Den schnapp ich mir Roman
malen, und sie hatte es genossen, wie er sie betrachtet und dann jede Einzelheit ihres Körpers perfekt zur Geltung gebracht hatte. Ironischerweise war das Cottage auch der Schauplatz ihrer letzten, dramatischen Szene gewesen, als ihre Beziehung in die Brüche ging.
Jetzt wandte sie sich ungehalten ab, weil sie die Erinnerungen daran kaum aushalten konnte.
»Was machst du hier?«, fragte er heiser und sah sie fragend an.
»Ich … ich lebe jetzt hier«, antwortete sie stockend. Gott, wie schwer es war, ihm in die Augen zu sehen. War es denn möglich, jemanden zu lieben und mit derselben Intensität zu hassen? Sie spielte mit den Falten ihres Kleides, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, seinen verlockenden Mund zu küssen oder sein engelhaftes Aussehen mit einem blauen Auge zu verunzieren.
Tristan sah sie entgeistert an. »Hier? Du lebst jetzt hier, in Appleton?«
»Ja, zumindst vorübergehend.«
»Wann bist du denn hergezogen?«
»Vor ein paar Monaten.«
»Wie? Warum habe ich dich denn nicht schon vorher gesehen? Hast du mich gemieden?«
Sophie lachte kurz auf. »Ja. Überrascht dich das?«
»Nein, vermutlich nicht.« Er senkte den Blick und fuhr mit den Fingern unsicher durch die blonden Locken. »Warum hast du mich denn nicht besucht? Du bist immerhin ohne ein Wort vor fünf Jahren aus meinem Leben verschwunden. Ist dir denn nie in den Sinn gekommen, dass ich gerne erfahren hätte, was zum Teufel damals passiert ist?«
Dann sah er sie wieder an, und Sophie zuckte verwirrt zusammen. Sie sah, wie wütend er war, wie vorwurfsvoll. Stumm schüttelte sie den Kopf, weil alles plötzlich sehr seltsam erschien.
Sie hatte doch jedes Recht, wütend zu sein, oder? Er hatte seine Exfreundin Anna in der Annahme geküsst, sie würde das nicht erfahren, weil sie ja in London war. Sophies Magen krampfte sich zusammen. Ohne Zweifel hatte es damit auch nicht geendet. Annas entschlossener Blick hatte ihr verraten, dass es nicht bloß um eine Gelegenheitsknutscherei ging. Tristan war nicht gerade für seine Enthaltsamkeit bekannt. Sie schwankte. Bei dem Gedanken,
dass Tristan Anna berührt hatte statt sie, wurde ihr immer noch schwindlig.
Tristan sah sie entgeistert an. Wie trotzig Sophie ihn anblickte! Wie konnte sie es wagen, ihm so zu begegnen, so kämpferisch, als wäre er der Schuldige! Was hatte er den bloß getan, zum Teufel? Hatte er sie zu sehr geliebt? Wenn das sein Verbrechen war, dann würde er sich sofort schuldig bekennen und sie um Verzeihung bitten.
Hatte er sie tatsächlich zu sehr geliebt? Vielleicht hatte sie seine intensiven Gefühle als einengend empfunden? Vielleicht hatte sein Versuch, sie zu beschützen, als sie zuerst in Appleton ankam, zu bedrängend und kontrollierend gewirkt? Aber so hatte er das nie gemeint.
Tristan war damals überzeugt gewesen, dass sie ein Herz und eine Seele waren und dass Sophie für ihn das Gleiche empfand wie er für sie. Aber jemanden so zu lieben war für ihn neu gewesen, und er hatte damals keine Ahnung gehabt, wie er damit umgehen sollte. Er war ein Playboy gewesen, ein Spieler, der Sex liebte und engeren Bindungen auswich. Dann war Sophie in sein Leben getreten und hatte alles verändert. Plötzlich hatte Sex für ihn eine andere Bedeutung angenommen. Jetzt waren Gefühle im Spiel, und darauf war er nicht vorbereitet gewesen. Er hatte sich aber aus ganzem Herzen auf ihre Beziehung eingelassen – vielleicht war seine uneingeschränkte Anbetung für sie einfach zu viel gewesen, so dass sie schließlich vor ihm flüchtete.
Er wandte sich ab. Er brauchte etwas zu trinken. Ihre Ankunft in seinem Leben und ihr Fortgehen hatten ihn zu dem Mann gemacht, der er heute war. Beides hatte ihn unwiderruflich verändert.
Tristan konnte sich an den Tag, an dem Sophie verschwand, in aller Deutlichkeit erinnern. Er hatte die halbe Nacht gearbeitet, um einen Auftrag für eine neue Galerie
in London fertig zu stellen, die sich für sein Werk interessierte. Um diese Zeit hatte sein kometenhafter Aufstieg begonnen. Seine Gemälde hingen in drei New Yorker Galerien, und die National Portrait Gallery in London hatte ihm eine Woche für die Ausstellung seiner »Liebenden Frauen« angeboten.
Er hatte wie besessen an einem nur halb fertigen Porträt von Sophie für diese Ausstellung gearbeitet. Es war ein fantastisches, sinnliches Bild, auf dem sie nur von einem Laken umhüllt war, das an ihrem kurvenreichen Körper herabzugleiten schien. Die langen Haare umspielten zärtlich
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