Den Oridongo hinauf (German Edition)
Sand aufwühlt, fünfzehn und unglücklich. Dann eine Saftflasche von unbekannter Marke. Eine Schriftrolle vom Toten Meer. Ein Fragment eines unbekannten Evangeliums. A girl …
Und alles in der Zeit der Unschuld. Darüber haben wir gesprochen, Berit und ich. Wie unschuldig das alles war. Denn wir lesen doch darüber in der Zeitung. Die elektronische Flaschenpost, die heutzutage durch den Kosmos gejagt wird. Die vielen fünfzehn Jahre alten Jungen, die sich als sechzig Jahre alte Onanierer mit Bierbauch und langem Sündenregister entpuppen.
Uns schaudert es.
Ich erzähle Berit nicht, was ich mir hier oben in dem verlassenen Mädchenzimmer so denke. Ich behalte diese Gedanken für mich. Mit Berit spreche ich über das tägliche Leben hier oben, und ab und zu über die Zukunft, von der wir, wie ich glaube, noch viel zu erwarten haben. Wir sind beide nicht den allerleichtesten Weg hierher gegangen, wo wir nun im Halbdunkel dasitzen und Kaffee trinken. Es hat durchaus steile Hänge und Abgründe gegeben. Und nicht wenige.
»Noch Kaffee?«
»Ja, danke.«
Ich hole die Thermoskanne und schenke für sie ein.
»Ellen hatte eine ein wenig seltsame Idee. Ich habe weder Ja noch Nein gesagt.«
»Ja, ich habe mit ihr gesprochen, ich finde, du solltest mitmachen.«
»Du hast mit ihr gesprochen? Wann denn?«
»Wann denn? Spielt das eine Rolle?«
»Natürlich tut es das! Wenn sie mit dir gesprochen hat, ehe sie mich gefragt hat, bedeutet das doch, dass ihr beide Pläne für mein Tun und Lassen schmiedet, ehe ich selbst darin eingeweiht werde.«
»Jetzt übertreib nicht! Sie hat gefragt, ob ich glaubte, dass du vielleicht bereit sein könntest, dich an einem kleinen Gespräch darüber zu beteiligen, wie es war, von außen zu kommen und sich hier auf Vaksøy niederzulassen. Das war alles. Das heißt doch nicht, dass wir Pläne für dich schmieden.«
»Nicht? Und was hat die weise Frau aus Viken geantwortet?«
»Ich habe gesagt, dass ich mir nie im Leben vorstellen kann, dass du da mitmachen würdest. Aber dass sie dich ja fragen könnte.«
Ich stelle fest, dass mir ein leicht ungläubiges Lachen entschlüpft. Jetzt muss ich mich an alle Gespräche aus dem Blauen Zimmer erinnern.
Sie stellt mit einer Bewegung, die mir als unnötig heftig erscheint, ihre Kaffeetasse auf den Tisch. »Jetzt fang bloß nicht damit an!«, sagt sie.
Ganz ohne die Stimme zu heben, erkläre ich ihr, dass ich durchaus nicht vorhabe, mit irgendetwas anzufangen.
»Wir müssen nur ein klein wenig aufräumen. Okay?«
Sie antwortet mit einem Seufzer, der mich eigentlich ziemlich wütend macht, aber das zeige ich nicht. Ich lege eine längere Pause ein, ehe ich weiterrede. Überlege. So muss das gemacht werden. Ja, ich warte so lange, dass sie offenbar glaubt, dass ich den Fall auf sich beruhen lassen will, denn als ich jetzt etwas sage, sehe ich, dass sie zusammenzuckt.
»Wir können das ja von Anfang an durchgehen«, schlage ich vor.
Leise: »Ach, du meine Güte!«
Das Letzte, was ich will, ist, sie zu quälen. Dazu bin ich auch gar nicht veranlagt. Andererseits ist es so, dass ich in dieser Angelegenheit hintergangen werde. Wenn ein Gespräch über mich geführt wird, darüber, wozu ich wohl bereit bin oder nicht, dann verlange ich, darüber informiert zu werden. Am besten im Voraus. Und jetzt, wo sie ins Fettnäpfchen getreten sind, ist es ja wohl das Mindeste, was ich erwarten kann, dass Berit erklärt, was eigentlich geschehen ist. Das ist doch nicht zu viel verlangt. Und das erläutere ich hier auf ruhige und gelassene Weise.
Und jetzt wird sie eine andere. Ihre leicht resignierte Miene verschwindet. Sie lächelt und mustert mich mit dem schwedischen Blick. Den schönen Augen.
»Ist schon gut«, sagt sie. »Ich werde alle Karten auf den Tisch legen.«
Na gut. Jetzt kommt sie mir so. Sie will meinem Ernst mit ihrem Spiel begegnen. Das geschieht nicht zum ersten Mal. Indem sie ihre eigene Rolle übertreibt, will sie mir klarmachen, was sie von meiner Übertreibung hält. Das hat sie irgendwo gelernt.
Also gebe ich Kontra. Ich sage, dass ich rein gar nichts wissen will. Es kann doch eigentlich egal sein.
»Aber nicht so, mein gutester Vågsvikinger. So leicht kommst du mir nicht davon!«
Sie kommt auf mich zu und setzt sich auf meinen Schoß. Tippt mit dem Zeigefinger meine Nasenspitze an.
Für das mit dem Vågsvikinger habe ich eine Schwäche. Und für den Zeigefinger ebenfalls. Andererseits meine ich es ernst. Ich finde es gar nicht
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