hab Draco gesehen. Ein prächtiges Tier mit viel Energie. Und ich kenne noch andere, die ihn gern erworben hätten.« Thalia hatte mir gesagt, dass sie ihn für ihre Truppe haben wollte. »Also hat Sa- turninus ihn nicht gekriegt, aber er hat den Pfleger von Calliopus' Menagerie bestochen, ihm Draco für einen Abend auszuleihen? Wisst ihr davon?«
»Unsere Jungs sind da hingegangen und dachten, sie hätten das richtige Vieh. Nachher wurde uns natürlich klar, dass es der falsche Löwe war. Aber sie haben dort nur einen gesehen. Den anderen müssen die versteckt haben.«
»Was hatte Saturninus mit dem Löwen vor?«
»Eine Vorführung, bei der das Vieh ein Geschirr trug. Kein echtes Blut, nur Krach und Drama. Nicht so furchterregend, wie es aussehen würde. Unsere Pfleger sollten den Löwen in Schach halten, während Rumex in seiner Montur gegen ihn kämpfte. Nur zur Schau, damit der Magistrat seine Freundin heiß machen konnte.«
»Das heiße Höschen? Scilla, oder? Ist das 'ne flotte Biene? Ein echter Feger?«
»Ne tolle Nummer«, stimmte unser Informant zu. Sein Freund lachte anzüglich.
»Verstehe - und was ging an dem Abend schief in Urticas Haus? Lief die Vorführung so wie geplant?«
»Hat nicht mal angefangen. Unsere Pfleger haben den Käfig aufgemacht und wollten dem Löwen das Geschirr anlegen ...«
»Was nicht ganz einfach sein kann.«
»Die machen das dauernd. Benutzen einen Fleischbrocken als Köder.«
»Besser sie als ich. Was ist, wenn der Löwe oder der Leopard beschließt, dass das Tagesmenü aus der Katzencaupona heute aus Menschenarm
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