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Den Oridongo hinauf (German Edition)

Den Oridongo hinauf (German Edition)

Titel: Den Oridongo hinauf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingvar Ambjørnsen
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unbedingt am besten kennt. Dass sie die Idee zuerst ihr gegenüber zur Sprache bringt.
    Dennoch stimmt hier irgendwo etwas nicht, wenn es also zutrifft, dass Berit sofort, vielleicht sogar mit großer Überzeugung, behauptet, sich einfach nicht vorstellen zu können, dass ich zu so etwas bereit wäre.
    Jedenfalls fragt Ellen mich am nächsten Tag ja doch.
    Und ich denke: Warum konnte ich nicht einfach sagen, dass ich mir die Sache erst überlegen müsste? Und musste ich denn wirklich auf den Hof hinausstürzen?
    Also sage ich jetzt zu Berit, dass ich ein paar Runden mit mir selbst drehen muss, dass ich aber die Anfrage, die Ellen an mich hatte, aller Wahrscheinlichkeit nach mit ja beantworten werde.

4
    Ich bin in deine Fußstapfen getreten, dort, wo du den Pfad verlassen hast, Magne, so war das. Daran denke ich jedesmal, wenn ich auf den Gang hinausgehe und deine Windjacke anziehe, die noch immer, Jahre, nachdem du von uns gegangen bist, nach Drehtabak und Wald riecht, und ich denke auch sonst oft daran, daran, dass ich da weitergemacht habe, wo du passen musstest. Und niemand weiß und niemand soll es jemals erfahren, dass ich immer wieder diese Gespräche mit dir führe, genauer gesagt, dass ich hier mit dir spreche, während ich zugleich auf die Stille des Todes lausche. Aber das ist eine geladene Stille, wie dann, wenn man in der vollkommenen Dunkelheit dasteht und die Nähe eines anderen spürt, ich glaube, dich nahe bei der Grenze der Lebenden zu ahnen, und manchmal, zum Beispiel, wenn ich deine Jacke anziehe, habe ich das Gefühl, dich zugleich über die Grenze und hinein ins Leben zu ziehen. Dann scheint ein Teil von mir zu dir zu werden, und zusammen gehen wir die Treppe hoch, wie jetzt, wir schieben einen Priem ein und überqueren den Hofplatz, und meine Hand ist fremd und vertraut zugleich, wenn die Finger den alten gelben Schalter draußen im Holzschuppen umlegen und das scharfe Licht über den Holzhaufen fällt, den Reinert von Neset gebracht hat, den er vom Lastwagen geschoben hat, das Holz, das du und ich, zwei Hände, gleich stapeln werden. Und bei dieser Arbeit bin ich ganz und gar bei dir, so, wie du auch hier bei mir bist, wir sind in Dem Einen, dem verschlossenen Raum, der nur für uns wirklich ist, und den ich deshalb auch ihr gegenüber verschweige, ja, gerade ihr gegenüber, denn das könnte Unruhe erregen. Und die Holzscheite sollen dicht und gleichmäßig liegen, wie wir das ohne Worte oder Gebärden beschlossen haben, es ist einfach so, dass wir mit vorsichtigen Hammerschlägen bei jeder zweiten Reihe, die wir legen, die Platzierung jedes einzelnen Holzscheites korrigieren, nicht nach der ersten Reihe oder zum Beispiel, wenn die dritte Reihe gelegt ist, sondern nach der zweiten. Ich weiß, dass du nicht gewollt hast, dass sie hier oben allein wäre. Sie hat mir alles erzählt, was du darüber gesagt hast. Zuerst in den Briefen, die ich bekommen habe, als ich den Oridongo hinauffuhr, später am Küchentisch in der Dämmerstunde, sie hat gesagt und geschrieben, dass du es so gewollt hättest, und ich habe gedacht und gespürt, dass es der Wille eines starken und großzügigen Mannes ist, in den ich auf seltsame Weise hineingezogen worden bin, es lag voll und ganz außerhalb meiner Fassenskraft, dass so etwas passieren könnte. Aber du hast diese Möglichkeit erfasst, als du spürtest, wie deine Kräfte aus dir heraus und in etwas anderes hineinsickerten, du hast meine Anwesenheit irgendwo dort draußen gespürt, ohne Namen und ohne Gesicht, und das passte mir doch nur zu gut, wo ich dabei war, mich von beidem zu befreien, an einem anderen Ort ein anderer zu werden. Und wie ich dir schon so oft erzählt, nein, dir anvertraut habe, so habe ich mich auch ihr anvertraut: Ich hatte mich schon längst damit abgefunden, den Rest des Weges allein gehen zu müssen, in mir gab es keinen Traum mehr von einer Frau aus Fleisch und Blut.
    Ich arbeite bis kurz nach neun. Es ist ganz dunkel draußen, als ich die Tür des Holzschuppens hinter mir schließe. Nur das Hoflicht über den ausgetretenen Treppenstufen, das große Stück Mauer, Zement und Muschelkalk. Und es ist so still, nein, es ist nicht still, denn hier sind Wind und Meer, die Wellen, die schlagen; kann man sagen, dass die Stille so klingt? Irgendwo habe ich gelesen, dass die Toten im Wind leben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das stimmen kann, aber wenn ich mir die Kapuze über den Kopf ziehe, ist es dennoch ein verlockender Gedanke, eben,

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