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Den Tod im Blick- Numbers 1

Den Tod im Blick- Numbers 1

Titel: Den Tod im Blick- Numbers 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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der unschuldiger und verletzbarer wirkte.
    Ich mochte ihn, wirklich, aber irgendwas war mit dem Wort »verantwortlich«, deshalb musste ich plötzlich lachen.
    Er riss seine blassblauen Augen auf, schockiert, dass er ausgelacht wurde, und dann standen sie voller Tränen. Was tat ich nur? Das war der Typ, der mich gerettet hatte, der, der mir im letzten Moment Asyl gewährt hatte.
    »Tut mir leid«, sagte ich schnell. »Ich wollte nicht lachen. Und ich hätt auch die Schlüssel nicht nehmen sollen. Ich wollte nicht, dass Sie Probleme kriegen.« Er betrachtete mich eindringlich und blinzelte den Schmerz fort, den ich ihm zugefügt hatte. »Simon, Sie waren wirklich nett zu mir. Ohne Sie säß ich total in der Scheiße.« Er zuckte zurück, sah mich jedoch weiter an. »Ich konnte nicht anders, ich musste ganz einfach auf Entdeckungstour gehen. Ist echt ein beeindruckender Bau.«
    Sein Gesicht wurde wieder sanfter. »Ja«, sagte er, »das stimmt.« Er nahm die Schlüssel, die auf dem Tisch lagen. »Ich geh dann mal und seh nach, ob überall abgeschlossen ist, danach bereite ich in der Kirche alles vor.« Er trippelte hinaus und Anne schenkte noch einmal Tee nach.
    »Die Polizei wird bald wieder hier sein«, sagte sie. »Vorher solltest du etwas essen …«
    Ich blieb stumm, faltete die Enden der Alufolie zusammen, um das Päckchen zu schließen. Ich wollte ihr sagen: Lass mich in Ruhe, ich ess schon, wenn mir danach ist, doch eine innere Stimme sagte mir, halt die Klappe, schließlich versucht sie nur nett zu sein. Also schwieg ich, was für mich echt eine große Sache war. Ich nehm an, Anne dachte, ich wär ein ungehobelter Klotz. Ich schaute zu ihr auf. Sie stand da und wirkte verletzt, als ob ich sie abgewiesen hätte oder so. Verdammte Scheiße, es ging doch bloß um ein Stück Toast.
    Aber es war noch was anderes. Zum ersten Mal trafen sich unsere Blicke voll, und wie sehr ich sie auch versuchte zu ignorieren – da war sie, glasklar. Ihre Zahl. 08062011. Weniger als ein halbes Jahr. Plötzlich ergab ihre Nervosität einen Sinn. Aus irgendeinem Grund hatte sie Angst vor dem, was ich sah, auch wenn ihr das vielleicht nicht bewusst war. Sie schaute mich an wie ein vom Scheinwerferlicht erfasstes Kaninchen, dann schluckte sie schwer und wandte sich ab.
    Natürlich kam die Polizei wieder, samt Imogen, der Sozialarbeiterin. Es kamen auch noch andere Leute: Männer in dunklen Anzügen, die sich hinten in den Raum setzten und zuhörten. Karen saß während der Befragung neben mir, als die Polizei mich immer wieder mit denselben Fragen traktierte wie am Tag zuvor. Ich hielt die Leute ein bisschen hin, um darüber nachzudenken, was sie eigentlich wirklich wissen wollten. Ja, sie stellten Fragen zu dem Tag am London Eye und zu Spinne, aber sie sprachen auch andere Dinge an. Jemand hatte ihnen offenbar von den Zahlen erzählt. An dem Punkt zog sich die Polizei ein bisschen zurück und die Männer in den Anzügen setzten sich an den Tisch.
    »Wir haben etwas über dich gehört, Jem. Etwas Interessantes. Was den Grund betrifft, warum du weggelaufen bist. Es heißt, du kannst die Zukunft vorhersagen. Dass du sagen kannst, wann Menschen sterben werden. Stimmt das?«
    Ich schaute nach unten und schwieg. Einer zog ein paar Fotos aus seiner Aktentasche.
    »Schau dir die Fotos an und sag mir, was du siehst. Wie lange hat der hier zum Beispiel noch zu leben? Oder die hier? Kannst du das sagen?«
    Sie machten immer weiter, bis ich wieder diese nervöse und frustrierte Gereiztheit in ihren Stimmen hörte.
    Da reagierte ich.
    »Ich kann’s Ihnen sagen. Ich kann Ihnen alles erzählen, was Sie wissen wollen.«
    Sie setzten sich gerade, schauten einander kurz an – mit leicht triumphierendem Blick – und dann wieder auf mich.
    »Ja, ich war am London Eye und ich bin ziemlich sicher, dass ich den Kerl mit der Bombe gesehen hab. Ich hab sogar mit ihm gesprochen. Ich kann Ihnen eine Beschreibung geben. Ich kann Ihnen von dem Kerl mit den vielen Tattoos erzählen und davon, wieso er uns gejagt hat. Ich kann Ihnen auch was über die Fotos hier sagen.« Sie waren jetzt echt gespannt, fast geifernd saßen sie da. »Ich kann Ihnen das alles erzählen und ich werd es auch tun, wenn Sie meinen Freund Spinne herbringen. Ich werd eine umfassende Aussage machen und danach wolln wir ein Auto und etwas Geld, tausend Pfund, das reicht, und wir wollen, dass Sie uns in Ruhe lassen und dafür sorgen, dass wir hier rauskommen.«
    Der Typ im Anzug beugte

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