Den schnapp ich mir Roman
mit Milly besser zurecht. Seit dem Sommerfest hatten sie sich nur über Belanglosigkeiten unterhalten, wobei aber eine Grundspannung stets zu spüren war.
Henny seufzte. Milly war ein Kind, mit dem manchmal schwer auszukommen war, aber trotzdem liebte sie sie sehr. Wenn die Dinge zwischen ihnen doch nur nicht so gespannt wären!
»Oh, du hast wieder gebacken!« Will gab Henny einen Kuss auf die Stirn. »Dann riecht es im ganzen Haus immer wie im Himmel.«
»Der hier ist für David. Aber ich habe zum Nachtisch heute Abend ein paar Schokoladenplätzchen gebacken.« Sie lächelte zu ihm hoch und schob ihm das helle Haar aus der Stirn. »Du bist sicher unheimlich froh, dass Claudette endlich hier ist.«
Will nickte, aber seine Augen leuchteten dabei nicht auf. »Ich muss zum Friseur. Claudette kann es nicht leiden, wenn meine Haare so lang sind. Sie sagt, ich sehe dann wie ein Internatsschüler aus.«
»Dazu kannst du nichts, Schatz. Aber es ist sehr schön, dass sie hier bei dir ist. Du hattest sie so vermisst.«
»Ich weiß. Wir haben übrigens jede Menge Vorbestellungen. Ich kann es immer noch nicht glauben, wie gut es mit der Party gelaufen ist.«
Henny starrte ihn an. Warum wechselte er das Thema?
Will räusperte sich. »Ich habe mir überlegt, würdest du gerne einen Kursus über Hochzeitsmarketing besuchen? Ich könnte mir denken, dass dir das guttut. Und da Tristan uns die Einkünfte für seine nächsten Aufträge überwiesen hat, haben wir auch das Geld dazu.«
Henny fuhr herum. Ihre blauen Augen wirkten sehr ängstlich. »Ist Geld denn ein Problem, Will? Warum hast du denn nichts gesagt?«
»Alles in Ordnung«, erwiderte Will beruhigend. Sicher war er müde, sonst hätte er das Henny gegenüber nie durchblicken lassen. Er war einfach sehr erleichtert, dass sie so viele Zimmerbuchungen hatten, und betete bloß, das es so weiterging. »Wir hatten vor ein paar Wochen ein Cashflow-Problem, aber jetzt ist alles in Ordnung. Ich werde dich also bei dem Kursus anmelden, ja? Ich finde, es ist an der Zeit, dass du auch mal an dich selbst denkst.«
Henny lächelte. Will war immer sehr freundlich und fürsorglich. Wie Caro es geschafft hatte, zwei so unglaublich nette Söhne zu produzieren, war ihr ein Rätsel.
»Ach ja, noch etwas«, fuhr Will fort, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Du solltest besser für dich geradestehen. Wenn Mutter dich kritisiert, dann gib ihr tüchtig Bescheid.«
»Ich könnte doch nicht …«
»Doch, das könntest du. Du hast schlimme Zeiten hinter dir und ziehst jetzt allein zwei Kinder groß. Du hast ein Rückgrat, Tante Henny, du solltst das auch mal zeigen.« Damit drückte er fest ihre rundlichen Schultern und ließ sie stehen. Das musste mal gesagt werden, dachte er. Sie war wunderbar, aber wurde von allen nur ausgenutzt, und er sah das nicht gerne. Seine Mutter konnte für sich selbst eintreten, aber Will würde es nicht weiter zulassen, dass sie tagtäglich auf Henny herumtrampelte.
Will suchte nun Claudette, doch dabei ging er in Gedanken
den Stapel an Rechnungen durch, die immer noch nicht bezahlt waren. Er hatte nicht gelogen, als er Tristans Einkünfte erwähnte, aber aus dem Schneider waren sie noch nicht. Gils Geschmack war ungeheuer teuer, aber als die Gäste auf der Party seine Einfälle mit Ohs und Ahs begrüßten, hatte Will gewusst, dass er besser Gil freie Hand ließ und sich über die Kosten später Gedanken machte. Außerdem hatte er für eine Weile einen Manager eingestellt, der bei der Eröffnung alles leiten würde, denn er war nicht sicher, ob Henny oder Jack das allein schaffen würden. Will brauchte jemanden, der die Einnahmen und Ausgaben kontrollierte, das Personal leitete und schulte und Berichte schrieb. Das konnte er zwar alles selbst, aber sein Plan war, sich sofort zurückzuziehen, wenn das Hotel erst einmal lief. Er wollte zurück nach Frankreich, wo er zu Hause war – allerdings schien das momentan in sehr weiter Ferne zu liegen.
Will steckte den Kopf in die Bibliothek, ehe er wieder nach oben verschwand, und fragte sich, wo Claudette wohl war. Rasch überflog er einen Vorschlag von Gil, einen weiteren Flügel des Hauses zu restaurieren, in dem ein Schwimmbad und eine Wellness-Suite untergebracht werden sollten, denn »jedes Boutique-Hotel, das einen Viersternestatus zu erlangen versucht, hat zumindest eines von beiden«. Will steckte den Vorschlag in die Tasche. Luxuriöse Lampen und teure Ausstattungen waren schön und gut, aber er
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