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Den Oridongo hinauf (German Edition)

Den Oridongo hinauf (German Edition)

Titel: Den Oridongo hinauf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingvar Ambjørnsen
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herrscht dichter Nebel.«
    »Erregter Zustand?«
    »Ja, du hast in der Cafeteria einen Vortrag über norwegische Randgebiete gehalten, nicht wahr? Und bist auf einen gewissen Widerspruch gestoßen. Du verlässt das Lokal gewissermaßen im Zorn. Und wann passiert das alles, Ulf?«
    »Um kurz nach fünf, vielleicht. Warum um alles in der Welt willst du das wissen?«
    Er nimmt sich noch ein Brot mit Makrele in Tomate.
    »Weil ich, so, wie die Lage sich jetzt entwickelt hat, alles Mögliche wissen muss. Alles, was vernünftig wirken kann, und alles, was total daneben wirken kann. Ich will wissen, was heute Nachmittag hier auf der Insel geschehen ist. Ich werde Reinert von Neset fragen, was er zu Mittag gegessen hat, und Ove Mellberg, was…«
    »Ja, da kann ich dir immerhin behilflich sein«, sage ich und merke, dass meine Stimme vielleicht ein wenig pikiert klingt. »Denn er und Arne Svendsen haben Kaffee getrunken und dabei Waffeln mit Zucker und Zimt gegessen. Und solange ich dort war, hat keiner von ihnen das Lokal verlassen, nicht einmal, um zur Toilette zu gehen. Was übrigens auch für mich gilt.«
    »Ulf! Du verstehst das. Oder nicht?«
    »Ich verstehe nur, dass ich den Jungen gefunden habe«, sage ich. »Und dass er nicht nur am Leben war, sondern sogar unversehrt. Jedenfalls körperlich.
Ich habe ihn hergebracht, Tharald! Ich habe ihn nach Hause gefahren, habe ihn in meine, genauer gesagt in Magnes Windjacke gepackt. Ich habe so gefroren, dass ich glaubte, gleich zu verunglücken, weil ich die Kontrolle über die Muskeln in Gesicht und Oberarmen verlor. Ich habe dem Jungen zuliebe gefroren!«
    Seine große offene Hand hebt sich zu einer Art Indianergruß. »Das reicht jetzt! Nun mach’s mal halblang, ja? Du fährst also um kurz nach fünf.«
    »Ich bin ganz sicher, dass mehrere andere dir den genauen Zeitpunkt nennen können«, gebe ich zurück. »Ich bin bemerkt worden. Ich hatte viele Augen im Rücken, als ich gegangen bin. Ich kann mir gut vorstellen, dass mehrere von denen dann zu der großen digitalen Uhr über den Glastüren weitergewandert sind. Oder zu ihrer eigenen Armbanduhr. Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen.«
    Dann erklärte ich, dass ich auf der ganzen Strecke dreißig Stundenkilometer fahre, und dass ich mir genau gemerkt habe, wann ich auf den Hofplatz in Viken gefahren bin. 18.07 Uhr.
    »Gut.«
    »So gut wie in irgendeinem Kriminalroman, möchte ich meinen. Ich wusste ja, dass das wichtig ist. Und es tut mir leid, dass ich mir nicht genau gemerkt habe, wann ich vor der Milchrampe angehalten habe. Ob du es nun glaubst oder nicht, ich habe meine Armbanduhr einfach total vergessen, als ich ihn entdeckt habe. Ich hätte auch ohne Uhr unterwegs sein können. Für einen Moment glaubte ich, einfach ins Totenreich gefahren zu sein und mich also außerhalb der Zeit zu befinden.«
    Ich erkläre, wie ich das meine. Das zauberische Licht. Der Nebel. Der Schock beim Anblick von Tom, der auf der vom Wind umwehten Milchrampe sitzt und mit den Beinen baumelt. Er, von dem wir alle geglaubt hatten, er sei schon vor mehreren Tagen ins Wasser gegangen.
    »Hervorragend. Gut. Ist dir irgendwer begegnet? Auf dem Weg zu dem alten Gemischtwarenladen? Oder später? Auf dem Weg weiter nach Viken? War Verkehr auf der Straße? War irgendwer zu Fuß unterwegs?«
    »Nein. Das wäre mir aufgefallen. Ich war auf dem ganzen Weg wirklich extrem aufmerksam. Ehe ich Tom gefunden hatte und nachher auch. Es waren extreme Verhältnisse, weißt du. Dieser Nebel. Verdammt gefährlich ganz einfach. Aber doch! Als ich das Moped abgestellt hatte und zu ihm hinüberlief, fuhr ein Auto vorüber. In einem absolut verantwortungslosen Tempo. Du weißt ja nur zu gut, wie die Einheimischen hier draußen fahren. Bei jedem Wetter.«
    »Auf dem Weg von?«
    »Auf dem Weg von Viken. Nach Laugen.«
    »Und?«
    »Nein, nein. Nur ein Schatten.«
    »Aber ein Personenwagen?«
    »Ja. Ein Personenwagen. Das steht fest.«
    »Okay. Dann erzähl mir von der Begegnung. Was passiert ist, als du über die Straße gingst.«
    »Er saß ganz still da. Er schien durch mich hindurchzusehen. In eine andere Welt.«
    »Er wirkte nicht verängstigt?«
    »Nein. Aber als ich ihm eine Hand auf den Kopf gelegt habe, fing er an zu weinen.«
    Aus irgendeinem Grund bringe ich es nicht über mich zu erzählen, dass ich ihm die Hände auf die Ohren gelegt habe, ich habe keine Ahnung, warum nicht, doch, vielleicht….
    »Lautlos übrigens. Nur seine Tränen, die

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