Den Tod im Griffl - Numbers 3
strahlen.
25072076.
Wie konnte ich sie vergessen?
Ich kenne sie. Ich kenne ihre Geschichte, ihre Vergangenheit, unser gemeinsames Leben. Ich weiß, dass sie mich liebt. Ich weiß, dass ich sie liebe. Und ich weiß jetzt auch, wer das Mädchen ist. Sie ist meine Tochter. Plötzlich hat sie sogar einen Namen – Mia.
Tränen der Erleichterung steigen in mir hoch.
»Ist gut«, sagt sie und ich glaube ihr. Ihre Zahl sagt mir, dass es am Ende gut wird. Was immer gerade geschieht, wir schaffen es. Wir werden zusammen sein.
»Könntest du uns bitte allein lassen?«, sagt sie zu Saul. Auf einmal liegt eine Schärfe in ihrer Stimme. Ihre Augen, die über meine Schulter hinwegblicken, haben etwas Hartes angenommen.
Es entsteht eine lange Pause. Ich sehe nicht ihn an, nur Sarah. Meine Freundin.
»Natürlich. Nehmt euch Zeit. Viel Spaß bei der … Unterhaltung«, sagt Saul schließlich.
Ich höre, wie sich die Tür schließt. Ein Schlüssel dreht sich im Schloss. Auf dem Flur sind Schritte zu hören, die leiser werden. Er ist weg. Es gibt nur noch uns.
Ich schaue mich um. Wir sind in einer kahlen Zelle, wir drei, zusammen eingesperrt.
Ich streichle Mias Schultern mit den Daumen. »Mia«, sage ich. »Hallo, Mia.«
Sie hört auf zu weinen und hebt ihr Gesicht zu meinem.
»Daddy«, sagt sie mit einem Schluckauf.
»Ja, das ist Daddy«, sage ich. Und ich hebe sie hoch, damit sie auf meinem Schoß sitzen kann. Ich könnte verstehen, wenn sie sich loswinden und vor mir verstecken würde, aber das tut sie nicht. Sie schmiegt sich eng an mich, gräbt sich ein. Ich lege meine Arme um sie. Sie ist so klein. Ihre Locken kitzeln mein Kinn. Ich weiß nicht, was ich ihr sagen soll, doch das macht nichts. Wir sitzen bloß da und kuscheln zusammen, während Sarah ganz fest meine Hand hält und uns mit ihren blauen, blauen Augen zuschaut.
»Und, wie geht es dir?«, fragt sie nach einer ganzen Weile.
»Verletzungen überall. Ich kann mich an vieles nicht erinnern. Zum Beispiel daran, wie ich hier hergekommen bin.«
»Was ist das Letzte, was du noch weißt?«
»Dass ich mit dir an einem Feuer sitze. Es waren auch andere Menschen da. Wir waren im Wald.«
»Das waren Daniel und die Leute aus dem Lager. Ehe Saul auftauchte. Und du erinnerst dich nicht daran, dass er gekommen ist und Mia entführt hat?«
»Er hat Mia entführt?«
»Ja. Und du erinnerst dich auch nicht an die Motorräder?«
»Motorräder?«
»Ja, riesengroße Maschinen. Mit so einem bist du verunglückt.«
Ich versuche in meinen Kopf zu schauen und nach diesen Ereignissen zu suchen, doch ich greife ins Leere.
»Das kommt schon wieder.« Sarah beruhigt mich und streichelt meine Hand. »Mach dir keinen Stress. Jetzt bist du hier. Du bist außer Lebensgefahr, aber …« Sie unterbricht sich. »Der Ort ist gefährlich, Adam. Wir müssen hier weg.«
»Saul sagt, hier ist es sicher.«
Sarah zieht ein Gesicht. »Was weißt du über ihn, Adam?«
Ich denke über die Frage nach, ehe ich antworte. »Er ist … mächtig. Die Leute hören auf ihn, tun, was er sagt. Er hat sie daran gehindert, mir Fragen zu stellen, und mich hier hergebracht, zu dir.«
Sie schaut von mir weg, blickt auf ihre Fingernägel. Dann starrt sie mich wieder an.
»Er ist ein Mörder, Adam. Er hat einen seiner Männer erschossen. Er hat auch Daniel ins Bein geschossen.«
Er hat einen seiner Männer erschossen. Der Typ, der auf der Straße liegt. Ist das der Mord, dessen mich Newsome beschuldigt? Wieso hat Saul geschwiegen? Um seine eigene Haut zu retten?
Einen Moment lang kann ich nicht antworten. »Nein«, sage ich schließlich. »Das kann ich nicht glauben …«
Dann verstumme ich, erinnere mich an die dunklen Augen, die von einem Feuer erhellt schienen, an die flimmernde Zahl …
Ich möchte, dass du mit mir zusammenarbeitest, meine rechte Hand wirst …
Ist das der Mann, der meine Tochter und meine Freundin entführt, meinen Freund angeschossen hat? Aber wieso hat er mir geholfen und sich gegen Newsome auf meine Seite gestellt? Ich kämpfe mich zurück in die Gegenwart, dann weiter zurück, in die Vergangenheit.
»Was ist passiert?«
»Als wir entführt wurden, hat Daniel versucht uns zu helfen …«
Für einen kurzen Moment sehe ich einen Mann mit Bart, der auf der Straße steht. Einen Freund. Er hält ein Gewehr an sein Gesicht, schießt auf etwas … Dann ist das Bild wieder weg.
»Ich erinnere mich nicht, Sarah. Wieso kann ich mich nicht erinnern?«
Ich schlage mir mit
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