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Den Tod im Griffl - Numbers 3

Den Tod im Griffl - Numbers 3

Titel: Den Tod im Griffl - Numbers 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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Papier. Meine Tochter. Es ist mein erstes Bild von ihr. Gott, wie ich das vermisst habe.
    Ich lege das Porträt zur Seite und zeichne ein paar Striche auf ein neues Blatt. Während ich versuche, nicht den Kopf einzuschalten, lasse ich meine Hand tun, was sie will, und experimentiere mit Linie und Form, Schatten, Licht und Dunkel. Schaffe ein abstraktes Bild.
    Mia setzt sich auf und schaut mein Bild an.
    »Was malssu?«, fragt sie.
    Ich schaue auf das, was ich gezeichnet habe, und die Brust wird mir plötzlich ganz eng.
    Die Formen und Linien sind überhaupt nicht zufällig. Mein »abstraktes« Bild ist eine Landschaft – Licht und Dunkel von Bäumen, die Räume zwischen Bäumen. Im Vordergrund dunkle Steinplatten.
    »Was malssu, Mummy?«, fragt Mia wieder.
    »Nichts, nur Muster«, antworte ich, aber es ist mehr als das. Viel mehr. Es ist der Ort in meinem Kopf.
    Der Ort in meinem Albtraum.
    Der Ort, an dem ich Mia verliere.

ADAM
    »Schluss, aus. Ich bin fertig. Du hast gesagt, ich kann Sarah sehen. Also will ich sie jetzt sehen.«
    Newsome schaut zu Saul. Ich spüre, wie er sich wünscht, er möge Nein sagen, aber Saul steht auf.
    »Ja«, sagt er. »Ich denke, das hilft vielleicht.«
    »Bist du sicher, Saul?«, fragt der Arzt. »Es gibt noch so viel, was er uns nicht gesagt hat. Ich finde, wir sollten gleich ein paar weitere Tests durchziehen.«
    »Newsome, wir hatten eine Vereinbarung. Adam hat seinen Teil erfüllt. Mach ihn los. Ich bring dich zu ihr«, sagt er.
    »Was, jetzt?«
    Auf einmal bin ich mir nicht mehr sicher. Was ist, wenn ich sie nicht wiedererkenne? Was ist, wenn ich einen Trottel aus mir mache? Was ist, wenn sie mich nicht sehen will?
    Er lächelt. »Ja, Adam, jetzt. Kannst du gehen?«
    Ich drücke meine Hände auf die Armlehnen des Stuhls und stemme mich nach oben. Ich bin auf den Beinen, doch sie fühlen sich an, als ob sie nicht mir gehören. Ich taumele zur Seite.
    »Boah.«
    Saul fängt mich auf und legt mir unterstützend einen Arm um die Schultern. Ich bin froh, dass er mich aufgefangen hat, aber es liegt etwas Beunruhigendes darin, ihm plötzlich so nah zu sein. Einen Moment lang hält er mich fest und ich sehe in sein Gesicht. Unsere Blicke treffen sich und der Schmerz seines Todes, der ihm in den Augen steht, ist noch heftiger, so stark, dass ich nach Luft schnappe und nach vorn kippe.
    »Wir besorgen dir einen Stuhl«, sagt er und nickt einem der Weißkittel zu, der aus dem Raum eilt und mit einem Rollstuhl zurückkommt.
    Ich sehe ihn mit Entsetzen an. Ich bin doch kein Krüppel.
    »Ich geh lieber.«
    »Adam«, sagt Saul. »Du bist gestern mit fast siebzig Stundenkilometern von einem Motorrad gestürzt. Du kannst froh sein, dass du noch lebst. Setz dich rein.«
    Er erhöht den Druck auf meine Schulter und zwingt mich fast in den Stuhl. Meine Beine geben nach und ich rutsche auf den Sitz.
    »Ich hol einen Krankenpfleger«, sagt Newsome.
    »Nein, ich schieb ihn selbst«, fällt Saul ihm ins Wort.
    Newsome betrachtet ihn, als ob er den Verstand verloren hätte.
    »Hast du ein Problem?«, fragt Saul scharf.
    Der Arzt hebt die Hände. »Kein Problem.« Er wendet sich ab und tut so, als würde er sich mit seinen Charts und Ausdrucken beschäftigen.
    Saul schiebt mich aus dem Raum auf einen Flur. Ich hatte mir schon gedacht, dass ich in einem Krankenhaus bin, aber das hier ist mit keinem vergleichbar, das ich kenne. Zwei Soldaten stehen vor der Tür. Sie wollen uns folgen, aber Saul scheucht sie fort. Sie wirken verunsichert, doch sie tun, was ihnen gesagt wird.
    Die Flurwände sind grau, der Boden aus Beton. Die einzigen Menschen weit und breit sind Soldaten, alle in Uniform, alle bewaffnet.
    »Verdammt, wo sind wir hier?«, frage ich Saul.
    »Am sichersten Ort von ganz England«, antwortet er, mehr verrät er nicht.
    Ich höre jetzt Newsomes Stimme im Kopf: Entweder du hilfst uns … oder wir lassen dich verschwinden.
    »Sicher für wen?«
    »Sicher für mich, für uns. Du willst doch einer von uns sein, oder?«
    Ich lasse seine Frage unbeantwortet. Denn ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nicht einer von ihnen sein will, aber ich will ihn nicht reizen, besonders jetzt nicht. Ich bin angreifbar in diesem Stuhl. Saul ist ein mächtiger Mann, der Mann, der hier drinnen die Befehle gibt. Und wie es scheint, ist er im Augenblick auf meiner Seite. Er hilft mir. Für einen Moment frage ich mich, wieso … aber es geistern zu viele andere Fragen in meinem Kopf rum. Diese flimmernde Zahl, der

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