Den Oridongo hinauf (German Edition)
gut, wenn hinter meinem Rücken geredet wird.
»Ein kleines Gespräch«, sagte ich. »Ich hatte den Eindruck, dass es eine große Veranstaltung werden soll?«
»Ach, das hattest du also? Aber das ist doch der Anfang. Ich dachte, du hast gesagt, du wolltest wissen, wann ich mit Ellen gesprochen habe?«
»Das ist nicht so wichtig«, sage ich. »Aber war das vielleicht deine Idee, wo du dich so aufregst?«
»Weißt du was? Du bist ganz einfach unmöglich!«
»Na gut. Bringen wir die Sache hinter uns. Auf mich wartet draußen im Schuppen noch eine kleine Aufgabe. Ellen ruft an.«
»Nein. Ich begegne Ellen im Laden. Bei der Gefriertruhe, übrigens. Ich habe soeben eine Packung grüne Erbsen herausgenommen, als ich sie kommen sehe. Das war gestern, also nicht weniger als vierundzwanzig Stunden, ehe sie dich in diesen finsteren Plan eingeweiht hat, deshalb kann ich verstehen, dass du beleidigt bist. Ich hatte dich auch nicht um Erlaubnis gebeten, ehe ich in den Laden gegangen bin, ich weiß auch nicht, warum. Vielleicht war es mir schnurz? Oder du hast vielleicht geschlafen?«
Pause.
»Was glaubst du? Such dir die schlimmere Antwort aus.«
Ich sage nichts. Es ist schön, wenn sie so hier sitzt.
»Es gibt also nur diese kleine Idee, die sich in Ellens Kopf festgesetzt hat«, sagt sie jetzt. »Und dass es vielleicht für viele von denen, die ihr ganzes Leben hier oben verbracht haben, interessant sein könnte, ein wenig darüber zu hören, wie jemand, der von außen kommt, diese Gemeinschaft erlebt.«
Ich lege ihr vorsichtig die Hand auf den Oberschenkel. »Ich glaube, das kann leicht zu privat werden.«
»Dass kann doch nicht passieren, wenn sie die Fragen stellt, oder? Sie ist doch meine beste Freundin!«
Ich lasse mich zurücksinken und schließe die Augen. Ihr Zeigefinger verschwindet. So sitze ich da und spüre ihre Wärme, und denke, dass es einfach unmöglich ist, ihr für längere Zeit böse zu sein. Das geht nicht. Und wenn ich mir die Sache richtig gut überlege, kann ich dieses Gespräch zwischen zwei Frauen über mich dort im Laden durchaus auch in positivem Licht sehen. Zuerst die Idee, die Ellen kommt, als sie zu Hause ist und mit ihrer Arbeit herumpusselt. Mit wem könnte man in aller Öffentlichkeit ein interessantes Gespräch führen? Wer könnte bei einem Treffen im Gemeindehaus Licht auf die Probleme werfen, mit denen ein Neuling konfrontiert wird, wenn er sich hier auf Vaksøy niederlässt? Und da meldet sich in ihr mein Name mit großer Selbstverständlichkeit zu Wort. Ulf Vågsvik. In Ulf Vågsvik hat sie einen möglichen Gesprächspartner – nicht nur über Probleme und Nachteile, sondern auch über die vielen Vorzüge, die die Insel im Vergleich zum hektischen Großstadtleben eben zu bieten hat. Denn ich habe in den beiden Jahren, in denen ich nun hier oben wohne, nicht an Munition gespart. Sie, und viele andere, wissen genau, wo mein Herz vor Anker gegangen ist. Eine vor allem negativ geladene Person auf die Bühne des Gemeindehauses zu schleppen, würde das Fiasko garantieren. Das können wir nicht zulassen. Aber bei mir kann sie sich sicher fühlen. Ich könnte vielleicht einige humorvolle Bemerkungen über das stillgelegte Hallenbad und die geschlossene Bücherei machen, aber das wäre wohl auch alles. Ich sehne mich nicht weg von hier. Ich tausche gern Chlorwasser und verstaubte Bücher gegen sauberes Meer und hohen Himmel ein. Ich könnte einige scharfe Bemerkungen über die blödsinnige Weise machen, in der norwegisches Dorfleben in Literatur und Film oft dargestellt wird. Die würdelosen Klischees. Ich meine: Haben wir hier oben mehr als einen Reinert von Neset? Mehr als einen Bendik Haga? Nein. Haben wir nicht! Und ich muss doch ein wenig lachen, als ich mir die beiden erwähnten Herren vorstelle, während ihre Namen aus meinem Mund kullern. Ehe ich mit irgendeiner selbstironischen Bemerkung allem den Stachel abbreche. Von meinem Spaziergang am Strand am Tag meiner Ankunft erzähle, zum Beispiel. Meinen ersten Fahrversuchen auf Magnes Dreirad. Hier oben gibt es vermutlich auch nur einen Ulf Vågsvik.
Aber wäre nämlicher Vågsvik bereit zu diesem öffentlichen Interview? Bereit, mit einem Glas Rotwein oben auf der Bühne zu sitzen und sich an einem Gespräch über Vaksøys Vorzüge und Mängel zu beteiligen? Davon hat Ellen Svendsen doch keine Ahnung. Deshalb ist es vielleicht doch kein Wunder, dass sie die Gelegenheit nutzt, als sie Berit begegnet, der Person, die Ulf Vågsvik
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