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Den Tod im Blick- Numbers 1

Den Tod im Blick- Numbers 1

Titel: Den Tod im Blick- Numbers 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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sollen, das wäre der richtige Augenblick gewesen, aber ich musste erst wissen, was er sagen wollte, ich konnte es nicht einfach in der Luft hängenlassen.
    »Was sagst du? Was sagst du, Spinne?«
    Er sah zu mir auf. »Ich kann nicht ohne dich weiterleben, Mann. Dann gibt es für mich keinen Grund mehr.« Er richtete sich auf und streckte die Hand aus. »Gib mir deine Hand, Jem. Hilf mir hoch.«
    Das ist ein Trick , dachte ich, er legt mich rein. Ich sagte nichts und ich tat nichts.
    »Warum hilfste mir nicht?«, fragte er. »Ich komm mit.«
    Mit einer leichten, fließenden Bewegung war er oben auf der Mauer, direkt neben mir. Er versuchte im Wind das Gleichgewicht zu halten. »Boah, das ist irre.« Sein breites Grinsen kam jetzt wieder durch, er konnte nichts dagegen tun. »Schau dir das an, Mann. Du kannst ja kilometerweit gucken. Juch-huuu!« Sein Schrei wurde vom Wind fortgepeitscht.
    »Du spinnst echt, ich hab’s immer gewusst«, sagte ich.
    Er packte meine Hand.
    »Ehrlich, Mann, ehrlich. Wenn du das wirklich tun willst, dann spring ich auch. Wir gehn zusammen. Ich liebe dich, Jem. Ich will nichts und niemanden sonst.«
    Weißt du, was das für ein Gefühl ist, wenn du solche Worte hörst? Hörst, wie der, den du liebst, sagt, er liebt dich auch? Wenn nicht, dann hoff ich, dass du es irgendwann erfährst.
    »Ich hatte ’ne Wahnsinnszeit mit dir, Jem. Diese letzten paar Wochen, die waren die besten meines Lebens. Geh nicht ohne mich. Ich liebe dich.« Er war bereit. Wir konnten zusammen springen.
    Seine Zahl würde am Ende stimmen und ich würde meine mit seiner verknüpfen.
    Und dann dachte ich plötzlich: Scheiß auf die Zahlen, scheiß auf alles. Wie viele Menschen treffen die Person, für die sie bestimmt sind? Vielleicht konnten wir ja, wenn wir drinnen blieben, an einem sicheren Ort, die Zahlen einfach überlisten. Was, wenn Karen Recht hatte und das Ganze nur in meinem Kopf existierte – was, wenn die Zahlen überhaupt nichts bedeuteten? Vielleicht würden sie, wenn ich sie ignorierte, schließlich verschwinden. Dann konnten Spinne und ich doch noch unser »Auf immer und ewig«-Ende haben.
    »Ich liebe dich auch, Spinne. Mit dir schaff ich alles. Lass uns reingehen. Mir ist kalt.«
    Er lächelte mich an, ließ meine Hand los und bildete eine Faust. Unsere Knöchel berührten sich. »Gerettet«, sagte er.
    »Ja, gerettet.«
    Ich kniete mich hin, legte meine Hände auf die Steine und ließ mich langsam wieder runter. Als ich aufsah, tanzte Spinne oben herum, leicht wie eine Feder, und genoss das Ganze, so wie er am ersten Tag, als wir unten am Kanal miteinander redeten, auf den Eisenbahnschwellen getanzt hatte.
    »Komm da runter, du verdammter Idiot, du brichst dir noch deinen Scheißhals.«
    Er schwang herum, um mich anzusehen, mit einem albernen, breiten Grinsen im Gesicht, bereit runterzuspringen. Unsere Blicke trafen sich und wir hielten einander stand. Meine Wärme und Liebe kehrten gespiegelt auf direktem Weg zu mir zurück. Alles würde gut.
    Und dann rutschte sein Fuß auf dem nassen Stein aus und er verlor das Gleichgewicht.
    Er schwankte einen Sekundenbruchteil auf der Kante, die Augen noch immer auf mich gerichtet, schlug wild mit den Armen … und dann war er fort, rückwärts, beim Sturz einen überraschten Ausdruck auf seinem Gesicht.
    Es ging rasend schnell, es war so unwirklich. Ich schrie nicht mal, obwohl es weit unten irgendwer tat. Ich sah nur, wie er sich wieder und wieder in der Luft überschlug, mit den Armen ruderte und verzweifelt versuchte, mit den Händen irgendwo Halt zu finden.
    Er traf nicht den Boden. Der Sturz wurde vom Dach aufgehalten. Es brach ihm den Rücken. Mit ausgebreiteten Armen, leblos, lag er da und starrte nach oben. Ich sah ihm zum letzten Mal in die Augen. Sie waren noch immer weit aufgerissen vor Schreck, aber er blickte nicht zurück. Es war niemand mehr da.
    Seine Zahl war verschwunden.

KAPITEL 39
    Unterwegs hatte es die ganze Zeit gepisst, doch als wir den Wagen abstellten, hörte es auf. Wir liefen die Mole entlang. Der Wind peitschte vom Meer zu uns her. Wolken rasten über den Himmel wie in einer Zeitraffer-Filmszene.
    Karen fragte mich immer wieder: »Ist alles in Ordnung?«
    »Ja, mir geht’s gut.«
    Nicht einfach, mir eine Zeit vorzustellen, in der es mir weniger gut ging, aber du weißt schon, wie ich es meinte. Ich wollte nur, dass sie mich in Ruhe ließ.
    Auf halbem Weg hakte sich Val bei mir ein. Sie musste mir keine albernen Fragen

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