Den Löwen Zum Frass
Brot vergiften. Anethum fraß das Brot, schlang es gierig runter. Dann schien er zu zucken, zu stolpern und einzunicken, als wäre er betäubt. Schließlich brach er auf dem Boden zusammen.
Der Hund stellte sich tot, wurde rumgezerrt und hochgehievt. Als er immer noch schlaff blieb, wie grob er auch über die Bühne geschleift wurde, sah es so aus, als wäre er wirklich tot - ein lausiges Opfer an den allgemeinen Dramengeschmack. Dann, auf Stichwort, rappelte er sich langsam auf und schüttelte den großen Kopf, als wäre er aus einem tiefen, traumerfüllten Schlaf erwacht. Er sah sich um und rannte dann zum richtigen Schauspieler, den er schwanzwedelnd ansprang.
Er war ein so guter Schauspieler, dass seine Wiederbelebung fast unheimlich wirkte. Das Publikum war seltsam bewegt. Einschließlich des Schirmherrn der Spiele. Wie Thalia und ich wussten, war der heutige Schirmherr kein unausgegorener Prätor, sondern, prächtig anzusehen in seiner palmenbestickten Triumphrobe, der Kaiser selbst.
Als das Stück endete (zur allgemeinen Erleichterung, ehrlich gesagt), wurde der Hundetrainer aufgefordert, sich zu Vespasian zu begeben. Thalia hüpfte los, gefolgt von mir am Ende von Anethums Leine.
»Neuer Beruf, Falco?« Kaum hatte Vespasian den Mund aufgemacht, wusste ich, dass ich nichts erreichen würde. Nachdem er den Hund gestreichelt hatte, richtete der alte Mann sich auf und warf mir einen seiner kühlen Blicke zu. Seine breite Stirn legte sich in die charakteristischen Falten.
»Zumindest hat Gassiführen den Vorteil von frischer Luft und Bewegung, was besser ist, als für den Zensus zu arbeiten, Herr.«
Die Menge stand am Theaterausgang Schlange, bevor sie sich auf den Weg zum Circus Maximus machte. Niemand interessierte sich dafür, was sich zwischen dem Kaiser und den bloßen Mitwirkenden einer Spezialitätenschau abspielte. Meine Hoffnung, ein anständiges Leben führen zu können, wurde hier zerschlagen, aber das erregte kaum öffentliches Interesse
- und noch weniger Mitgefühl von Vespasian selbst.
»Probleme? Warum können Sie nicht auf normalem Weg eine Petition einreichen?«
»Ich weiß, was mit Petitionen geschieht, Herr.« Vespasian musste doch bekannt sein, dass sie von denselben Schreibern abgefangen wurden, die mir einen Strich durch die Rechnung gemacht hatten. Er wusste alles über die Palastsekretariate. Aber er wollte auch nichts mit jemandem zu tun haben, der die kaiserlichen Angestellten beleidigte.
Ich erblickte Claudius Laeta im Gefolge des Kaisers. Der geschniegelte Drecksack trug seine beste Toga und kaute ungerührt an einem Paket Datteln. Er ignorierte mich.
Vespasian seufzte. »Was gibt es denn zu meckern, Falco?«
»Es geht um eine Uneinigkeit wegen meines Honorars.«
»Wenden Sie sich an das Büro, das Sie beauftragt hat.«
Der Kaiser wandte sich ab. Er blieb nur stehen, um einen Sklaven anzuweisen, Thalia eine zum Bersten volle Geldbörse als Belohnung für den Charme und die Klugheit ihres dressierten Hundes zu geben. Als er sich umdrehte und salutierte, während sie knickste, blinzelte Vespasian ein wenig wegen des Flatterns ihrer anstößigen Röcke und fing unwillkürlich meinen Blick auf. Er sah aus, als würde er leise knurren.
Mit gedämpfter Stimme sagte ich: »Helena Justina und ich möchten Ihnen unser Beileid zu Ihrem großen Verlust aussprechen, Herr.«
Ich dachte mir, falls Antonia Caenis je mit ihm über meinen Fall gesprochen hatte, würde er sich daran erinnern, was sie gesagt hatte. Dabei beließ ich es. So sollte es sein: Ich hatte meinen letzten Wurf getan und würde nicht versuchen, ihn noch weiter unter Druck zu setzen. Das würde ihm Peinlichkeit ersparen. Und es würde mir ersparen, dass mir vor einem höhnisch grinsenden kaiserlichen Gefolge der Kragen platzte.
Ich dankte Thalia und schlenderte zum Circus Maximus, wo ich mich Helena auf unseren Plätzen in den oberen Rängen zugesellte. Unten trugen sie bereits die Plakate herein, auf denen die empörenden Taten der Hinzurichtenden aufgelistet waren.
Im gesamten Stadion harkten Sklaven den Sand für die Löwen und die Gefangenen glatt. Aufseher verhüllten die Statuen, damit die göttlichen Bildnisse nicht durch die Schande der Verurteilten und die grässlichen Anblicke, die folgen würden, beleidigt wurden. Die Stangen, an denen man die verurteilten Verbrecher fesseln würde, waren bereits in den Boden gerammt.
Die Verurteilten waren, am Hals zusammengekettet, hereingeschleift worden. Sie
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