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Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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besteht?«
    »Dann haben wir einen einhändigen Pfleger«, antwortete grinsend der zweite Mann, der nur selten sprach. Der kultivierte, sensible.
    »Nett! Und war Rumex daran gewöhnt, gegen Tiere zu kämpfen? Er war doch kein Bestiarius, oder? Ich dachte, er würde sonst den Samniten spielen und gegen menschliche Gegner antreten?«
    »Richtig. Er wollte das nicht übernehmen, und das ist eine Tatsache. Saturninus hat ihn dazu gekriegt.«
    »Wie?«
    »Wer weiß?« Wieder tauschten die beiden Gladiatoren verschlagene Blicke aus. Sie wussten Bescheid. Der alte Spruch »Hat mit uns nichts zu tun, Legat« blieb ungesagt, aber die darin angedeutete Ergänzung »Wir könnten Ihnen 'ne Menge erzählen!« hing in der Luft. Sie waren sich einig, dass sie mir nichts erzählen würden. Wenn ich sie unter Druck setzte, gefährdete ich das gesamte Gespräch.
    »Dann müssen wir eben Saturninus fragen«, meinte Anacrites.
    Sie enthielten sich jeden Kommentars, als wollten sie uns herausfordern.
    »Noch mal zurück zum Haus des Exprätors«, sagte ich. »Der Löwenkäfig wurde geöffnet, und was dann?«
    »Die Pfleger wollten alles in Ruhe vorbereiten, aber der verdammte Magistrat kam angewetzt. Der machte sich vor Aufregung fast in die Hosen. Er griff sich eine von den Strohpuppen, mit denen man die Tiere in Rage bringt, und wedelte damit rum. Der Löwe brüllte und stürzte mit einem Satz an den Pflegern vorbei. Es war schrecklich. Er warf sich direkt auf Urtica.«
    Anacrites schluckte. »Große Götter. Wurde er verletzt?«
    Die beiden schwiegen. Urtica musste was abgekriegt haben. Das ließ sich herausfinden. An dem
    Nachmittag, als ich ihn in seiner Villa auf dem Pin- cius aufsuchen wollte, hatte Pomponius Urtica vielleicht stöhnend im Haus gelegen und sich von dem Prankenhieb erholt. Zumindest wusste ich jetzt, was mit der zerfetzten Strohpuppe passiert war, die ich in der Remise bei Calliopus gefunden hatte.
    »Das muss ja furchtbar gewesen sein«, meinte Anacrites.
    »Urtica lag am Boden, seine Freundin schrie, und keiner von unserer Mannschaft wurde damit fertig.«
    »Rumex hat sich einfach einen Speer gegriffen und sein Bestes gegeben?«
    Wieder schwiegen seine beiden Freunde. Sie verhielten sich unterschiedlich. Der eine hatte erzählt, während der andere mit leicht sarkastischer Miene zugehört hatte. Vielleicht missbilligte der zweite Mann, dass sein Kumpel mir von den Vorkommnissen berichtete. Oder es konnte auch etwas anderes sein. Möglich, dass er mit der Geschichte so nicht einverstanden war.
    »Dann mussten sie entscheiden, was mit dem toten Löwen passieren sollte?«, schlug Anacrites vor. Keine Antwort.
    »Tja«, hielt ich dagegen, »man kann einen Circuslöwen nicht einfach hinter einen Busch in Cäsars Gärten schieben und hoffen, dass die Männer, die den Rasen schneiden, ihn mit den Gartenabfällen abtransportieren.«
    »Also haben sie ihn dahin zurückgebracht, wo er herkam?«
    »Das Beste, was sie tun konnten.«
    Anacrites und ich führten dieses Gespräch, weil die beiden Freunde von Rumex offenbar nichts mehr dazu sagen wollten.
    Ich stellte eine letzte Frage: »Was hat eigentlich den Ärger zwischen Saturninus und Calliopus ursprünglich ausgelöst?«
    Das schien ein neutrales Thema zu sein, ein Themenwechsel, und sie waren bereit, sich wieder zu äußern. »So viel ich gehört habe, ein alter Streit wegen eines Loses bei der Sparsio«, sagte der eine zum anderen. Die Sparsio war das wilde Gerangel, das entstand, wenn Gutscheine für Preise und sogar Sachwertgeschenke als milde Herrschergabe in die Menge geworfen wurden.
    »Damals, in der alten Zeit.« Selbst der zweite wurde weniger zurückhaltend. Allerdings nur etwas weniger.
    »Calliopus und Saturninus waren mal Partner, oder?«, sagte Anacrites. »Waren sie zusammen bei den Spielen? Und haben sich dann über einen Gutschein in dem Gedrängel gestritten?«
    »Saturninus hat den Gutschein zuerst aufgefangen, aber Calliopus hat ihn getreten und ihm das Ding weggeschnappt ...«
    Die Lotterie hatte in der Arena immer Chaos ausgelöst. Nero hatte sich einen Spaß daraus gemacht, jene wunderbaren menschlichen Eigenschaften wie Habgier, Hass und Missgunst anzustacheln. Es wurden auch hohe Wetten abgeschlossen, auf die Möglichkeit hin, einen Preis zu gewinnen, wobei man alles verlor, wenn man keinen Gutschein auffing. Wenn die Lose von den Aufsehern geworfen oder von der Wurfmaschine ausgespuckt wurden, brach das Chaos aus. Ein Los zu erwischen war die

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